Endstand
4:3
2:1, 1:1, 0:1, 1:0
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Marco Rossi: Wie Minnesota ein Exempel an ihm statuiert

Healthy Scratch gegen Colorado, gegen Vancouver ab dem dritten Drittel gebenched. Die Wild zerstören das Selbstvertrauen ihres besten Preseason-Spielers.

Marco Rossi: Wie Minnesota ein Exempel an ihm statuiert Foto: © GEPA

Es ist keine leichte Situation, die Marco Rossi aktuell durchmachen muss.

Die Minnesota Wild haben einen schlechten Start in die neue NHL-Saison erwischt, erst im letzten Spiel gegen die Vancouver Canucks (4:3 n.OT) den ersten Sieg einfahren können.

Eine große Rolle spielte der 21-jährige Vorarlberger dabei, wie auch schon in den ersten drei Partien, nicht. Am ehesten noch beim Auftakt gegen die New York Rangers, der mit 3:7 jedoch ordentlich in die Hose ging.

10:24 Minuten Eiszeit in der vierten Angriffslinie, dazu stand Rossi 1:44 Minuten in Überzahl sowie 26 Sekunden in Unterzahl auf der Platte. Gegen die Los Angeles Kings (6:7) stand er plötzlich nur noch 4:33 Minuten auf dem Eis.

Der negative Höhepunkt folgte gegen Titelverteidiger Colorado Avalanche. Obwohl es zig, vor allem routiniertere, andere Kandidaten gab, die in den ersten Spielen weit hinter ihren Erwartungen blieben, statuierte Wild-Coach Dean Evason ausgerechnet an seinem Rookie ein Exempel und strich ihn nach 21 mageren Shifts aus dem Lineup.

Dafür hagelte es reichlich Kritik und Unverständnis, mit einem Zug waren die hervorragenden Preseason-Leistungen vergessen.

Evason versuchte verzweifelt, Minnesota wieder zurück in die Spur zu bringen – und zerstörte damit das Selbstvertrauen eines jungen Spielers, der in seiner Karriere schon viele Rückschläge erlebt hat.

Erst Todesangst, dann NHL-Debüt und Franchise-Rekord

Besonders die letzten zwei Jahre seit dem NHL-Draft waren hart. Eine Corona-Erkrankung hatte weitreichende Folgen und Rossi musste aufgrund einer Herzmuskelentzündung für einige Zeit nicht nur um seine Karriere, sondern sogar um sein Leben bangen.

Doch im Naturell des gebürtigen Feldkirchers liegt es nie aufzugeben, immer weiterzukämpfen. Sobald es das medizinische Go gab, stand Rossi schon wieder auf dem Eis, bereitete sich auf sein erstes Jahr in der American Hockey League (AHL) bei den Iowa Wild vor.

Da war die Welt noch heil: Rossi bei seinem NHL-Debüt in Boston
Foto: © GEPA

Dort stellte er sein großes Talent mehrfach unter Beweis und spielte sich in Windeseile in die Herzen der Fans. Mit 53 Scorerpunkten stellte er außerdem einen neuen Franchise-Rekord auf, nie gelangen einem Rookie für Iowa mehr.

Im Jänner profitierte Rossi zudem von einer Verletzungsmisere im NHL-Team, wurde gemeinsam mit Matt Boldy kurzfristig hochgezogen und gab am 7. Jänner auswärts gegen die Boston Bruins sein Debüt in der besten Eishockey-Liga der Welt.

Jenes Team, auf das die Wild auch am Samstag, ab 19 Uhr treffen. LAOLA1 überträgt das Spiel LIVE im Stream und im linearen TV >>>

Während Teamkollege Boldy in seinem ersten NHL-Spiel gleich sein erstes Tor erzielte, damit den Kampf um einen Roster-Platz gegen Rossi für sich entschied, musste der 21-Jährige wieder ins AHL-Team.

Bei seinem Debüt stand Rossi übrigens 16:19 Minuten am Eis - also länger als in den ersten beiden Spielen dieser Saison zusammen.

Trotz fantastischer Preseason nur in Bottom-Six-Rolle

Statt Tristesse über die verpasste Chance, dauerhaft im Konzert der Großen zu spielen, nahm Rossi dies als Ansporn und arbeitete härter als je zuvor.

Und das machte sich bezahlt, dieses Jahr führte kein Weg an ihm vorbei. Neun Torbeteiligungen in der Vorbereitung waren Bestwert in der gesamten NHL, trotzdem reichte es nur zu einer Rolle in der vierten Linie.

In einer schwer limitierten vierten Linie muss festgehalten werden, sowohl Brandon Duhaime als auch Connor Dewar sind keineswegs Spieler, die mit großen Offensiv-Potenzial ausgestattet sind.

Vielleicht auch deswegen blieb Rossi in seinen ersten Spielen weitestgehend unsichtbar, aber zumindest fehlerlos – was vom restlichen Team nicht gesagt werden kann.

Trotzdem musste er gegen Colorado Mason Shaw weichen. Nachdem auch diese Begegnung ohne einen Sieg ausging, rückte Rossi wieder ins Lineup. Und durfte gegen Vancouver in der dritten Reihe neben Boldy und Frederick Gaudreau ran.

Rossis Frustration

Zumindest im ersten Abschnitt stand der Center hier und da im Mittelpunkt des Geschehens.

Doch mit Fortdauer mischte Evason die Linien – wieder einmal, aber auch aufgrund einer Verletzung von Jordan Greenway – wild durch und ließ Rossi die letzten 13:28 Minuten in der regulären Spielzeit und der Overtime auf der Bank versauern.

Die Intention des Head Coachs ist irgendwo doch erkennbar, in wichtigen Phasen sollen nunmal die erfahreneren Cracks für den Umschwung sorgen.

"Natürlich ist man frustriert, wenn man gestrichen wird, weil man spielen will."

Marco Rossi vor dem Spiel gegen Vancouver

Nicht ohne Grund stand Superstar Kirill Kaprizov (HIER geht es zum Portrait >>>) gefühlt jede verbleibende Sekunde am Eis und sorgte auch mit seinem Treffer in der Verlängerung für einen kleinen Befreiungsschlag.

Allerdings: Wenn Evason in den wichtigen Momenten nicht auf Rossi setzen will, wann dann? Junge Spieler wie er benötigen dieses Vertrauen unbedingt, um auch zu lernen. Jedes Spiel ist ein Lernprozess auf dem Weg zu einem etablierten NHL-Crack.

Rossi bestätigte dies vor dem Spiel gegen Vancouver: "Es ist ein Lernprozess. Es ist die beste Liga der Welt. Natürlich ist man frustriert, wenn man gestrichen wird, weil man spielen will, aber man muss damit klarkommen."

"Für einen jungen Spieler ist es manchmal schwer zu lernen, weil man immer spielen und es allen zeigen will, und dann spielt man in solchen Situationen vielleicht nicht so viel und das ist irgendwie frustrierend", machte der Vorarlberger aus seiner Gefühlslage keinen Hehl.

Buffalo zeigt es eindrucksvoll vor

Natürlich ist es für eine Franchise unangenehm, wenn man sich in einer Negativspirale befindet. Aber nur an Schönwetter-Tagen eingesetzt zu werden, bringt keinen Rookie voran.

Die Buffalo Sabres zeigen dies aktuell, auch notgedrungen, vor. Das ehemalige NHL-Team von Thomas Vanek befindet sich mitten in einem Rebuild, stellt das unerfahrenste und jüngste Team der Liga.

Deshalb muss Ex-Salzburger JJ Peterka oder Rossis ehemaligen 67’s-Teamkollegen Jack Quinn – beide 2020 gedraftet – das Vertrauen geschenkt werden.

Sie können es aufgrund ihrer Einsatzzeiten auch zurückzahlen, lernen zudem unheimlich viel für ihre weitere Karriere. Das kann Rossi derzeit nicht behaupten.

Rossi vertraut (noch) dem Prozess

Der, wie schon so oft, "auf den Prozess vertraut." Ob dieser Prozess ihn derzeit nicht eher nach Des Moines, Iowa führen sollte, darüber streiten sich die Geister. Rossi benötigt unbedingt Selbstvertrauen, dieses könnte er in der AHL leicht sammeln.

Aber einmal im Farmteam geparkt, könnte die NHL zumindest vorübergehend wieder in weitere Ferne rücken. In der Hinsicht gibt es derzeit wohl kein Schwarz oder Weiß.

Rossi versucht ohnehin nur, die Dinge zu kontrollieren, die er kontrollieren kann. Und das ist seine eigene Leistung. "Über die anderen Dinge, die ich nicht kontrollieren kann, möchte ich nicht zu viel nachdenken", sagte er.

"Weil ich mich sonst zu sehr unter Druck setze. Ich versuche einfach, die richtigen Dinge zu tun und nicht zu viel nachzudenken."

Denn für den Druck sorgt sowieso Dean Evason, der aus der Angst um seinen Job bei den Minnesota Wild einem der zukünftigen Hoffnungsträger der Franchise frühzeitig das Vertrauen nimmt.

Wir können aus österreichischer Sicht nur hoffen, dass Rossi bald ein Befreiungsschlag gelingt – im besten Falle schon auswärts gegen die Boston Bruins.

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