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Randalierende Fans zur Verantwortung ziehen?

Wieder unschöne Szenen beim Derby. Die Konsequenzen? Gastkommentar von Christina Toth:

Randalierende Fans zur Verantwortung ziehen?

Das waren wieder unschöne Szenen, die sich zum Bundesligaauftakt beim Wiener Derby abseits des Spielfelds abgespielt haben.

Leider sind Stadionbesuchern diese Bilder aber nur allzu gut bekannt: Zuschauer, die mit Schlägereien, pyrotechnischen Gegenständen und Böllern das Fußballvergnügen stören und sich und andere gefährden.

Hohe Strafen für Heim- und Gastverein

Der Strafsenat der Bundesliga ermittelt gegen Austria und Rapid, heißt es dazu heute in den Medien. Und dies tut er natürlich zurecht. Die Rechtspflegeordnung des ÖFB sanktioniert in § 116 Verletzungen gegen Veranstaltungsbestimmungen mit hohen Geldstrafen, Platzsperren bis hin zu Geisterspielen. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn bei einem Spiel „Ruhe und Ordnung“ gestört werden. Gleiches gilt nach § 116a ÖFB-Rechtspflegeordnung im Fall des missbräuchlichen Einsatzes pyrotechnischer Gegenstände.

Die Sanktionen können sowohl den Heim- als auch den Gastverein treffen, wenn die ihm zurechenbaren Anhänger für die Ausschreitungen verantwortlich sind.

Aus der Vergangenheit wissen wir, dass der zuständige Senat 1 der Bundesliga nicht zimperlich ist, wenn es um die Verhängung von Strafen wegen Vergehen nach den §§ 116 und 116a ÖFB-Rechtspflegeordnung geht. Man erinnere sich beispielsweise an die Vorfälle rund um das Derby im November 2014, als Rapid eine Verbandsstrafe von 25.000 EUR und Austria in Höhe von 35.000 EUR ausgefasst haben. Im Nachgang wurde Rapid aufgrund eines weiteren Verstoßes gegen das Pyrotechnikverbot auch noch zu einer Sperre des Heimsektors verurteilt.

So weit so gut. Der Schaden für die friedlichen Fans und den Sport als Ganzes ist groß. Finanziell treffen diese Ausschreitungen aber in erster Linie die Vereine. Es stellt sich also die Frage, ob sich ein Verein das Geld für die Strafe beim störenden Zuschauer zurückholen kann?

In Deutschland zahlt der Randalierer

In Deutschland bestätigte der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 22. September 2016 VII ZR 14/16 erstmals, dass böllerwerfende Anhänger auch für Verbandsstrafen des Vereins zur Verantwortung gezogen werden können.

Kurz zum Hintergrund: Ein Anhänger des 1. FC Köln zündete im Februar 2014 einen Knaller und verletzte dabei sieben Menschen auf den Unterrängen. Der Verein wurde daraufhin vom DFB mit einer Strafe von 50.000 EUR belegt, weitere 30.000 EUR musste er in Gewaltprävention stecken.

Geld, das sich der 1. FC Köln vom Böllerwerfer zum Teil zurückholen wollte. Schließlich hatte dieser durch die Mitnahme und das Zünden des Knallkörpers gegen die Stadionordnung verstoßen. Ein Verstoß, der zu massiven Schäden geführt hat und den Anhänger zum Ersatz des Schadens verpflichtet. Schon mehrmals hatten in der Vergangenheit deutsche Gerichte den Vereinen Schadenersatz für die vom Verband auferlegten Strafen zugesprochen. Erstmals wurde dies nun auch höchstgerichtlich bestätigt. Damit wird in Deutschland endgültig Rechtssicherheit geschaffen.

Und was heißt das für Österreich?

Fürs erste einmal nicht viel. Bislang gab es in Österreich erst eine gerichtliche Entscheidung zur Frage, ob sich Vereine die Verbandsstrafen von gewalttätigen bzw. störenden Zuschauern zurückholen dürfen. Die österreichischen Vereine sind hier ihrer Anhängerschaft gegenüber wohl etwas zimperlicher.

Jedenfalls hat das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien schon im Jahre 2011 entschieden, dass ein Verein die ihm auferlegte Verbandsstrafe nicht auf den Zuschauer überwälzen darf, selbst wenn Letzterer mit seinem Verhalten die Strafe verursacht hat. Zweck der Verbandsstrafe sei es, die Vereine zu angemessenen Sicherheitsvorkehrungen zu veranlassen und damit Störungen durch Zuschauer überhaupt zu verhindern. Dieser Zweck würde vereitelt, wenn sich der Verein nun das Geld vom störenden Zuschauer zurückholen könnte, so das LG.

Das ist auch korrekt. Was das Gericht mitunter aber übersieht ist, dass solche Verbandsstrafen in der Regel verschuldensunabhängig ausgesprochen werden. Selbst wenn also der Verein sämtliche Vorkehrungen trifft, um die Sicherheit der Menschen im Stadion zu gewährleisten, wird er vom Verband für das Fehlverhalten von störenden Zuschauern zur Verantwortung gezogen. Der Störer hingegen ist nach der derzeitigen österreichischen Judikatur – was die Verbandsstrafen betrifft – fein raus.

Aus general- und spezialpräventiven Gründen ist ein solches Signal an die gewaltbereite Anhängerschaft kontraproduktiv. So sollte zumindest eine Abwägung dahingehend getroffen werden, ob und inwieweit der Verein seiner Verpflichtung zur Gewährleistung der Sicherheitsvorkehrungen nachgekommen ist. Hat er alle ihm möglichen (und zumutbaren) Vorkehrungen getroffen, so muss auch nach österreichischem Recht der Regress gegen störende Zuschauer möglich sein.

Christina Toth ist Rechtsanwältin für Sportrecht in Wien. Sie ist Initiatorin von LAW MEETS SPORTS - dem Portal zum Recht im Sport. Auf www.lawmeetssports.at liefern namhafte Experten rechtliche Hintergrundinformationen zum nationalen und internationalen Sportgeschehen. Sie erreichen Christina Toth unter office@sportanwaeltin.at

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