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Das Ende einer Hochschaubahn-Fahrt

Das Ende einer Hochschaubahn-Fahrt

„Für uns Austrianer war es ein sehr schöner Nachmittag“, sagte Gerald Baumgartner.

Nachdem die Veilchen in der bisherigen Saison nur wenige schöne Nachmittage und Abende erlebt haben, kann man durchaus von einem überraschenden 3:2-Auswärtssieg im 311. Wiener Derby schreiben.

Zumal es lange Zeit nach einem ganz klaren Erfolg der Favoritner aussah. „Das Ergebnis ist knapper, als es das Spiel eigentlich war“, fand Heinz Lindner. Doch nicht zuletzt individuelle Fehler des Austria-Goalies machten das Duell mit Rapid in der Schlussphase noch einmal richtig spannend.

„Hochschaubahn vom Feinsten“

Baumgartner: „Das war Hochschaubahn vom Feinsten. Wenn du ein Spiel, das du in der 78. Minute eigentlich schon gewonnen hast, fast noch aus der Hand gibst, kriegst du als Trainer fast einen Herzinfarkt.“

Sein Gegenüber, Zoran Barisic, sah die Anfangsphase der Partie als ausschlaggebend für den Sieg der Violetten: „Wir haben die ersten 20 Minuten verschlafen, waren im Zweikampf nicht präsent und haben uns die Schneid abkaufen lassen. Das war entscheidend.“

Der Rapid-Coach weiter: „Die vielen hohen Bälle waren nicht geplant. Es haben sich in der Anfangsphase sehr viele Spieler versteckt und keine Verantwortung übernommen. Deswegen konnten wir das Spiel nicht kontinuierlich aufbauen. Mir hat da die letzte Konsequenz gefehlt.“

Austrias „gute Taktik“

Tatsächlich konnten die Violetten in der ersten Hälfte viel von dem, was sie sich vorgenommen hatten, umsetzen. „Die Austria hat das gut gemacht. Sie hat uns auf eine Seite gelenkt und zu weiten Bällen gezwungen“, stellte Barisic fest.

In der Grafik kann man Rapids Linkslastigkeit anhand der angekommenen Pässe gut erkennen.

Baumgartner, der von einem „guten Matchplan“ und einer „guten Taktik“ sprach, ergänzte: „Es ist Rapids Spezialität, von einer Seite schnell auf die andere zu kommen. Wir haben versucht, den Angriff des Gegners auf eine Seite zu lenken, was uns in der ersten Hälfte gut gelungen ist. Nach der Pause ist uns das weniger gut gelungen.“

Novota tut es sehr leid

Zu diesem Zeitpunkt stand es aber bereits 2:0 für die Gäste. Beide Male versenkte Omer Damari den Ball im gegnerischen Tor. Beim 1:0 unter kräftiger Mithilfe von SCR-Keeper Jan Novota.

Der Slowake ärgerte sich über den Gegentreffer aus denkbar spitzem Winkel: „Das war mein Fehler, ich muss diesen Ball halten, da gibt es keine Ausreden. Ich habe es der Mannschaft damit schwer gemacht. Es tut mir sehr leid.“

Barisic war seinem Schlussmann nicht wirklich böse: „Torhüter sind im Spiel die letzte Instanz, wenn ihnen Fehler passieren, ist es meistens ein Tor. Jan hat in der Vergangenheit schon gezeigt, dass er ein sehr guter Torhüter ist. Er hat uns schon viele Spiele gerettet. So ein Fehler kann passieren.“

Lindners Fehler

Nach dem Wiederanpfiff habe man dann alles auf eine Karte gesetzt, so Novota. Doch es war erneut die Austria, die durch Daniel Royer einen Treffer bejubelte. „Aber wir haben nicht aufgegeben, wollten unbedingt das Unentschieden“, meinte Deni Alar.

Tatsächlich gelangen den Hütteldorfern noch zwei Treffer. Beide gingen auf die Kappe Lindners.

Über den ersten Gegentreffer, bei dem er zu lange gezögert hatte, sagte der Oberösterreicher: „Es war eine ungeschickte Aktion. Ich habe nicht geglaubt, dass der Ball beim ersten Mal so weit aufspringt, dann bin ich zu spät gekommen. Klar, dass sich Rotpuller auf mich verlassen hat, ich hätte rauskommen müssen.“

„Ich hätte das besser lösen müssen“

Noch unglücklicher agierte der 24-Jährige, der sein 150. Bundesliga-Spiel absolvierte, beim zweiten Rapid-Tor, als er den Ball nicht festhalten und Robert Beric ihn durch seine Beine spitzeln konnte: „Er ist mir irgendwie rausgerutscht, ich kann es nicht genau sagen. Wenn ich so energisch rausgehe, dass die Fetzen fliegen, müssten wir darüber nicht diskutieren. Ich hätte das besser lösen können.“

Rapid Austria
Ballbesitz 58,6% 41,4%
Zweikämpfe 52% 48%
Eckbälle 8 1
Torschüsse 16 11
Torschüsse außerhalb Strafraum 5 7
Torschüsse innerhalb Strafraum 11 4
Kopfballchancen 1 0
Abseits 3 2
Fouls 14 21

In der Nachspielzeit gab es noch eine brenzlige Szene, als Rapid bei einer Standardsituation mit zehn Mann im FAK-Strafraum auftauchte. „Ich glaube, dass man da einen Elfmeter geben muss. Lindner ist in mich reingesprungen und hat den Ball überhaupt nicht berührt“, reklamierte Alar. „Der Schiedsrichter hat nicht gepfiffen, also war es kein Foul“, so Lindner trocken.

Defensive Ausrichtung als Schlüssel zum Erfolg

Und weil es für die Austria letztlich doch gut ging, konnte sich Baumgartner auch über seine Umstellungen freuen. Mit Mario Leitgeb anstelle von Florian Mader setzte er diesmal auf eine Doppel-Sechs.

„Es war ein Schlüssel zum Erfolg, dass wir tiefer gestanden sind und unser Spiel auf Konter ausgerichtet haben“, so der Salzburger auf Austrias Betreuerbank, der nun eine ruhige Länderspielpause erleben dürfte.

„Die Stadt ist violett“

Royer atmete auf: „Im letzten Heimspiel hat man schon gemerkt, dass die Zuschauer nicht zufrieden waren. Mit einem Derby-Sieg kann man sich wieder Kredit bei den Fans holen.“

Nachsatz: „Riesenparty wird es nach diesem Derby-Sieg aber sicher keine geben, dafür haben wir noch zu wenige Punkte.“

Nichtsdestoweniger war den Veilchen anzumerken, dass sie einen der – aus ihrer Sicht – wenigen schönen Nachmittage sehr genossen. „Die Stadt ist violett“, grinste Lindner.

Harald Prantl/Alexander Karper/Martin Wechtl