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„Man muss kämpfen, egal wer kommt“

„Man muss kämpfen, egal wer kommt“

25 Millionen für Joao Moutinho.

40 Millionen für James Rodriguez.

60 Millionen für Radamel Falcao.

Insgesamt hat der AS Monaco in diesem Sommer schon 144 Millionen Euro in neue Spieler investiert. Viel Geld für einen Aufsteiger. Die Spendierfreudigkeit von Eigentümer Dmitry Rybolovlev macht es möglich. (Hier geht's zum Portrait des "Big Spenders")

„Es birgt natürlich auch Risiken, sollte der Investor einmal abspringen“, weiß Andreas Wolf. Der 31-Jährige ist im Jänner 2012 selbst dem Lockruf aus dem Fürstentum erlegen.

Nach eineinhalb Jahren in der Ligue 2 konnte der langjährige Nürnberg-Profi im Mai dieses Jahres als Kapitän die Rückkehr der Monegassen ins französische Oberhaus bejubeln.

Im Interview mit LAOLA1 erzählt der in der Sowjetunion geborene Deutsche vom Druck des Aufstiegszwangs, analysiert die aktuelle Einkaufspolitik und erklärt, warum man von Eric Abidal immer noch etwas lernen kann.

 

LAOLA1: Zunächst einmal Gratulation nachträglich zum Aufstieg. Wie hast du selbigen erlebt? War er vielleicht sogar weniger schön als anno 2004 oder 2009 mit dem 1. FC Nürnberg, weil es diesmal klar zu erwarten war?

Andreas Wolf: Man hat es erwartet, das stimmt, aber im Sport kann alles passieren. Es ist immer schön, ein Ziel zu erreichen. Unser Ziel war eben der Aufstieg als Tabellen-Erster. Im Vergleich zu Nürnberg muss man es natürlich aus meiner Perspektive ganz anders sehen, weil ich dort aufgewachsen bin, sehr lange gespielt habe und es dementsprechend emotionaler war. Hier in Monaco war es auch sehr schön, aber das Umfeld ist natürlich ein anderes als in Nürnberg, wo dir vielleicht 50.000 bis 60.000 im Stadion zujubeln.

LAOLA1: War es letztlich ein befreiendes Gefühl nach dem Druck, den ein derart ambitioniertes Investoren-Projekt erzeugt?

Um Falcao soll ein Team aus Weltklasse-Spielern entstehen

LAOLA1: Man kennt die Spieler vom Namen, ihre Ablösesumme, ihren Marktwert. Wie ist es mit Spielern wie Radamel Falcao oder Joao Moutinho tagtäglich zu trainieren? Merkt man, dass sie das Geld wert sind?

Wolf: Was heißt, das Geld wert sein? Ich finde ungeachtet der Spieler, die jetzt zu uns gestoßen sind, dass man mittlerweile viel zu viel Geld ausgibt. Dass diejenigen Geld kosten, ist klar und auch richtig. Qualität kostet einfach Geld. Man sieht es im Training. Es ist schön, mit solchen Spielern trainieren zu dürfen.

LAOLA1: An Dich als Verteidiger gefragt: Gab es schon das eine oder andere direkte Duell mit Falcao, der als einer der besten Kopfballspieler der Welt gilt?

Wolf: Im Luftduell sind wir noch nicht unbedingt aufeinandergetroffen, aber ich habe schon ein paar mal gegen ihn gespielt. Man konzentriert sich aber auf seine eigenen Sachen und denkt nicht, ‚Ah, da ist der Falcao‘. Er ist jetzt einer meiner Mitspieler und wird genauso wie alle anderen behandelt.

LAOLA1: Du warst in der letzten Saison Kapitän. Bist du es aktuell auch noch?

Wolf: Ich denke, das wird jetzt neu bestimmt. Ich verhalte mich da ganz normal und sehe es realistisch: Es sind viele erfahrene Spieler dazugekommen, die auch der französischen Sprache mächtiger sind als ich. Wenn da jetzt ein Wechsel zustande kommt, ist das nur normal. Das würde mir nur einen großen Teil abnehmen. Ich brauche aber keine Binde, um vorneweg zu gehen.

LAOLA1: In deiner Funktion als Kapitän hast du eine Meistermannschaft angeführt. Über diese werden plötzlich Neuzugänge gestellt, wodurch Spieler, die den Erfolg mitgetragen haben, in ihrer Rolle unsicher werden, oder gegebenenfalls abgeschoben werden. Wie reagiert man auf diese interne Unsicherheit?

Wolf: Natürlich denkt der eine oder andere darüber nach. Das ist völlig normal. Man sieht ja, dass im Verein viel geschieht, zahlreiche Spieler kommen, andere gehen und auch gehen müssen. Da macht man sich Gedanken, aber das ist Fußball. Man muss um seine Position kämpfen, egal wer kommt. Früher oder später wird sich meiner Meinung nach die Qualität durchsetzen.

Wolf: Es wurde uns klar und deutlich beigebracht, dass man aufsteigen muss. Wenn man Spieler holt, die Qualität haben, muss das auch funktionieren. Wir haben es geschafft, eine Mannschaft zu formen, die für die zweite Liga konkurrenzfähig war. Jetzt in der ersten Liga wird es genauso einer bedürfen.

LAOLA1: Du sprichst es schon an. Der AS Monaco erlebt einen enormen Umbruch. Große Namen wurden verpflichtet. Wie bekommt man als Spieler das Ganze mit? Verfolgt man die Berichte oder gibt es beim Training plötzliche Überraschungen?

Wolf: Natürlich hat man im Urlaub verfolgt, welche Spieler kommen, welche gehen. Es ist ein großer Konkurrenzkampf durch die neuen super Spieler entstanden, was auch gut ist. Diese Spieler haben teilweise sehr viel Geld gekostet, deswegen lasten große Erwartungen auf ihnen.

LAOLA1: Du persönlich nimmst den Kampf um deine Position im Team an?

Wolf: Aus meiner Sicht will ich bei Monaco bleiben und um meine Chance kämpfen. Ich bin ein Kämpfertyp. Mal sehen, was dabei rauskommt.

LAOLA1: Mit 31 Jahren bist du ein erfahrener Spieler, hast über 200 Spiele in Deutschland absolviert. Jetzt kommen Fußballer wie Eric Abidal oder Ricardo Carvalho, die schon lange auf internationalem Top-Level spielen. Ist das ein Moment, wo auch du wieder von der Erfahrung der Älteren profitieren kannst?

Wolf: Man kann nie auslernen. Vor allem Carvalho und Abidal kommen aus großen Vereinen und haben dementsprechend einen großen Stellenwert innerhalb der Mannschaft. Da schaut man sich selbstverständlich auch etwas ab. Ich habe zehn Jahre Bundesliga gespielt, aber man lernt nie aus und versucht, sich immer wieder neue Dinge anzueignen. (In diesem Moment unterbricht Abidal singend und tanzend das Interview) So viel zum Thema Erfahrung. Aber Spaß muss immer sein.

LAOLA1: Das bringt uns zum Thema der Integration. Wie läuft diese bisher?

Wolf: Ganz gut. In allen Mannschaften, in denen ich bisher gespielt habe, gab es nie Probleme. Die Neuen werden angenommen und in die Mannschaft eingeführt. Dann liegt es wie immer an den Spielern selbst, wie weit er sich eingliedern möchte.

LAOLA1: Wurden spezielle Teambuilding-Maßnahmen getroffen, um auch innerhalb des Kaders etwa zwischen Multimillionentransfer und Nachwuchshoffnung zu nivellieren?

Wolf: Nein, ich denke, jeder weiß um seinen Wert. Wenn ein Spieler auch noch so viel gekostet hat, bleibt er von der Mannschaft abhängig. Deshalb ist Fußball auch ein Mannschaftssport. Nur so wird es funktionieren.

LAOLA1: Es wird funktionieren, es muss funktionieren. Die Ziele sind auch in der kommenden Saison hoch gesteckt. Der Druck wird also nicht nachlassen. Ist die Champions-League-Qualifikation Pflicht?

Wolf: Bis jetzt wurde noch keine offizielle Zielsetzung ausgegeben. Ich glaube aber, dass es unser Anspruch als Mannschaft ist, so hoch wie möglich in der Tabelle zu stehen und die internationalen Startplätze zu erreichen. Wenn man so eine Mannschaft zur Verfügung hat, ist der Druck enorm hoch. Man wird am Erfolg gemessen. Ich denke nicht, dass uns sehr viel Zeit gegeben wird.

LAOLA1: National der ärgste Konkurrent wird wohl Paris St. Germain sein, wie man auch schon am Transfermarkt erkennen konnte. Ist es positiv, dass sich durch große Investitionen auch in Frankreich ein Bipolarismus entwickelt, wie man ihn aus Spanien kennt oder wie er sich schon ansatzweise in Deutschland offenbart?

Wolf: Ich denke, in Deutschland ist das noch weniger der Fall, weil dort ganz anders gewirtschaftet wird als in anderen Ligen. Für den französischen Fußball ist es irgendwo positiv, da dadurch auch das Niveau erhöht wird. Aber es birgt natürlich auch Risiken, sollte der Investor einmal abspringen. Da müssen sich andere Leute Gedanken machen, wie das zu handeln ist. Das ist nicht meine Aufgabe. Ich kann nur sagen, dass es gut ist, wenn mehrere Mannschaften hohe Qualität in die Liga bringen. In diesem Sinn glaube ich, dass auch Marseille, Lyon und Montpellier immer eine gute Mannschaft stellen können und werden.

LAOLA1: Du hast den Investor angesprochen. In vergangenen Interviews hast du das Verhältnis zu Dmitry Rybolovlev als sehr gut beschrieben, auch bedingt durch deine Sprachfertigkeiten. Wie sieht nun die Kommunikation zwischen Mannschaft und Präsident bzw. dir und dem Präsidenten nun konkret aus?

Wolf: Was heißt Verhältnis? Dass er sich ab und an einmal informiert hat, wie es in der Mannschaft aussieht und was man noch machen kann, ist ganz normal. Er ist der Präsident und möchte alles wissen. Ich war der Kapitän der Mannschaft, der zudem den Vorteil hat, seiner Sprache mächtig zu sein.

LAOLA1: Kurzer Themenwechsel. Du bist in Monaco glücklich, eine Rückkehr nach Deutschland ist also momentan kein Thema. Die deutsche Bundesliga selbst verfolgst du aber weiterhin. Wie siehst du die Entwicklung der Liga und den Hype der letzten Monate? Hast du das erwartet?

Wolf: Es kam nicht überraschend, da über die Jahre davor eine hervorragende Arbeit geleistet wurde, deren Früchte man nun erntet. Durch die Erfolge in der Champions League können sich die Mannschaften nun auch etwas mehr leisten. Man versucht, jedes Jahr die bestmögliche Mannschaft zu stellen, setzt dabei aber auch vermehrt auf die Jugend. Das macht der deutsche Fußball recht gut.

LAOLA1: Wagst du, einen Meistertipp abzugeben?

Wolf: Es ist schwierig. Wir haben die Mannschaften, die auch in den letzten Jahren um die Meisterschaft gespielt haben, München und Dortmund. Vielleicht kommt noch ein Verein dazu. Irgendwo gibt es immer Überraschungen. Letztendlich wird es sich aber immer um dieselben Mannschaften handeln.

LAOLA1: Deine letzte Mannschaft in Deutschland war Werder. Wie hast du die Entwicklung der Bremer in der letzten Saison mitverfolgt?

Wolf: Mir tut es für Thomas Schaaf leid, dass es so gekommen ist. Jetzt geht der Verein einen neuen Weg und das muss nicht negativ sein. Frischer Wind ist positiv und es sind ja auch gute Leute nach Bremen gekommen. Ich wünsche dem Verein nur alles Gute und hoffe, dass sie die Kurve bekommen und wieder an alte Zeiten anknüpfen können.

LAOLA1: Abschließende Frage: Was sind die Ziele, die du dir persönlich noch gesteckt hast?

Wolf: Sicherlich wäre es schön, mit dem AS Monaco alle Titel zu gewinnen, die es gibt.

 

Das Gespräch führte Christian Eberle