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Deutsche und Niederländer: Ewige Rivalen

Deutsche und Niederländer: Ewige Rivalen

Deutschland gegen die Niederlande, das war lange mehr als Fußball – viel mehr.  Ihren Ursprung hat diese Rivalität jedoch außerhalb des Fußballplatzes. Das Trauma der Besatzung durch die deutschen Truppen im Zweiten Weltkrieg schürte den Hass der Niederländer auf den großen Nachbarn.

Die Begegnungen auf dem grünen Rasen trugen – ausgehend von diesem geschichtlichen Hintergrund – ihr Übriges dazu bei, um den Mythos des ewigen Duells zwischen DFB-Elf und „Oranje“ zu prolongieren.

LAOLA1 wagt einen Rückblick auf die emotionale Vergangenheit der deutsch-niederländischen Fußballgeschichte und ruft noch einmal die heißesten Begegnungen in Erinnerung.

  • München, 1974, WM-Finale

Deutschland vs. Niederlande 2:1 (2:1)

Die große Fußballwelt blieb den Niederlanden nach dem Krieg lange verschlossen. Erstmals seit 1938 konnte sich die „Elftal“ 1974 wieder für eine Weltmeisterschaft qualifizieren. Ausgerechnet beim Turnier in Deutschland setzten die Niederländer in punkto Spielstil neue Maßstäbe. Der von Rinus Michels verordnete „Voetbal total“ führte die Mannen rund um Johann Cruyff bis ins Endspiel von München. Die Vorbereitung auf eben dieses verlief aber nicht äußerst professionell. Zu groß war die Ablenkung durch das weibliche Geschlecht.

Junge Frauen aus der Umgebung des niederländischen Quartiers, die sogenannten „Hiltruper Mädchen“, verdrehten den Kickern die Augen. Kein Wunder, pflegten Neeskens und Co. doch ein Popstar-Image und wurden so auch abseits des Platzes zu Vorreitern im Fußballgeschäft. Die „Bild“ veröffentlichte gar Fotos der Spieler, die am Pool sowohl die Sonne als auch die Gesellschaft des Damenbesuchs genossen. In der Nacht vor dem Endspiel soll es gar wütende Anrufe von Frau Cruyff gegeben haben, die ihrem Gatten die Leviten las.

Nichtsdestoweniger begann das Finale für die Niederlande nach Plan, bereits in der zweiten Minute verwertete Johan Neeskens einen Strafstoß zur Führung. Aufregung dann nach 26 Minuten. Bernd Hölzenbein nahm im Strafraum das Bein von Wim Jansen dankbar an und holte auch für Deutschland einen Elfmeter heraus. Die Verwertung war für Paul Breitner reine Formsache. Noch vor der Pause erzielte Gerd Müller das 2:1, sein Tor sollte auch der Siegestreffer bleiben, das deutsche Abwehrbollwerk hielt dem folgenden Sturmlauf der „Oranje“ stand.

Die Gemüter der Niederländer erhitzten sich vor allem an dem aus ihrer Sicht unberechtigten Strafstoß für den deutschen Kontrahenten. Die „Mutter aller Niederlagen“ war geboren.

  • Cordoba, 1978, WM-Zwischenrunde

Niederlande vs. Deutschland 2:2 (1:1)

Cordoba war nicht nur Österreich gegen Deutschland, es war auch Niederlande gegen Deutschland.

Das Duell wurde im Vorfeld von den Boulevard-Zeitungen angeheizt, im Spiel endete eine Auseinandersetzung zwischen Hölzenbein und Dick Nanninga beinahe in einer Schlägerei, nachdem der Niederländer Hölzenbein in den Magen boxte und dieser Nanninga im Gegenzug an der Nase packte.

Deutschland schied letztlich nach der Niederlage gegen Krankl und Co aus, Ernst Happels Niederländer erreichten das Endspiel, unterlagen aber Argentinien nach Verlängerung.

  • Neapel, 1980, EM-Vorrunde

Deutschland vs. Niederlande 3:2 (1:0)

Zwei Jahre nach Cordoba schoss der überragende Klaus Allofs die Deutschen, beim Debüt von Lothar Matthäus im DFB-Dress, mit drei Treffern zum Sieg. Die Niederländer fielen vor allem durch eine sehr harte Gangart auf, unter anderem versetzte Johnny Repp dem deutschen Keeper Toni Schumacher bei einem Luftduell einen Tritt in den Magen. Am Ende setzten sich die Deutschen durch und schafften es ins Finale, die Niederlande schieden aus.

  • Hamburg, 1988, EM-Halbfinale

Deutschland vs. Niederlande 1:2 (0:0)

14 Jahre nach der Niederlage im WM-Finale folgte die späte Genugtuung der „Oranje“. Auf deutschem Boden bekamen beide Teams je einen umstrittenen Elfmeter zugesprochen, ehe Marco van Basten wenige Augenblicke vor dem Schlusspfiff das entscheidende 2:1 für die Niederländer gelang.

Im Siegesrausch wischte sich Ronald Koeman, der während des Spiels bereits Rudi Völler gewürgt hatte, demonstrativ sein Hinterteil mit dem Trikot des Deutschen Olaf Thon ab und sorgte damit für einen Eklat. Die Freude der Niederländer war riesig, sie sangen dem als Prototyp des gehassten Deutschen geltenden Matthäus ein Lied: „Lothar, Lothar, alles ist vorbei“. Die Zeitung  „De Telegraaf“ titelte: „Endlich Rache!“

Die Niederlande zogen ins Endspiel ein und kürten sich ausgerechnet im Münchner Olympiastadion, dem Finalstadion von 1974, gegen die UdSSR zum Europameister und holten damit den bisher einzigen Titel der „Elftal“.

Der deutsch-niederländische Hass hatte eine neue Dimension erreicht und viel Zeit blieb nicht, um sich abzukühlen. Bereits in der Qualifikations-Gruppe zur WM 1990 traf man wieder aufeinander. Die Spiele verliefen unauffällig, vor allem bei der Partie in Rotterdam kam es aber zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen Hooligans beider Seiten.

  • Mailand, 1990, WM-Achtelfinale

Deutschland vs. Niederlande 2:1 (0:0)

Den Höhepunkt erreichte die Rivalität bei der Weltmeisterschaft in Italien. Rudi Völler und Niederlandes Schlussmann Hans van Breukelen gerieten früh aneinander, auch an der Szene des Spiels war „Tante Kähte“ beteiligt.

Es war noch keine halbe Stunde gespielt, als Frank Rijkaard in dieser hitzigen Partie die Nerven verlor und Völler zweimal in die ergrauten Locken spuckte. Sowohl Täter als auch Opfer wurden vom Schiedsrichter des Feldes verwiesen. Deutschland gewann das Spiel und letztlich auch den Weltmeistertitel. Die beiden Streithähne bereinigten diesen Zwischenfall erst Jahre später, Völler nahm Rijkaards Entschuldigung an und die Sache war vergeben und vergessen.

Abgekühlte Rivalität

Mittlerweile ist der Hass abgeklungen und Deutsche und Holländer stehen sich wieder primär im Sinne des sportlichen Wettkampfs gegenüber. Niederländische Profis laufen längst zuhauf für deutsche Klubs auf und die Rivalität beschränkt sich auf Sticheleien, bei denen allerdings jeder Fehler des Gegenübers dankbar angenommen wird.

Wie etwa 2002, als „Oranje“ die Qualifikation zur Weltmeisterschaft verpasste und die deutschen Fans mit „Ohne Holland fahren wir zur WM“ auf den Lippen die Reise nach Japan und Südkorea antraten. Die Niederländer revanchierten sich nach dem frühen Scheitern der deutschen Elf beim EM-Turnier 2004 mit den gern zum Besten gegebenen Zeilen „Schade Deutschland, alles ist vorbei“.

In direkten Duellen hatten die Fans in orange jedoch schon lange nichts mehr zu bejubeln, seit einer Testspielniederlage 2002 verlor Deutschland keine Partie mehr gegen die Niederlande.

 

Christoph Kristandl