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"Es war ein richtig geiles Spiel, aber…"

Was für ein Spiel.

So kalt es in der Salzburger (Eis-)Arena war, so sehr erwärmte der Schlager der 22. Runde die Zuschauer. Schlussendlich sahen die 11.210 ein 3:3 zwischen dem Tabellenzweiten und Verfolger Rapid.

Das erste Tor fiel bereits nach 34 Sekunden für die Hausherren, die während den 90 Minuten drei Mal führten. Die Wiener kamen zwei Mal in Unterzahl zurück. Drei Tore wurden im Finish bejubelt, eines davon in der Nachspielzeit.

Insgesamt konnten also sechs Treffer bestaunt werden, drei Torschützen feierten dabei eine Premiere: Kevin Kampl und Martin Hinteregger trafen erstmals in der Bundesliga und für Salzburg, Marcel Sabitzer erstmals für Rapid.

Alles dabei

Dazu ein Elfer-Treffer, bei dem Jonathan Soriano sein Trauma - im Sommer knallte der Spanier einen Strafstoß beim 0:2 gegen Rapid in den zweiten Rang - überwand. Im zweiten Spiel 2013 gab es den zweiten Ausschluss gegen Rapid, nach Branko Boskovic im Derby vergangene Woche traf es dieses Mal Thomas Schrammel. Insgesamt wurden 32 Torschüsse abgegeben, unzählige Chancen waren auf beiden Seiten auszumachen.

Wie ist so eine Partie zusammenzufassen?

"Es war einfach ein geiles Spiel", gab Terrence Boyd die richtige Antwort.

"Es war heftig, wir haben einfach krass gespielt und großen Charakter gezeigt. Wir sind drei Mal zurückgekommen und zwei Mal bei einem Mann weniger. Das ist stark", hielt ein völlig aufgekratzter Rapid-Stürmer fest, dabei hätte er deutlich mehr Tore feiern können, es wurde "nur" eines, "und das widme ich meiner kleinen Schwester, die heute zwölf geworden ist. Ich habe ihr ein Tor versprochen."

Im Vorfeld haben sich auch die Fans einiges von dieser Partie versprochen, doch sicher nicht so viel. Als Werbung für den Fußball darf diese Begegnung wohl durchaus bezeichnet werden.

"Die Zuschauer haben einfach ein tolles Spiel gesehen, es ist hin und her gegangen", fasste Steffen Hofmann zusammen, der sowohl das 2:2 als auch das 3:3 sehenswert auflegte und die 90 Minuten "als meine zweitverrückteste Partie hier bezeichnete" - der 7:0-Sieg der Wiener anno 2008 steht beim Rapid-Kapitän verständlicherweise etwas darüber.

"Es war alles dabei, Chancen hier, Chancen da, ein Ausschluss, Fehler auf beiden Seiten", konnte es auch Lukas Königshofer kaum fassen, was abging. Der Rapid-Goalie grinste am Ende, hatte doch Sabitzer seinen Fehler zum 2:3 ("Das war kein Foul, zu wenig dafür") wieder gut gemacht: "Ich bin sehr froh, dass der 'Sabi' das Tor noch gemacht hat. Der Punkt ist absolut verdient. Wenn wir beide Partien zum Auftakt verloren hätten, wäre es sehr sehr bitter gewesen."

"Eine Niederlage für uns"

Freilich konnten sich die Hütteldorfer, die ob der ausgelassenen Chancen, ihrem Übergewicht an Torschüssen (18:14) und ihres erneut guten Auftretens auch in Summe etwas unzufrieden waren, mehr als Sieger der Partie sehen. Denn Salzburg gab die Begegnung mehrmals aus der Hand - und das auch noch mit einem Mann mehr auf dem Feld.

"Dieses 3:3 ist eine Niederlage für uns, das darf uns nicht passieren. Und die Austria lacht", wusste Martin Hinteregger, der den vermeintlichen Siegtreffer zum 3:2 erzielte. Der Abstand auf den überlegenen Tabellenführer Austria Wien konnte nicht gehalten werden, aktuell haben die "Bullen" bei einem Spiel weniger zwölf Zähler Rückstand. So ist die erfolgreiche Titelverteidigung in weite Ferne gerückt.

"Wir sind natürlich sehr enttäuscht, weil wir uns fest vorgenommen haben, das erste Spiel in diesem Jahr zu gewinnen. Das wäre auch möglich gewesen, wenn man etwa in Überzahl zwei Mal führt", erklärte Salzburg-Trainer Roger Schmidt, der zwei Dinge als Gründe für das Remis ansprach: "Wir hatten zum einen über 90 Minuten nicht die defensive Stabilität und zum anderen offensiv nicht die Entschlossenheit, die Aktionen zu Ende zu spielen und mit Toren abzuschließen. Wir haben zu verspielt gewirkt."

Vor allem die Fehler, die von Rapid in Tore umgemünzt wurden, schmerzten Salzburg natürlich sehr. "Wir sind in zwei Konter gelaufen, wenn man taktisch nicht gut verteidigt, braucht man sich nicht wundern, dass man drei Tore kassiert. So gesehen ist es ein gerechtes Ergebnis", hielt Schmidt fest. Beim dritten Gegentreffer rutschte zudem Christopher Dibon ("So etwas passiert leider, man macht das ja nicht absichtlich") bei seinem Freistoß-Versuch aus, Rapid bedankte sich.

"Das darf uns nicht passieren"

Kampl, der im Finish wegen Problemen mit seinem Mittelfuß ausgewechselt wurde und am Mittwoch bei der Admira wegen seiner fünften gelben Karte zusehen muss, sah die gesamte Mannschaft für das Defensivverhalten verantwortlich: "Das betrifft nicht nur die Verteidigung, wir müssen als Mannschaft kompakter stehen. Dann passiert so etwas nicht. Wenn du dem Gegner so viel Platz lässt, dann verdienst du einfach nicht zu gewinnen. Das darf einer Mannschaft, die Meister werden will, einfach nicht passieren."

Geknickt und sprachlos sei das Team nach dem 3:3, das mit der Wiener Austria dennoch einen Gewinner dieses Sonntags brachte. Aber eben nicht nur.

"Die Zuschauer sind auf ihre Kosten gekommen. Aber für uns Trainer war es nicht einfach zu verdauen, sind doch einige Fehler passiert", analysierte Rapid-Trainer Peter Schöttel, der sich über eine erneut "gute Leistung meiner Mannschaft" freuen durfte und nach der 1:2-Niederlage im Derby vergangene Woche auch mit einem Punkt belohnt wurde. Da konnte der ehemalige Verteidiger auch über die Defensivschwächen seiner Mannschaft an diesem Tag etwas hinwegsehen.

"Das war ein richtig geiles Fußballspiel, richtig schön zum Zuschauen, auch als Defensivapostel, als der ich immer hingestellt werde, denke ich so."

Er konnte wohl auch darüber hinwegsehen, weil Rapid im Rennen um den zweiten CL-Quali-Platz bleibt. Salzburg hat aktuell drei Punkte Vorsprung. Wie dieses Rennen ausgehen wird, steht in den Sternen. Fakt ist: Diese 90-minütige Episode war für beide Teams leider geil.

 

Bernhard Kastler