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"Ich gehe das Ganze ziemlich jungfräulich an"

„Mein Name ist Peter Hyballa – kurzes Hy, schnelles Balla – so versuchen wir auch Fußball zu spielen.“

Schon die Erklärung, wie man denn seinen Namen korrekt ausspricht, deutet an, mit welcher Form der Außendarstellung der neue Trainer des SK Sturm agieren wird.

Die Zeit der schallplattenmäßigen Phrasendrescherei scheint beim entthronten Meister aus Graz mit der Verpflichtung des Deutschen jedenfalls vorbei zu sein.

Zumindest vom Auftreten her erinnert der 36-Jährige in der Tat ein wenig an die Lässigkeit von Jürgen Klopp, mit dem er gerne verglichen wird, und dem er bei Borussia Dortmund bis 2010 als U19-Coach zugearbeitet hat.

„Klopp und ich sind schlecht rasiert“

Ein Vergleich, auf den sich Hyballa nicht so recht einlässt, auch wenn beide selten um einen flotten Spruch verlegen sind.

„Ich habe mit Klopp gemeinsam, dass wir beide schlecht rasiert sind“, scherzt der neue Übungsleiter der „Blackies“ daher am Mittwochnachmittag bei seiner offiziellen Präsentation im gut gefüllten Medienraum der UPC-Arena.

Nach langer Suche hat Sturm am Montag offiziell die Verpflichtung des bisherigen Betreuers der Red Bull Juniors bekannt gegeben.

Vier Argumente waren für Geschäftsführer Sport Paul Gludovatz letztlich ausschlaggebend, warum von den zahlreichen Kandidaten am Ende Hyballa den Zuschlag bekommen hat:

„Erstens ist Sturm eine Karriereplattform, also muss der neue Trainer schon mit jungen Leuten gearbeitet haben. Zweitens haben wir teilweise eine gestandene Truppe, also muss er auch schon Erfahrung mit Profis haben. Drittens braucht es eine gute Kommunikationsfähigkeit in alle Richtungen, also Mannschaft, Mitarbeiter, Fans und Medien. Viertens braucht der neue Trainer Teamfähigkeit, er darf kein Alleinunterhalter sein.“

„Stellen uns nicht hinten rein und spielen lange Bälle“

Punkte, die auf Hyballa zutreffen (siehe LAOLA1-Portrait). Tendenziell wichtigstes Kriterium ist jedoch, dass der neue Sturm-Coach als ausgewiesener Fachmann gilt. Hinter der großen Klappe des „Nebenerwerbsbuchautors“ steckt ein fundiertes Wissen.

Von diesem soll ab der kommenden Saison die schwarz-weiße Kampfmannschaft profitieren, auch wenn Hyballa bei seiner Vorstellung naturgemäß noch nicht ins Detail gehen wollte.

Daran, dass er für attraktiven Fußball steht, ließ er jedoch keinen Zweifel: „Wir werden viel über das Training machen, sonst brauchst du keinen Trainer. Es wird definitiv nicht der Fall sein, dass wir uns hinten reinstellen, lange Bälle spielen und auf ein zufälliges Tor aus einer Standard-Situation hoffen. Das wird es bei mir nicht geben, darauf kann man mich festnageln.“

Eine erfrischend wirkende Ankündigung gegen Ende einer Saison, in welcher in der Bundesliga der destruktive Angsthasen-Fußball der Marke Ivica Vastic dominierte.

„Ich gehe das Ganze ziemlich jungfräulich an“

Hyballa, dessen modernes Training in den letzten Tagen immer wieder gelobt wurde, bestätigte, dass bei ihm die meisten Übungen mit dem Ball stattfinden, auch wenn es ohne Krafttraining natürlich nicht ginge. Ohne Waldläufe indes sehr wohl: „Ich bin kein Trainer, der in den Wald geht, dort sammelt man nur Pilze.“

Als Ziel für die kommende Saison nennt er einen Europacupplatz beziehungsweise „oben mitzuspielen.“ Vorerst gilt es jedoch, sich im Verein und am neuen Wohnort einzuleben.

„Ich gehe das Ganze ziemlich jungfräulich an. Ich weiß nicht, wer mit wem befreundet ist“, möchte Hyballa unvoreingenommen an die Aufgabe herangehen. Er gibt zudem offen zu, dass er vor seinem Engagement in Salzburg den österreichischen Fußball „in den letzten Jahren ein wenig vernachlässigt“ habe, während sein Hauptaugenmerk auf Deutschland und den Niederlanden gelegen sei.

„Ab sofort werden ich aber jede Nacht Informationen aus der ersten und zweiten Liga mit ins Bett nehmen und mich damit beschäftigen“, schmunzelt der Deutsche.

„Es wird keine One-Man-Show geben“

Welches Trainer-Team ihm zur Seite steht, soll kommenden Samstag entschieden werden. Dass Markus Schopp, der Gegenkandidat Hyballas, weiterhin die Amateure betreuen und so Synergien zwischen Profis und Nachwuchs erzeugen wird, gilt im Prinzip als fix. Aussichtsreichste Anwärter auf Funktionen im Betreuerstab scheinen Bruno Friesenbichler und Günther Neukirchner zu sein.

„Im Jahr 2012 ist der Trainer wichtig, aber das Trainer-Team noch wichtiger. Alleine was wissenschaftlich passiert, kann ein Trainer alleine gar nicht mehr erledigen. Es wird also keine One-Man-Show geben“, betont Hyballa, „Klopp ist auch nicht alleine deutscher Meister geworden, sondern hatte hervorragende Mitarbeiter bis hin zum Masseur. Ich weiß nicht, ob jemand seinen Co-Trainer kennt. Ich kenne ihn, ein guter Mann.“

Schopp habe er bereits kurz kennengelernt: „Ein sehr sympathischer Mensch.“ Etwaige Animositäten erwartet der neue Head Coach nicht:

„Wenn es überhaupt etwas zu bereinigen gibt, werden wir das in einem Gespräch unter Männern tun. Markus war ein herausragender Fußballer, das war ich nicht. Dafür arbeite ich schon lange als Trainer, und er nicht. Diese unterschiedlichen Ausgangspositionen können befruchtend sein.“

„Müssen eigene Identität finden“

Letztlich geht es ohnehin darum, dass der Verein Erfolg hat, und diesbezüglich ist der neue Übungsleiter zuversichtlich: „Das Potenzial ist da, sonst wäre Sturm nicht Meister geworden. Ich weiß, dass ich die Mannschaft nach vorne bringen kann.“

Am 5. Juni tritt Hyballa seinen neuen Job offiziell an und läutet damit ein spannendes Projekt ein. Mittelfristig will er wohl nicht nur wegen seines extrovertierten Charakters mit Klopp verglichen werden, sondern weil seine Mannschaft ebenfalls eine unverkennbare Handschrift trägt, auch wenn es kein Mini-Dortmund sein muss:

„Mir gefällt das schnelle Umschalten von Dortmund. Wenn wir das hinkriegen, wäre das gut. Aber wir müssen unsere eigene Identität finden. Kopieren geht nicht.“

Original Hyballa eben…

Peter Altmann