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"Ich sehe mich nicht als Architekt des Erfolgs“

Altach mischt die Bundesliga auf.

So, oder so ähnlich, lauteten zuletzt die Schlagzeilen.

Und das völlig zurecht.

Der Aufsteiger ist seit neun Spielen ungeschlagen, liegt mit 24 Punkten am dritten Tabellenrang.

Seit den Siegen gegen Rapid (2:0) und Salzburg (4:1) kennt die Euphorie in Vorarlberg keine Grenzen.

Die Vereinsführung rund um Sportdirektor Georg Zellhofer bleibt jedoch demütig: „Alle klopfen uns auf die Schulter. Aber ich bleibe ruhig und hebe nicht ab“, verweist der 54-Jährige darauf, dass es im Fußball irrsinnig schnell gehen kann.

Im LAOLA1-Interview spricht Zellhofer über den Erfolgslauf, seine Rolle als Sportdirektor und warum die Zeit reif für ein neues Stadion in Alatch ist.

LAOLA1: Herr Zellhofer, die Bundesliga schwärmt von Altach. Ich nehme an, der Sportdirektor auch.

Georg Zellhofer (lacht): Wir sind zufrieden. Das Auftreten der Mannschaft, die Art und Weise wie sie in den letzten Wochen die Spiele bestreitet, ist wirklich gut. Da gehört einmal ein Lob ausgesprochen. Wir kritisieren ja gerne recht schnell, aber angesichts der Lage kann man die Truppe wirklich loben.

LAOLA1: Altach ist aktuell Tabellendritter. Fühlt sich das wie in einem schönen Traum an, oder kann man schon realisieren, was bisher geleistet wurde?

Zellhofer: Von einem Traum würde ich nicht sprechen. Ich bin vor eineinhalb Jahren mit dem großen Ziel Aufstieg hier angetreten. Und das war bereits das Schwierigste. Als Favorit in eine Meisterschaft zu gehen und auch den Titel einzufahren, das ist ein hartes Stück Arbeit. Momentan ernten wir wahrscheinlich die Früchte dieser Arbeit. Es scheint derzeit eine Art Belohnung zu sein. Für mich ist es wichtig, im ersten Jahr in der Bundesliga eine Duftmarke zu setzen und die Klasse zu halten. Danach heißt es sich weiter zu konsolidieren und die nächsten Schritte zu setzen. Angesichts unseres Erfolgs läuft alles viel angenehmer ab – auch in der Planungs-Sicherheit. Zwar ist die Meisterschaft noch lange, aber wenn wir bis zur Winterpause noch regelmäßig punkten, kann man gewisse Dinge wesentlich entspannter angehen.

LAOLA1: Die Aufsteiger der letzten Jahre haben sich in ihrer ersten Saison immer sehr, sehr gut geschlagen. Kann Altach in ihre Fußstapfen steigen?

Zellhofer: Ich weiß es nicht. Die Klubs waren für uns aber kein Vorbild. Ich bin da eher demütig. Wir hatten nie die Zielsetzung, genauso gut wie Admira, der WAC oder  Grödig zu sein. Ich kann mich noch erinnern, als nach sechs Runden über uns geschimpft wurde, weil wir der schlechteste Aufsteiger der letzten Jahre waren. Da bin ich bei Interviews gestanden und musste mir Kritik anhören.  Doch das hat mich überhaupt nicht tangiert, da wir ein langfristiges Ziel hatten. Jetzt ist die Situation natürlich viel positiver, alle klopfen uns auf die Schulter. Aber auch da bleibe ich ruhig und hebe nicht ab.

LAOLA1: Altach ist seit neun Spielen ungeschlagen, konnte gegen jeden Klub reüssieren. Was sagt Ihnen das über das Niveau der Bundesliga?

Zellhofer: Ich sehe Red Bull Salzburg klar über allen anderen Mannschaften. Dieser Klub hat unheimliche Qualität. Aber natürlich tun sie sich dort und da ein bisschen schwer, da alle Mittel suchen, um sich auf Salzburg einzustellen. Ansonsten ist die Liga sehr, sehr ausgeglichen. Grundsätzlich ist zu sagen, dass sehr gute Spieler zuletzt ins Ausland gegangen sind. Und das kleine Land Österreich hat nicht genug Spieler, die diesen Abgang qualitätsmäßig nachbesetzen kann. Man braucht nur schauen, wo Teams wie Austria und Rapid ihre Spieler suchen. Die schauen bei Admira, Ried, Grödig. Gute, junge Österreicher werden immer weniger, auch aufgrund der zweiten oder dritten deutschen Liga, die viele Leute anlockt.

LAOLA1: Ist es schwieriger in die Bundesliga zu kommen, als sich dort zu behaupten?

Zellhofer: Ja. Man kann einen Aufstieg planen, aber es umsetzen, ist wieder eine andere Geschichte. Man braucht nur schauen, wie lange etwa der LASK gebraucht hat, um in den Profi-Bereich zurückzukehren, wie lange es bei uns in Altach gedauert hat, um im Oberhaus zu spielen. Das nagt an den wirtschaftlichen Kompetenzen. Altach war in den letzten Jahren drei Mal Zweiter, ein Mal Dritter. Das muss man erst einmal wirtschaftlich verkraften. Da muss man unserem Verein ein Kompliment aussprechen. Am Weg nach oben spielen viele Komponenten eine Rolle. Verletzungspech, eine falsche Entscheidung, ein Erfolgslauf einer anderen Mannschaft. Und wenn man einmal in der Bundesliga ist, ist es etwas leichter, sich zu positionieren. Da kommt die Euphorie, die neue Luft, Sponsoren, Zuschauer, vielleicht eine Stadion-Adaptionen.

LAOLA1: Welche Gründe gibt es für den Erfolgslauf des SCR Altach?

Zellhofer: Da gibt es viele, aber die sind seit längerer Zeit gelegt worden. Das hat schon mit der Kaderplanung der erfolgreichen Erste-Liga-Elf angefangen. Wir wollten schon damals eine gute Balance mit Blickrichtung auf junge, hungrige Spieler, die durchaus das Zeug haben, in der Bundesliga zu spielen. Unsere Mischung war nicht schlecht. Da Routiniers wie Hannes Aigner, Philipp Netzer, dort Junge wie Ismael Tajouri, Daniel Luxbacher. Dazu noch ein paar Vorarlberger. Damir Canadi hat daraus eine echt homogene Truppe geformt. Alle verfügen über einen sensationellen Charakter – das sage ich nicht nur so, sondern so etwas habe in meiner 30-jährigen Karriere noch nicht erlebt. Die Jungs haben einen super Teamgeist, auch intern. Sie sind kritikfähig und lernfähig. Für einige ist die Bundesliga komplettes Neuland, für andere wahrscheinlich ihr letztes Mal. Die Mannschaft lebt vom unglaublichen Teamspirit.

Trainer Canadi und Sportdirektor Zellhofer

LAOLA1: Würden Sie sich als Sportdirektor als Architekt dieses Erfolgslaufs bezeichnen?

Zellhofer: Nein. Ich glaube, dass jede einzelne Person im Verein sehr wichtig ist. Und das ist die Stärke von Altach. Die Strukturen waren immer schon gut. Es ist hier sehr bodenständig, der Klub hat keinen Mäzen, sondern lebt von sehr vielen Sponsoren. Da sind wir gut aufgestellt. Zudem arbeiten sehr viele Leute ehrenamtlich mit. Wir versuchen uns natürlich weiterzuentwickeln. Und ein wichtiger Punkt war die Verpflichtung von Damir Canadi. Zudem hatten wir natürlich auch das notwendige Glück, dass wirklich alles so aufgegangen ist.

LAOLA1: Geben Sie Damir Canadi im sportlichen Bereich irgendwelche Anweisungen? Man weiß ja, dass Sportdirektoren, die vorher erfolgreiche Trainer waren,  gerne ihren Input geben.

Zellhofer: Nein. Ich ziehe da eine ganz klare Linie. Da ich selber lange auf der Trainerbank gesessen bin, weiß ich, wie ein Coach denkt, wie er sich fühlt, was passiert, wenn man verliert, oder wenn andere Probleme auftauchen. Ich würde es auch nicht wollen, wenn mir jemand reinredet. Damir ist jetzt das zweite Jahr im Profibereich tätig. Er hat viel lernen müssen, genauso wie ich in meiner Zeit in Pasching. Ich versuche ihn durch meine Erfahrungen zu unterstützen. Dabei muss man abwiegen, was er braucht und was er annimmt. Da musst du feinfühlig sein. Ich gehe nicht her und lasse als Sportdirektor den Trainer raushängen. Das wäre total kontaproduktiv. Im Endeffekt hat der Trainer die Verantwortung. Wichtig ist, miteinander zu reden und zu diskutieren, sich auszutauschen. Manchmal ist man nicht einer Meinung, aber schlussendlich müssen alle für eine Entscheidung sein. Das ist wichtig. Gerade wenn es einmal nicht so läuft, wird es interessant, ob das Ganze funktioniert. Wenn es läuft, ist alles schön. Aber die wahren Charaktere kommen hervor, wenn man nicht erfolgreich ist. Und genau dann muss ich Damir das Gefühl geben, für ihn da zu sein.

LAOLA1: Reizt es Sie manchmal auf die Trainerbank zurückkehren zu wollen, oder ist die Rolle des Sportdirektors ihr neues Ding?

Zellhofer: Ich fühle mich wohl als Sportdirektor und stehe erst am Anfang. Für mich ist der Weg noch lange nicht fertig. Bundesliga-Fußball hätte in Vorarlberg noch viel mehr Potenzial. Angefangen von unserem Stadion. Vielleicht ist es an der Zeit ein Ausrufezeichen zu setzen und ein Schmuckästchen hinzustellen, damit die Leute gerne ins Stadion kommen. Wir haben hier ein super Einzugsgebiet. Mein primäres Ziel ist es, den Verein zu positionieren, zunächst in der Bundesliga und dann versuchen, an einen internationalen Platz anzuklopfen. Wenn ich hier aufhöre, möchte ich den Verein gesund und mit Strukturen übergeben. Noch ist es aber nicht so weit, das ich gehe (lacht).

LAOLA1: Schließe ich daraus, dass Sie in absehbarer Zukunft nicht einen Posten als Trainer annehmen werden?

Zellhofer: Jetzt nicht. Aber vielleicht gibt es irgendwann eine interessante Aufgabe. Doch momentan gibt es für mich noch viel zu viele interessante Aufgaben, die mir auch sehr viel Spaß machen.

LAOLA1: Gibt es Pläne für ein neues Stadion?

 Zellhofer: Der Vorstand, der Präsident und Aufsichtsratvorsitzender Karlheinz Kopf sind intensiv dahinter. Ein neues Stadion wäre der nächste Schritt. Wenn schon eine Aufbruchsstimmung herrscht, muss man auf den Zug aufspringen. Wann, wenn nicht jetzt. Natürlich muss das Ganze richtig und sinnvoll vorgetragen werden. Man muss untermauern und belegen, dass man ein neues Stadion braucht. Wenn man unsere Trainingsmöglichkeiten und Kabinen sieht, wird es höchste Zeit. Es wäre auch eine Belohnung für die Mannschaft. Natürlich müsste die Angelegenheit mit dem Land und der Gemeinde genau abgestimmt werden.

 

Das Gespräch führte Martin Wechtl