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French Open: Jürgen Melzer traut Thiem Titel zu

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Zum 15. Mal reist Jürgen Melzer am Donnerstag als Tennis-Profi zu den French Open nach Paris, erstmals als reiner Doppel-Spezialist.

Nach dem Ende seiner Einzel-Karriere ist Melzer, der am (heutigen) Mittwoch 38 Jahre alt wird und damit exakt sechs Jahre älter ist als Novak Djokovic, aber deshalb keinesfalls sentimental.

Der ehemalige Halbfinalist in Roland Garros (2010) wird im Doppel mit dem Weltranglisten-Fünften Nicolas Mahut aus Frankreich antreten. Er äußert sich im APA-Interview u.a. über seine zweite Karriere, die Trennung von Dominic Thiem von Trainer Günter Bresnik, Thiems Chancen auf den Titel bei den French Open und eine mögliche spätere eigene Trainerkarriere.

Frage: Sie reisen erstmals nach so vielen Jahren als reiner Doppelspezialist zu den French Open. Stimmt Sie das auch ein bisschen sentimental?

Jürgen Melzer: "Nein, eigentlich gar nicht. Ich habe meine Einzelkarriere zu einem Zeitpunkt beendet, der vollkommen richtig war und ich trauere dem Ganzen nicht einen Tag nach."

Frage: Dabei wären Sie fast noch in die Qualifikation reingerutscht - wären Sie angetreten?

Melzer: "Nein, ich wäre nicht angetreten. Es wird noch hie und da einmal ein Ligamatch geben. Ich stehe jeden Tag auf und bin happy, dass ich Doppelspieler bin und es fehlt mir nicht einen Tag."

Frage: Zudem verläuft die zweite Karriere mit heuer schon zwei ATP-und einem großen Challenger-Titel sehr gut. Sind Sie ein bisschen stolz auf dieses Comeback?

Melzer: "Ja, das taugt mir voll. Vielleicht hätte ich es mir erträumt, aber realistischerweise wenn mir jemand gesagt hätte, dass ich bei den French Open schon die Nummer 55 der Welt bin, hätte ich es mit Handkuss unterschrieben. Viel besser hätte es nicht laufen können."

Die tolle Karriere von Jürgen Melzer in Bildern und Text:

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1998: Der 16-jährige Melzer taucht in Mondsee erstmals bei einem Future auf und erreicht das Viertelfinale.

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1999: Melzer gewinnt mit Kristian Pless den Junioren-Doppeltitel bei den Australian Open und besiegt den Dänen im Junioren-Einzelfinale vom Wimbledon. In Schwaz kommt Melzer erstmals in ein Future-Halbfinale. Im Davis Cup gibt er bei einem 3:2 gegen Schweden sein Debüt, vorerst im Doppel. Außerdem gibt der Niederösterreicher beim Wiener Stadthallen-Turnier sein Debüt in einem ATP-Hauptbewerb, gewinnt gegen Lars Burgsmüller. Im Achtelfinale unterliegt er dessen deutschen Landsmann Nicolas Kiefer.

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2000: Melzer spielt seine ersten Davis-Cup-Einzel und debütiert mit einer Erstrunden-Niederlage in Kitzbühel.

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2001: Melzer gewinnt in Mönchengladbach seinen ersten Challenger-Titel.

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2002: Er erreicht in St. Pölten sein erstes ATP-Viertelfinale und in Umag sein erstes -Halbfinale, in Newport sein erstes Doppelfinale. Er beendet das Jahr erstmals in den Top 100.

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2003: Melzer zieht in Newport in sein erstes Finale auf der ATP-Tour ein. In Kitzbühel erreicht er mit Landsmann Alexander Peya das Doppel-Finale.

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2004: Melzer besiegt beim Masters-1000-Turnier in Toronto auf dem Weg ins Viertelfinale den US-Weltranglistenelften Andre Agassi. Er beendet nach u.a. erstmaligen dritten Runden bei den Australian und den US Open erstmals ein Jahr als Österreichs Nummer eins.

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2005: Melzer dringt auf Grand-Slam-Ebene in Melbourne, Paris und Wimbledon jeweils in die dritte Runde vor. In St. Pölten vereitelt ihm der Russe Nikolay Davydenko seinen ersten Heim-Titel. In St. Petersburg holt er an der Seite des Vorarlbergers Julian Knowle seinen ersten ATP-Doppeltitel.

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2006: Melzer gewinnt in Bukarest erstmals im Einzel ein ATP-Turnier. Das Jahr schließt er als Nummer 22 der Weltrangliste ab, im Doppel als Elfter.

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2007: Melzer muss nach 20 Grand-Slam-Auftritten en suite wegen einer Handgelenksblessur auf Wimbledon verzichten. Verhilft dem ÖTV-Team gegen Brasilien mit zwei Siegen zum Aufstieg in die Davis-Cup-Weltgruppe.

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2008: Melzer erreicht erstmals das Finale des Heimturniers in Kitzbühel. Bei Olympia in Peking unterliegt er im Viertelfinale dem späteren Goldmedaillengewinner Rafael Nadal.

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2009: Melzer holt den Titel beim Wiener Stadthallenturnier und steht mit Knowle zum zweiten Mal nach 2006 beim Heim-Turnier im Doppel-Finale. Er beendet das Jahr als einer von nur zwei Spielern sowohl im Einzel als auch im Doppel unter den Top 30.

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2010: Melzer erreicht in Paris sein einziges Major-Halbfinale und wiederholt seinen Wien-Sieg vom Vorjahr. Er qualifiziert sich im Doppel erstmals für das ATP-Finale. Im Doppel gewinnt er mit dem Deutschen Philipp Petzschner in Wimbledon und bestreitet in diesem Jahr auf der Tour mit insgesamt 130 Matches die meisten Partien aller Spieler. Er beendet das Jahr als einziger im Doppel (8.) und Einzel (11.) in den Top 15.

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2011: Melzer steht nach einem Achtelfinal-Einzug bei den Australian Open erstmals in den Top Ten und erreicht im April mit Platz acht sein Karrierehoch, auf dem er sieben Wochen lang bleibt. Er erreicht in Monte Carlo sein erstes Masters-1000er-Halbfinale und gewinnt im Mixed mit seiner späteren Frau Iveta Benesova das Mixed. Zudem holt er bei den US Open mit Petzschner das Doppel. Qualifiziert sich erneut im Doppel mit Petzschner für das ATP-Finalturnier, die beiden feiern wie im Jahr davor einen Sieg.

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2012: Melzer holt in Memphis seinen vierten ATP-Einzeltitel.

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2013: Melzer gewinnt in Winston-Salem seinen fünften und gleichzeitig letzten ATP-Einzeltitel.Er beendet das Jahr zum sechsten Mal in Folge in den Top 35.

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2014: Melzer steigt wegen einer Schulterverletzung erst im April auf die Tour ein, holt mit Petzschner seinen einzigen Wien-Doppeltitel, seinen insgesamt 13. und bisher letzten auf der Tour. Er beendet das Jahr im Einzel erstmals seit 2001 außerhalb der Top 100.

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2015: Melzer beendet eine durchwachsene Saison nach den US Open und lässt sich schließlich an der verletzten linken Schulter operieren.

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2016: Melzer steigt wegen der Verletzungspause erst im Juni auf die Tour ein. Kitzbühel-Viertelfinale nach Sieg über den Top-Ten-Spieler Dominic Thiem als Höhepunkt. Er hat als zweiter aktiver Spieler je zumindest 300 Einzel- und Doppel-Siege auf der Tour.

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2017: Melzer gewinnt zwei Challenger-Titel und muss seine Saison nach Wimbledon wegen einer Ellbogen-Verletzung früh beenden. Im Oktober folgt eine Operation.

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2018: Melzer steigt im März in die Saison ein. Er wird im Davis Cup beim 3:1 in Russland mit je einem Sieg in Einzel und Doppel zum Matchwinner. In Graz spielt er sein 75. Davis-Cup-Match für Österreich, er ist schon seit längerem ÖTV-Rekordspieler im Davis Cup. Bei seinem letzten ATP-Turnier in Wien nach einem überraschenden Auftaktsieg gegen den Kanadier Milos Raonic (ATP-22.) kam das bittere Ende: Melzer konnte wegen eines Magen-Darm-Virus zum Achtelfinale gegen Kevin Anderson (RSA-2) nicht mehr antreten.

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Frage: Sie treten nun mit der aktuellen Nummer 5, Nicolas Mahut, bei den French Open und in Wimbledon an. Wird das eine langfristige Zusammenarbeit?

Melzer: "Das nicht, vielleicht eventuell noch bis Montreal. In Cincinnati steigt Pierre-Hugues Herbert (Mahuts Standard-Doppelpartner, der sich etwas mehr dem Einzel widmen will, Anm.) wieder ein."

Frage: Träumen Sie noch von einer Teilnahme bei den Olympischen Spielen in Tokio?

Melzer: "Wenn ich teilnehme, dann will ich um Medaillen mitspielen. Klar, sollte ich die Chance bekommen, dann werde ich dort natürlich mitspielen. So wie sich die Saison jetzt präsentiert hat und ich das Gefühl habe, dass ich von Woche zu Woche besser werde, ist das auf alle Fälle drinnen."

Frage: Sie haben zuletzt auch mit Dominic Thiem Doppel gespielt und ihn aus seiner Box angefeuert. Ist er Ihrer Meinung nach reif für den Titel in Roland Garros?

Melzer: "Ich wüsste nicht, was dagegen spricht. Er ist sicher einer von den Vier, die sich den Titel untereinander ausmachen werden. Für mich sind Nadal, Djokovic und Thiem die Drei, die den besten Eindruck auf Sand hinterlassen haben und dann ist da noch Federer mit einem Fragezeichen. Auch wenn Dominic jetzt einen Ausrutscher in Rom gehabt hat, könnte sich das heuer auch schon für ihn ausgehen. Trotzdem ist für mich Nadal der Top-Favorit."

Frage: Thiem hat sich von Langzeit-Trainer Günter Bresnik getrennt. Glauben Sie, dass das ein wichtiger Schritt für ihn war?

Melzer: "Ich glaube, dass es für seine Persönlichkeit nicht schlecht war und er immer mehr auf seinen eigenen Füßen steht. Man wird sehen wie sich das in den nächsten Wochen, Monaten und Jahren entwickelt. Ich glaube, dass es für ihn notwendig war."

Frage: Woran muss Thiem am meisten arbeiten, um auch die Top 3 zu knacken?

Melzer: "Er kann auf allen Belägen gewinnen. Ich glaube, dass man ihm ein bisschen Zeit geben muss. Jetzt kommt ein neuer Trainer, der hat neue Ideen und der erkennt, glaube ich ganz gut, was ihm noch fehlt. Das braucht Zeit - er hat Muster, die sind eingefahren über Jahre, die überhaupt nicht schlecht sind. Wir reden über eine Nummer 4 der Welt, aber es gibt einige Sachen, die er verbessern kann, die ihn zu einem deutlich besseren Tennisspieler machen würden. Wenn er heuer nicht Paris gewinnt, gewinnt er es nächstes oder übernächstes Jahr."

Frage: Können Sie sich in fernerer Zukunft, nach Ihrem Karriere-Ende vorstellen, mit einem Spieler um die Welt zu touren? Eventuell sogar einmal mit Thiem?

Melzer: "Grundsätzlich ja, das müsste alles mit meiner Familie abgesprochen sein. Insofern wäre ein österreichischer Spieler einfacher, weil du dann die Trainings zuhause machen kannst. Ich würde sicherlich nicht 30 Wochen im Jahr unterwegs sein, das braucht aber auch nicht jeder. Sollte es sich irgendwann ergeben und ich nichts machen, würde ich es in Betracht ziehen."

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