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"Mit 29 Punkten ist man zurecht der Absteiger"

Nach sechs Jahren im Oberhaus verabschiedet sich der SC Wiener Neustadt in die Erste Liga.

Trotz der Enttäuschung über den verpassten Klassenerhalt gesteht Manager Günter Kreissl: „Mit 29 Punkten ist man zurecht der Absteiger.“

Dass bei den Niederösterreichern nun ein Umbruch eingeleitet wird, liegt auf der Hand. Die schon begrenzten finanziellen Mittel werden noch einmal reduziert.

Doch was bedeutet das für den Klub? Welche Spieler werden den Verein definitiv verlassen? Wie wird der Kader für die Erste Liga aussehen? Macht Trainer Helgi Kolvidsson weiter?

Günter Kreissl gibt im LAOLA1-Interview Auskunft:

LAOLA1: Es ist Gewissheit: Der SC Wiener Neustadt ist abgestiegen. Ist es einer deiner traurigsten Momente?

Günter Kreissl: Das ist definitiv ein trauriger Tag. Ich möchte aber auf sechs tolle, aufregende Jahre in der Bundesliga zurückblicken. Wiener Neustadt war für viele Spieler und auch Trainer ein tolles Sprungbrett. Ich denke da an Madl und Offenbacher zu Sturm Graz, Burgstaller und Stangl zu Rapid, Grünwald und Simkovic zur Austria etc. Dann die Trainer: Peter Stöger zur Austria, Peter Schöttel zu Rapid. Der Verein hatte immer eine absolute Berechtigung, in der höchsten Spielklasse zu sein. Wir haben uns einen guten Namen aufgebaut. Unterm Strich war es dieses Jahr aber einfach zu wenig. Mit 29 Punkten ist man zurecht der Absteiger. Das muss man akzeptieren. Ich möchte mich aber auch an dieser Stelle bei allen bedanken, die jahrelang wie die Wilden für den Klub gearbeitet haben.  

LAOLA1: Wäre die Enttäuschung noch größer, wenn man das letzte Spiel gegen Altach gewonnen hätte?

Kreissl: Ja! Und wir hätten noch einmal drei Punkte ausgezahlt. Wir brauchen die nächste Jahre jeden Euro. Auch wenn es die Leute jetzt nicht gerne hören wollen: Hätten wir schon vor vier Wochen, also nach dem direkten Duell gegen die Admira gewusst, dass wir absteigen, hätten wir ganz anders planen können.

LAOLA1: War die 34. Runde der Knackpunkt, als Admira bei der Austria gewonnen und ihr eigentlich gewusst habt, dass euch nur noch ein kleines Wunder retten könnte?

Kreissl: Es gab dieses Jahr ganz, ganz viele Knackpunkte. Etwa die Partie gegen Sturm, wo wir bis kurz vor Schluss mit 4:2 führen und nur 4:4 spielen. Oder das direkte Duell gegen die Admira mit einem Lattentreffer in der 92. Minute. Es hat heuer ganz viele enge Geschichten gegeben. Das letzte Spiel gegen Altach war ein Spiegelbild der Saison. Wir waren sehr bemüht, sind kurz vor der Pause drauf und dran in Führung zu gehen, aber verlieren die Partie knapp.  Es war eben um das „Eitzerl“ zu wenig.

LAOLA1: Wie geht es mit dem Verein jetzt weiter?

Kreissl: Der Verein kann stolz sein, dass er ein von der Bundesliga geprüftes Budget für beide Ligen abgegeben hat, mit dem wir in erster Instanz die Lizenz bekommen haben. Es ist eine tolle Leistung, wie der Klub über die Jahre gewirtschaftet hat. Es wird definitiv weitergehen. Aber es wird viel davon abhängen, wie die Wirtschaft, die Sponsorenpartner, aber auch die Politik in der Thematik Stadion zum SC stehen. Wenn die Wirtschaft anspringt und die öffentliche Hand mithilft, kann der Wiederaufstieg in absehbarer Zeit gelingen – wenn nicht, wird es schwierig.

LAOLA1: Wie sieht es beim Kader aus? Was passiert jetzt?

Kreissl: Wir haben in den letzten drei Jahren immer für beide Szenarien geplant. Jetzt wird leider Plan B hervorgeholt. Da stehen viele Spielernamen drauf, die auch auf wirtschaftliche Sicht für uns möglich sind. Ich habe auch mit etlichen Leuten aus dem aktuellen Kader schon Gespräche geführt, ob sie es sich vorstellen können, den Gang in die Erste Liga anzutreten. Das macht aber nur Sinn, wenn sich die Spieler auch dazu bekennen. Ansonsten ist es wertlos, auch wenn ein gültiger Vertrag besteht. Deswegen werden wir viele Gespräche führen und versuchen, mit den vorhandenen Mitteln das Bestmögliche daraus zu machen.

LAOLA1: Weiß man schon, welche Spieler den Verein definitiv verlassen werden?

Kreissl: Hundertprozentig fix ist noch gar nichts, aber ich kenne natürlich die Gehälter, die wir zahlen können. Bei sehr vielen Spielern ist es so, dass es nachvollziehbar bleiben muss, wie jemand mit Familie seinen Lebensunterhalt bestreiten kann. Wenn ich nur etwas anbieten kann, was einem 30-jährigen Familienvater nicht reicht, weiß ich, dass es unwahrscheinlich wird, ihn halten zu können. Aber ausgeschlossen ist nichts.

LAOLA1: Du scheinst trotz des bitteren Abstiegs voller Tatendrang und motiviert?

Kreissl: Ich bin voller Verantwortung. Ich weiß, dass wir in den nächsten Tagen und Wochen einen maximal guten Job machen müssen, um die Ausgangsposition für das kommende Jahr so positiv wie möglich zu gestalten. Ich konnte mich auch ein wenig darauf vorbereiten. Wir haben die letzten vier Spiele mit der Gewissheit absolviert, dass es mit dem falschen Resultat vorbei sein hätte können. Ich habe mir vorgenommen, so lange es möglich ist, zu kämpfen, aber sobald es vorbei ist, musst du seriös und objektiv eine Bilanz ziehen. Die lautet: Wir sind in vielen Spielen knapp gescheitert, aber am Ende mit 29 Punkten deutlich.

LAOLA1: Du wirkst dennoch sehr gefasst. Hast du schon realisiert, dass man abgestiegen ist, oder wird das noch eine Zeit dauern?

Kreissl: Eher zweiteres. Ich habe am Samstag noch gesagt, dass das Szenario Abstieg in meinem Bauchgefühl nicht enthalten ist. Ich kenne den Abstiegskampf. Manchmal hat man so ein beklemmendes Gefühl, dass es nicht reichen wird, aber das hatte ich nicht – im Gegenteil. Ich habe geglaubt, dass wir es noch schaffen. Deswegen wird es noch dauern, die ganze Situation richtig zu realisieren.

LAOLA1: Am Montag, um 11:00 Uhr, steht ein Gespräch mit Trainer Helgi Kolvidsson über seine Zukunft beim Verein an. Sein Vertrag ist nach dem Abstieg ausgelaufen. Wird er auch in der Ersten Liga Trainer sein?

Kreissl: Wir haben vereinbart, bis zu letzten Minute alles in die Waagschale zu werfen, um den Klassenerhalt zu schaffen. Jetzt hat es nicht geklappt und deswegen werden wir Gespräche über die Zukunft führen.

 

Das Gepräch führte Martin Wechtl