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Der Plan des EC Red Bull Salzburg ging nicht auf

Bitteres Ende! Salzburg wollte zwei Philosophien unter einen Hut bringen.

Der Plan des EC Red Bull Salzburg ging nicht auf Foto: © GEPA

Die Saison des EC Red Bull Salzburg endete im ICE-Semifinale gegen den KAC. Während gegen Dornbirn im Viertelfinale noch ein 0:2-Rückstand aufgeholt werden konnte, war das 1:4 gegen die Klagenfurter eindeutig.

Als kleiner Trost bleibt als bestes im Halbfinale verbliebenes Team die Qualifikation für die Champions Hockey League, nachdem die beiden anderen Plätze zuvor schon an die Finalisten KAC und Bozen gingen.

LAOLA1-Scout Bernd Freimüller wirft einen Blick auf eine Spielzeit, in der die "Roten Bullen" zwei Philosophien unter einen Hut bringen wollten und letztlich daran scheiterten.

Im Sommer war im Volksgarten bzw. an der Rechten Saalachzeile (Standort der Akademie) eine klare Ausrichtung zu bemerken: Die Förderung des eigenen Nachwuchses stand im Vordergrund.

Vor allem die beiden Deutschen J.J. Peterka (knapp zuvor von Buffalo gedraftet) und Justin Schütz sollten genügend Eiszeit erhalten. Zwar stand auch Red Bull München stets im Trainingsbetrieb, ein Beginn der DEL – und damit Spielzeit für die Beiden – war nicht abzusehen.

Coach Matt McIlvane wurden daneben zunächst nur fünf echte Legionäre zugestanden, darunter mit dem liga-erfahrenen Rick Schofield und Defender Taylor Chorney zwei Neuzugänge.

Dazu kam aber schon im September mit Jesper Eliasson ein neuer Backup für J.P. Lamoureux, Nicolas Wieser wurde trotz einer guten Vorbereitung diese Rolle nicht zugetraut.

John-Jason Peterka etablierte sich als ICE-Ausnahmetalent

Der Saisonbeginn war durchaus in Ordnung - zwar hatten Schütz und Peterka natürlich altersgemäß Dellen in ihrem Spiel, aber gerade Peterka etablierte sich als vollwertiger Legionär und ICE-Ausnahmetalent. Mehr als zwei Scorerlinien waren nicht unbedingt auszumachen, was mit der Nachverpflichtung von Jack Skille – Alexander Rauchenwald fiel gleich zweimal aus – kompensiert werden sollte.

Als einziges Team der Liga mussten die Red Bulls gleich zwei Corona-Wellen überstehen, was natürlich nicht half, aber als Ausrede auch irgendeinmal ausgedient hatte.

Insgesamt kamen über die Saison gesehen 20 Akademie- bzw. Nachwuchs-Spieler zum Einsatz. Natürlich waren da mehrere Aushilfen bzw. Eintagsfliegen dabei, aber trotzdem. Im Gegensatz zum KAC oder den Vienna Capitals betreiben die Roten Bullen wenig Eigenpropaganda, sodass solche Zahlen eigentlich untergehen.

Neben Peterka und Schütz rückten ihr Landsmann Filip Varejcka, Kilian Zündel, Tim Harnisch und Paul Huber eine Stufe auf, mit dem 16-jährigen Julian Lutz durfte ein weiteres deutsches Ausnahmetalent bereits aufzeigen.

Bis zur Skille-Nachverpflichtung (er sollte danach zwischen Sniper-Szenen, Verletzungen und Fahrkarten schwanken) war noch eine einheitliche Philosophie zu sehen, danach ging diese aber über Bord. Peterka und Schütz wurden ab Dezember beim DEB bzw. in München benötigt. An ihre Stelle traten Justin Ortega und der 34-jährige David McIntyre, vor allem letzterer benötigte (zu) lange, bis er auf Touren kam. Das machte dann schon satte neun Legionäre und Varejcka, Lutz sowie Django Leonhardt als U24-Ausländer, wenn auch eigene Akademie-Spieler.

Rote Bullen von Top-Teams wie KAC und Bozen weit entfernt

Die Leistungen stabilisierten sich nach diesen Rochaden nicht gerade, der Einzug in die Top-6 gelang harzig, aber doch eindeutig, von den Top-Teams wie Bozen oder KAC war man weit entfernt. In der Pick Round zeigte sich ein zarter Aufwärtstrend, allerdings ohne Hinweise auf ein zukünftiges Meisterteam.

Die letzten Personalrochaden waren dann die schwerwiegendsten: Mit dem Norweger Stefan Espeland (vom KAC bzw. der DEL mit all seinen Stärken und Schwächen bekannt) und Alexander Urbom (seit knapp einem Jahr ohne Spielpraxis) kamen zwei neue Defender, Layne Viveiros, Daniel Jakubitzka, Lutz und Leonhardt verschwanden vom Kaderblatt, Eliasson wurde von einem 4- auf einen 2-Punkte-Legionär reduziert. Mit Müh und Not konnte so das ICE-Punktelimit eingehalten werden.

Ein Eingriff am offenen Herzen also knapp vor der Trading Deadline, der die klubinterne Philosophie des Sommers endgültig über Bord spülte, die "Win-Now-Mentalität" war offensichtlich.

Doch die Schwächen waren schon in der Pick Round bzw. in der Playoff-Serie gegen Dornbirn offensichtlich: Lamoureux konnte im Gegensatz zur Vorsaison Spiele nicht mehr im Alleingang gewinnen und so schwächere Teamleistungen übertünchen, es fehlte insgesamt an Grit und mentaler Stärke. Aber auch die eisläuferischen Vorteile, die in vergangenen Jahren immer wieder zu langen Druckphasen und zum Schluss gewonnenen Spielen führte, waren kaum mehr zu bemerken.

Immerhin: Gegen Dornbirn gelang noch der Serien-Umschwung nach einem 0:2-Rückstand, was aber auch der geringen Tiefe im Kader des Gegners geschuldet war. Von den vier Halbfinal-Niederlagen fielen neben dem blamablen 0:6 in Spiel 5 drei nur knapp aus, die Klagenfurter zeigten aber über die Serie sicher mehr Willen zur defensiven und physischen Hingabe.

Semifinal-Aus des EC Red Bull Salzburg mit Rekordanzahl an Legionären

Eine Semifinal-Niederlage gegen den KAC ist keine Schande oder Grund zum Durchdrehen. Nur: Wenn man seine eigenen Vorgaben während einer Saison so durchlöchert wie die Roten Bullen und dann mit einer Klub-Rekordanzahl von Legionären ausscheidet, darf man sich über kritische Fragen nicht wundern. Intern werden diese eher nicht gestellt, jeder hängt an seinem Job und unbequeme Geister wie Ex-Manager Stefan Wagner wurden ohnehin über die Jahre ausgesondert.

Einige dieser Fragen: Was sind die Ziele – nach fünf titellosen Jahren: Siegen um jeden Preis oder eine Förderung der Akademiespieler? Handelt es sich bei diesen nur um "brave Buam", die zwar in der Liga mitspielen können, aber halt keine Leader-Gene in sich haben oder doch potentielle Spielträger? Definieren sie sich über die angelernten Stärken oder bringen sie wenigstens auch die Hingabe von weniger talentierten Cracks wie Peter Hochkofler oder dem im letzten Sommer geschassten Michael Schiechl mit?

Soll Salzburg wieder einem Ausnahmetalent wie Julian Lutz einige Monate eine Bühne geben, um ihn dann mitten in der Saison zu verlieren? Bietet die Organisation um österreichische Spitzenkräfte mit (was schon lange nicht mehr geschah) oder reichen eben die Akademie-Spieler und die immer älter werdenden Einheimischen neben einigen Spitzen-Ausländern? Fallen die Entscheidungen um das Team in Salzburg oder in München?

Um es einfacher zu sagen: Wo will man hin und mit welchen Mitteln?

Alles muss jetzt auf den Tisch, ungefragt widersprüchliche Anweisungen auszuführen taugt einfach nicht, die Philosophie muss über eine ganze Saison oder länger halten.

Im Gegensatz zu anderen Organisationen ist der Druck durch das Publikum, die lokalen Medien oder Vereinssponsoren in Salzburg ohnehin überschaubar oder gar nicht vorhanden. Ein Herumwirbeln zwischen verschiedensten Vorgaben und Ansprüchen wie heuer führt dagegen sicher zu nichts.

Bei Salzburg ist der interessanteste Sommer seit langer Zeit zu erwarten

Matt McIlvane, der von allen Salzburg-Coaches über die Jahre sicher über das kleinste Entscheidungspouvoir verfügt, sollte weiter bleiben. Er verlor im letzten Sommer seinen wichtigen Assistenten Matt Smaby, der auch erst im Laufe der Saison und klubintern nachbesetzt wurde.

McIlvane, stets verbindlich und jeglicher Aufrührerschaft unverdächtig, gilt als logischer Nachfolger von Don Jackson in München, was sogar eher früher als später passieren könnte. Nur: Ganz ohne Titel wäre er wohl nur schwer vermittelbar, was sicher zur Aufrüstungspolitik heuer beitrug. Daher würden weitere starke Aktivitäten im heurigen Sommer nicht überraschen, Salzburg gehört auch zu den Teams, die jetzt schon am Transfermarkt aktiv sind.

Es dürfte wohl der interessanteste Sommer an der Salzach seit langer Zeit werden – ein Sommer, in dem Personalien hinter Philosophie-Fragen gereiht werden sollten…

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