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"Ich habe mich nicht abnabeln können"

Paul Gludovatz ist wieder da. Obwohl er eigentlich auch nie weg war.

Das Trainer-Urgestein des österreichischen Fußballs hat eine neue Aufgabe, ist montags zum neuen Coach des TSV Hartberg bestellt worden. Beim Erste-Liga-Klub steht er wieder täglich am Platz.

Was nicht bedeutet, dass der 66-Jährige in den vergangenen Wochen die Spielfelder dieses Landes gemieden hätte: „Ich habe immer drei, vier Spiele am Wochenende gesehen.“

Nach seinem überaus unglücklichen Engagement als Sportdirektor bei Sturm Graz, das als großes Missverständnis in die Annalen der Bundesliga einging, feiert der Burgenländer ein Comeback.

Zurück auf der Trainer-Bank. Dort, wo er mit dem ÖFB-Nachwuchs und der SV Ried für Furore sorgte.

„Ich bin voller Energy“, hält der Cupsieger von 2011, der mit Hartberg-Obmann Franz Grandits einen unbefristeten Handschlag-Vertrag hat, im LAOLA1-Interview fest. Und vieles mehr.

LAOLA1: Sie und die Pension sind offensichtlich keine Freunde. Mussten Sie einfach wieder arbeiten?

Paul Gludovatz: Ich habe de facto durchgearbeitet, nur habe ich keinen Job gehabt. Ich habe an den Wochenenden immer drei, vier Spiele gesehen. Von der ersten bis zur dritten Spielklasse habe ich Partien gesehen, ich habe mir teilweise die ersten beiden Teams eines Klubs angeschaut. Ich habe mich von meiner Zuneigung, die ich seit 45 Jahren habe, nicht abnabeln können. Deswegen bin im Geschäft geblieben, auch wenn ich nirgends angestellt war. Jetzt ist die Anfrage gekommen, das war alles. Bei realistischer Einschätzung bleiben für mich ja nicht viele Möglichkeiten übrig. Hier bin ich umgeben von jungen Spielern, die hungrig und wissensdurstig sind, sowie ein Ziel haben. Mein Ziel lautet immer „VB“ – Vorwärts, Bewegung. Wenn ich mit jungen Leuten vorwärts arbeite, dann kann es eine Freude werden. Ich habe die nötige Energie dafür.

LAOLA1: Wie kam der Kontakt mit Hartberg zustande?

Gludovatz: Ich habe vor zwei Tagen eine Anfrage gehabt, auf die ich positiv reagiert habe. Ich wurde gefragt: „Kannst du es dir vorstellen?“ Ich habe gesagt: „Ich kann es mir vorstellen.“ Am Sonntag, um 20:30 Uhr, habe ich dann gesagt, ich komme Montagmittag hin. Alles was vorher rundherum war, mit meinem Kollegen (Vorgänger Andreas Moriggl, Anm.), das kann ich nicht beurteilen. Ich weiß nur, dass beide Trainer nebenberuflich den Job gemacht haben und deswegen sollte es zu einer Änderung kommen.

LAOLA1: Inwieweit hat Ihre Zusage mit der Nähe Ihres Zuhauses zum Arbeitsplatz zu tun?

Gludovatz: Ich habe sicherlich nicht primär daran gedacht, ich hätte dahingehend auch Innsbruck gemacht. Mir wäre die Distanz wurscht gewesen. So ist es ein angenehmer Nebeneffekt.

LAOLA1: Hat es zwischen Ihnen und Wacker Kontakt gegeben?

Gludovatz: Ich möchte diese Frage nicht gerne beantworten.

LAOLA1: Alles klar. Anders gefragt: Wäre Wacker für Sie eine Möglichkeit gewesen?

Gludovatz: Mit Sicherheit. Wenn ich meine unmittelbaren Vorstellungen umsetzen kann, dann ja. Ob jetzt ein Klub, egal aus welcher Liga, 45 Kilometer oder damals wie Ried 400 Kilometer entfernt ist, ist zweitrangig.

LAOLA1: Werden Sie wie in Ried das übergeordnete Organ sein? Wird Werner Ofner (Co-Trainer, Anm.) der neue Gerhard Schweitzer (langjähriger Assistent beim ÖFB und Ried, Anm.)?

Gludovatz: Ich bin Teamplayer, war ich immer, werde ich immer sein. Es hat der Schweitzer Gerhard seine Arbeit gehabt, so wie jetzt der Physiotherapeut oder Ofner in Hartberg. Und auch ich habe meine Arbeit. Es geht um die Koordination, die natürlich bei einem Haupt-Trainer zusammenläuft. Und der bin ich. Es muss eben alles hinhauen und das alles hat nicht unbedingt damit zu tun, dass ich dafür einen Gerhard Schweitzer brauche. Es war in Ried ähnlich, da musst du auch mit allen arbeiten können, alles unter einen Hut bringen und es als koordinative Arbeit sehen.

LAOLA1: Wird es dann genauso wie in Ried ablaufen?

Gludovatz: Das kann man so nicht sagen. Es muss passen, die Arbeit muss hier angepasst sein. Ich kann nicht gleiche Trainingseinheiten wie in Ried machen. Ich kann in der zweithöchsten Spielklasse nicht dieselben Anforderungen stellen wie oben. Das habe ich beim ersten Training schon gesehen. Es wird ein Anpassungsprozess, eben ein Beschnuppern. Man kann nicht hergehen, sagen, ich bin der Chef und alle müssen nach meiner Musik tanzen. Ich bin erst zu kurz da, um mir ein absolut sicheres Bild zu machen. Ich bin auch auf die Informationen über die Gegner angewiesen. Sie wissen, das war eines der wichtigsten Standbeine, weil sie Ried erwähnt haben. Gerhard Schweitzer, Michi Angerschmid (Co- und Amateur-Trainer, Anm.) und meine Wenigkeit haben über die Gegner immer sehr viel gewusst. Das war notwendig, diese Infos bekomme ich hier erst noch.

LAOLA1: Wie sehr ist die Manager-Ebene ein Unterschied zu Ried? Dort gibt es mit Stefan Reiter einen umtriebigen Leiter, der in Hartberg auf diese Weise fehlt. Werden Sie auch Sportdirektor sein?

Gludovatz: Eines kann ich Ihnen sagen, dass mein kongenialer Kollege Gerhard Schweitzer und meine Wenigkeit in diese Richtung in Ried auch sehr viel getan haben, ohne dass ich Reiter Stefan jetzt nahe treten will. Wir waren sehr oft bei Spielbeobachtungen, haben genau gewusst, wen wir brauchen und Stefan Reiter hat das dann umgesetzt. Das hat gepasst. Hier wird es ähnlich sein, man muss schauen, wie es finanziell aussieht. Das wird dann der Herr Grandits (Obmann, Anm.) machen. Vielleicht auch Herr Pack, der ist Präsident und Bürgermeister von Hartberg und ich schätze sie ihn sehr. Die genauen Ansprechpersonen kenne ich noch nicht.

LAOLA1: Sie haben vorher schon erwähnt, dass Sie sehr viel Energie besitzen. Wie sieht es gesundheitlich aus, nachdem Sie bei Ihrem Sturm-Intermezzo an Erschöpfung litten?

Gludovatz: Ich habe Sie darauf verwiesen, dass ich zwischenzeitlich bei vielen Spielen war. Jetzt stehe ich eben wieder täglich am Platz, ich bin aber, wie Happel zu sagen pflegte, voller Energy. Nur weiß ich nicht, wann das Ablaufdatum kommt, ich weniger Energie habe. Das weiß aber ohnehin keiner. Wenn ich weniger an Dynamik, Willen und Freude hätte, würde ich es nicht machen und aufhören.

LAOLA1: Hartberg pflegt auch aus lokaler Nähe eine traditionell intensive Beziehung zu Sturm. Ein Problem?

Gludovatz: Im Gegenteil. Wenn man Vorteile aus Beziehungen zu Bundesligisten ziehen kann, dann ist das ja angebracht. Ich selbst habe bei Sturm als Sportdirektor den Kontakt zu Hartberg oder Kapfenberg gesucht. Wie man weiß, hat Kapfenberg angebissen. Hier kann man junge Spieler unterbringen. Weinberger wollte ich unbedingt zu Hartberg geben. Es können auch Kontakte zu Austria oder Salzburg aufgebaut werden, einen Martschinko hätte ich sofort genommen. Kurzum: Ich habe überhaupt kein Problem mit Sturm, auch nicht mit Franco Foda, um dieser Frage vorzubeugen. Ich habe mit niemand dort ein Problem gehabt.

LAOLA1: Mit Abstand von Monaten: Wie blicken Sie auf ihr Sturm-Engagement zurück?

Gludovatz: Es war eine riesige Erfahrung, die ich nicht missen möchte.

 

Das Gespräch führte Bernhard Kastler