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"Ich glaube, irgendwie passe ich zu dem Klub"

In Belek haben wir einen kranken Peter Hyballa getroffen.

Krank im Sinne von körperlich geschwächt, falls es Unklarheiten gibt. Wer dem Sturm-Trainer beim Coachen zusieht, wird vielleicht anders denken, doch dann täte man dem Deutschen Unrecht.

Der 37-Jährige, also jüngste Trainer der Bundesliga, zeigt sich am Platz eben überaus engagiert und abseits wie gewohnt interessant in seinen Aussagen. LAOLA1 bat den Coach zum Interview:

LAOLA1: Haben Sie schon einmal ein Spiel oder Training aufgrund eines Krankenstands verpasst?

Hyballa: Da muss ich überlegen, aber ich glaube, das ist noch gar nicht passiert. Da muss schon ganz viel passieren, in Belek habe ich ein wenig gekränkelt, aber jammern gilt nicht.

LAOLA1: Wohl auch für die Mannschaft. Wie viel Felix Magath steckt in Peter Hyballa?

Hyballa: Von der Frisur nicht so viel (lacht). Ich kenne ihn aber jetzt auch nicht so gut, er hat natürlich das Quälix-Image, aber ich finde, er hat viele tolle Erfolge gefeiert. Nur mit Medizinbällen hat er auch nicht gearbeitet, das ist eben sein Image. Ich selbst verlange natürlich viel von der Mannschaft, egal ob technisch, taktisch oder konditionell. Da müssen die Spieler mitziehen, wenn sie das nicht tun, dann haben sie ein Problem. Aber sie tun es ja, in der Vorbereitung herrschte eine sehr konzentrierte Stimmung und jeder kämpfte um seinen Platz. Wir haben einen Kader mit 24 Feldspielern, der sehr ausgeglichen ist. Das haben wir auch schon in der Hinrunde gesehen, wenn wir die Startformation gewechselt haben. Das nicht nur wegen Verletzungen, sondern auch wegen Leistungsschwankungen.

LAOLA1: Apropos Leistung: Wie sehen die Ziele des SK Sturm für dieses Frühjahr aus?

Hyballa: Wir haben vor der Saison einen Europacup-Platz als Ziel ausgeben, dafür würden wir uns gerne qualifizieren. Wenn die Saison jetzt vorbei wäre, dann hätten wir das geschafft. Wir müssen also versuchen, den vierten Platz zu halten. Alles andere wäre Bonus. Klar schaut man lieber Richtung Platz drei als Platz fünf. Aber wir müssen realistisch bleiben.

LAOLA1: Welche Dinge haben Ihnen bei Ihrer Mannschaft im Herbst missfallen?

Hyballa: Der Ballbesitz war manchmal nicht so gut, wir hatten zu oft Ballverluste und sind dann deswegen oftmals dem Ball hinterher gelaufen. Wir sind zwar dann gut ins Gegenpressen gekommen, aber wir müssen einfach versuchen, besser im Ballbesitz zu bleiben. Wir haben auch manchmal in der Umschaltphase zu hektisch das Leder rausgespielt. Bis zum Sechzehner war es etwa gut, aber dann kam der entscheidende Pass nicht an und das ist der wichtigste. Da wird es natürlich sehr eng und der Gegner stellt sich vor dem Tor gut hin. Den Ballbesitz müssen wir gut trainieren. Wir trainieren auch fast ausschließlich mit dem Spielgerät, mit verschiedenen Spielformen und man merkt, dass gerade die Jungen dadurch reifer werden. Der Konkurrenzkampf ist extrem hoch.

LAOLA1: Glauben Sie, die Vorbereitung hilft Ihrem Team mehr als im Sommer, wo alles frisch war?

Hyballa: Auf jeden Fall. Wenn ein Trainer neu zu einer Mannschaft kommt, und es war ja mit dem Rundherum alles neu, dann musst du einen Crashkurs machen, welche Idee dir vorschwebt. Jetzt kennen sie die Spieler schon und du kannst an den Details arbeiten. Wir haben schon gute Spiele abgeliefert, wo die Idee auch zum Vorschein gekommen ist und in manchen nicht. Jetzt müssen wir sehen, dass wir daran arbeiten – am schnellen Umschalten, am hohen Verteidigen und was wir sonst immer so predigen. Mannschaft und Trainer kennen sich einfach nun viel besser. Wenn man sechs, sieben Monate zusammenarbeitet, dann kennt man auch die Launen voneinander. Man kann jetzt im Detail besser arbeiten, die Spieler kennen die grobe Planung wie auch meine Einstellung zum Sport, zu Fußball, zum Arbeiten. Man braucht aber Geduld, wobei das im Fußball so eine Sache ist.

LAOLA1: Haben Sie gemerkt, dass Ihre Spieler für Ihre Art am Anfang Zeit gebraucht haben?

Hyballa: Ich glaube schon, dass wir uns da auch gerieben haben. Reibung finde ich aber gut. Streitkultur, sei es in der Familie, im Leben oder im Fußball, ist total wichtig. Da wird immer viel darüber gesprochen. Aber wir waren im Herbst auch erfolgreich und deswegen ist die Methode ja angekommen und bleibt so. Die Spieler verstehen nun auch mehr meine Art, weil wir uns auch länger kennen. Sie haben sie angenommen, sonst bleibt man ja auch nicht neun Spiele ungeschlagen, wenn alles schlecht ist. Jetzt müssen wir einfach Schritte nach vorne machen. Wir haben 26 Spieler, jeder hat seine Art, wir haben ein Trainerteam, jeder hat seine Art – das müssen wir zusammenwürfeln.

LAOLA1: Welcher Trainer-Kategorie sind Sie zuzuordnen, dem Kumpeltypen oder dem Distanzierten?

Hyballa: Ich glaube, ich bin der distanzierte Kumpeltyp oder der kumpelhafte Distanzierte (lacht). Man hat immer verschiedene Facetten drauf, aber es geht am Ende darum, die Spieler besser zu machen und dass Sturm so viele Punkte wie möglich hat.

LAOLA1: Wie sehen Sie die österreichische Bundesliga nach dem ersten halben Jahr?

Hyballa: Es ist eine sehr kampfstarke Liga. Zehn Mannschaften bedeutet, dass es immer so vier Teams oben, dann ein paar in der Mitte und zwei, drei unten gibt. Ich finde die Liga gut, sie wird fußballerisch immer besser und jünger. Das siehst du in allen Ligen, dass Junge nach vorne preschen. Dann hast du automatisch auch das Tempo immer hoch, nicht immer die Qualität, aber das Tempo, weil sie viel laufen und arbeiten wollen. Die österreichische Liga ist irgendwo auch eine Sprungbrett-Liga. Wenn du hier einen guten Job machst, dann kannst du dich empfehlen. Was ich auch gut finde, dass man vier Europacup-Plätze hat. Da hast du auch eine Challenge. Und persönlich: Ich komme eigentlich überall klar (lacht). Ich hatte ja auch schon einige Vereine, ich mache überall mein Ding, jetzt frühstücke ich eben in Graz, eine wunderschöne Stadt. Es gibt hier einen emotionalen Klub und das gefällt mir einfach. Wir haben sehr emotionale Fans, die uns nach vorne peitschen, die auch mal zu Tode betrübt sind, wenn es nicht so läuft. Da geht es immer sehr rauf und runter. Aber irgendwie, glaube ich, passe ich auch zu dem Klub.

LAOLA1: Sollten die Nebengeräusche im Klub, die es im Herbst zweifellos gab, im Frühjahr nicht eingedämmt werden, damit der Erfolg nicht gefährdet wird?

Hyballa: Das wird sich, glaube ich, nie ändern und das ist auch das Sympathische am Klub, dass es immer Nebengeräusche gibt. Es wird einfach viel über ihn gesprochen, in Graz 365 Tage im Jahr. Ich finde das positiv, wenn immer was los ist, wenn es Reibung gibt. Mir gefällt das. Und ich glaube, es ist extern sehr viel geschrieben worden, was wir intern auch oft belächelt haben. Intern waren wir eigentlich immer recht stabil. Aber irgendwas müsst ihr ja auch machen und negative Schlagzeilen verkaufen sich eben besser als positive.

LAOLA1: Haben Sie das Gefühl, von der kompletten Sturm-Familie akzeptiert worden zu sein?

Hyballa: Ich glaube schon, weil sie sieht, dass ich mir den Arsch aufreiße. Und wenn du gut und viel arbeitest, dann wird das immer akzeptiert. Und auch, wenn mich einer nicht akzeptiert, dann ist das sein Problem. Ich sehe das sehr locker (lacht). Aber ich mag den Klub, wir wollen einiges erreichen.

LAOLA1: Sie waren lange Zeit Jugend-Trainer. Wie hat sich die Nachwuchs-Arbeit verändert?

Hyballa: In Deutschland ist da sehr viel intensiviert worden, alleine schon von der Infrastruktur, von der medizinischen Seite etc. Fast jeder Jugend-Trainer muss Fußball-Lehrer sein und die meisten brauchen auch eine Lizenz dafür. Viele sind auch zurück vom Profitum in den Nachwuchsbereich gegangen, die sehen das nicht als Rückschritt, sondern als Weiterentwicklung. Was in den vergangenen zehn, zwölf Jahren im deutschen Nachwuchsbereich vonstattengegangen ist, ist grandios. In Österreich wachsen immer wieder neue Jugendliche heran, man merkt auch, dass der Jugend-Fußball interessanter geworden ist. Spielerberater schauen sich U15-Turniere an, um die besten Talente zu finden. Junioren-Länderspiele sind viel mehr im Fokus als früher. Es ist einfach ein sehr interessanter Markt geworden.

LAOLA1: Abschließend noch: Sie sollen einen Faible für Namibia haben. Wie kommt’s?

Peter Hyballa: Es hat damals angefangen, als ich Jugendtrainer bei Preußen Münster war, und habe immer schon bei Fußballschulen mitgemacht, habe Trainer-Fortbildungen gegeben. Ein Herr hat eine Fußball-Schule dort und hat mich kontaktiert. Ich habe Trainer- und Lehrerfortbildung gegeben. Ich habe auch einmal eine Profimannschaft trainiert, dann entstand eine Freundschaft. Jetzt bin ich fast jedes Jahr Weihnachten dort und trainiere Kinder, Jugendliche und mache Fortbildungen.

LAOLA1: Was schätzen Sie an Namibia?

Hyballa: Ich bin ein freiheitsliebender Mensch, ich mag die Weite und ich mag auch die Wärme. Und ja ich habe mich auch ein bisschen ins Land verliebt. Und ich finde es halt auch immer ganz schön, wenn man nach dem letzten Spiel drei Wochen mal wohin kann. Da bin ich zu Weihnachten erst zu meiner Familie und dann nach Namibia.

LAOLA1: Haben Sie etwas Spezielles hinsichtlich Ihrer Trainertätigkeit aus Namibia mitgenommen?

Hyballa: Man nimmt ja von jeder Station  etwas mit. In diesem Fall sicherlich die Lockerheit, nicht immer nachdenken, was man sagt und was man tut, sondern einfach einmal in den Tag reinleben und sagen „Es ist alles nicht so schlimm“. „Nicht sudern“ heißt es hier, glaube ich. So versuchen wir auch unser Training. Es ist schon sehr konzentriert und anstrengend, aber auch mit viel Spaß verbunden und lockeren Sprüchen – nicht von mir natürlich (lacht).

 

Das Gespräch führte Bernhard Kastler