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Coulthard: "Bist du gut, bist du nicht zu alt"

Der 50er-Jubilar gibt seine Einschätzung zu allen Punkten der F1-Saison ab:

Coulthard: Foto: © getty

Als David Coulthard vor 20 Jahren Vize-Weltmeister hinter Michael Schumacher wurde, bestritt ein junger Finne namens Kimi Räikkönen seine erste Saison in der Formel 1.

Jetzt treffen einander beide immer noch in den Paddocks des schnellen Zirkusses: Räikkönen als Fahrer im Alfa-Sauber und Coulthard als TV-Kommentator, derzeit für den britischen Channel 4 und gemeinsam mit seinem Ex-Red-Bull-Teamkollegen Mark Webber für Saudi Sports. Dazu ist er Markenbotschafter für Mercedes und Red Bull ("Der Einzige, der für beide Unternehmen tätig ist, eine große Ehre für mich").

Am Samstag des Auftaktwochenendes der Formel 1 in Bahrain wird der Schotte (246 Formel-1-Rennen von 1994 bis 2008 für Williams, McLaren und Red Bull mit 13 Siegen) 50 Jahre alt.

Zum Feiern bleibt während der Arbeit aber keine Zeit, wie er im Interview mit LAOLA1 verrät.

LAOLA1: Welche Eindrücke bekamst Du von den Wintertests und was schließt Du daraus für die Saison?

David Coulthard: Weil es diesmal nur drei Testtage insgesamt gab, lastete auf den Teams mehr Druck. Andrerseits: Mit dem Test und dem ersten Rennen auf derselben Strecke wären mehr Testtage nicht kostspieliger gewesen, da hätte man mehr ohne Aufwand machen können. Die relativ stabilen Regeln begünstigen die Teams, die zum Ende der vergangenen Saison eine hohe Standfestigkeit hatten und schnell waren. Das spricht derzeit vor allem für Red Bull. Aber wir werden erst nach der Qualifikation mehr wissen.

LAOLA1: Also könnte die Mercedes-Dominanz enden?

Coulthard: Nicht unbedingt. Aus den Testzeiten erkennt man nicht, wer experimentierte und wer nicht, wer mit wie viel Sprit an Bord fuhr.

LAOLA1: Wird Lewis Hamilton nach dieser Saison aus der Formel 1 abtreten?

Coulthard: Es ist eine Möglichkeit. Das wird auch vom heurigen Verlauf abhängen. Er ist eine "winning machine". Die Frage wird sein, wie viel Motivation er als sieggewohnter Fahrer noch wird aufbringen können, egal, wie diese Saison für ihn läuft. Nur er wird genau wissen, wie es um seine Motivation steht. Das ist anders als bei Fernando Alonso, der zurückkommt, weil seine Mission noch unvollendet ist. Er will es noch einmal wissen.

LAOLA1: Werden wir demnächst einen Umbruch im Fahrerfeld sehen? Alonso wird heuer 40 Jahre alt, Räikkönen war im Oktober schon 41, Hamilton ist auch 36. Zielflagge für die "alten Männer"?

"Die Formel E fährt elektrisch, aber die Energie kommt aus Dieselgeneratoren, das kann nicht die Lösung sein. Der Rennsport kann mit innovativen Lösungen wie der Entwicklung von Biotreibstoffen die Entwicklung unterstützen. Es muss der Mittelweg zwischen Nutzen und attraktivem Sport gefunden werden."

Coulthard über F1-Zukunft

Coulthard: Die Zeit wird kommen, wenn Hamilton, Vettel, Alonso nicht mehr dabei sind. Aber wir haben immer Perioden erlebt, in denen Generationenwechsel stattfanden. Bei Räikkönen zum Beispiel muss man sagen, dass ein Pilot mit seiner Erfahrung für Alfa-Sauber ganz wichtig ist, mit zwei Youngsters wäre das Risiko viel größer. Und Junge wie Max Verstappen kommen nicht alle Tage. Wenn du alt und gut genug bist, bist du nicht zu alt.

LAOLA1: Was erwartest Du von Sebastian Vettel und Aston Martin?

Coulthard: Er wird viel weniger Druck von außen wie innen verspüren als bei Ferrari. Dort häufte sich bei ihm zuletzt der Frust. Abgesehen von den deutschen Medien und den Motorsport-Spezialisten wird es um Vettel heuer ruhiger werden, das lässt ihm mehr Konzentration auf seine Arbeit. Was Lewis (Hamilton) nicht hat, er ist in jedem Fall der gefragteste Fahrer – von allen Seiten. Seb muss klar vor Lance (Teamkollegen Stroll, Anm.) sein und beweisen, dass er nach Ferrari wieder einen Schritt vorwärts machte.

LAOLA1: Damit sind wir bei Ferrari, Neuzugang Carlos Sainz und dem Druck der Medien…

Coulthard: Ja, das ist etwas Eigenes. In Italien steht jeden Tag etwas über Ferrari in den Zeitungen. Sainz ist Spanier, wird mit der italienischen Mentalität besser zurechtkommen als Sebastian. Und er ist schnell. Mit Charles (Leclerc) ist das eine sehr interessante Paarung. Aber Carlos ist heraußen aus der Komfortzone bei McLaren und in einem ganz anderen Umfeld. Es wird interessant, wie sich Ferrari heuer präsentiert und wie Carlos mit dem Druck umgehen wird.

"Ich weiß, dass ich mein Bestes gab, daher bin ich begeistert, welche Möglichkeiten ich bekommen habe. Ich lebe ein großartiges Leben, bin dankbar für meine Kindheit und Jugend in Schottland und für das privilegierte Leben als F1-Fahrer und nun als Geschäftsmann mit Wohnort Monaco. Ich bin glücklich und bedaure nichts."

Coulthard weint F1-Titel nicht nach

LAOLA1: Wird uns Mick Schumacher beeindrucken?

Coulthard: Die einzige Chance dazu wird bei schwieriger, wechselnder Witterung sein, um die Unterlegenheit des Haas auszugleichen. Und er wird konstant vor Teamkollegen Nikita Mazepin sein müssen, um seinen Ruf als schneller Fahrer aufzubauen. Er ist intelligent, respektvoll, ich glaube, jeder Fan wünscht ihm ein gutes Jahr, um sich in die Formel 1 zu etablieren. Alle wünschen, dass er dem Familiennamen Ehre macht.

LAOLA1: Wer könnte heuer überraschen?

Coulthard: Aston Martin. Wenn man dort die Allianz mit Mercedes (Motorenpartner, Anm.) noch stärkt und alles Erlaubte versucht, ähnlich dem dominierenden Hersteller der vergangenen Jahre zu sein. Aber einfach wird es nicht, auch McLaren drängt wieder zur Spitze, und Ferrari muss sowieso dorthin. Dass Haas und Williams trotz aller Bemühungen wieder am Ende des Feldes sein werden, wird niemanden überraschen.

LAOLA1: Wie groß ist Max Verstappens Chance auf den Titel?

Coulthard: Er ist fokussiert, schnell, im Team gut etabliert und unterstützt von allen Seiten, hat mittlerweile sehr viel Erfahrung. Er ist in guter körperlicher Verfassung. Ja, seine Chancen stehen ziemlich gut, weil alle Puzzleteile vorhanden sind.

LAOLA1: Sind die geplanten Sprintrennen als Qualifikation eine gute Idee?

Coulthard: Ich bin nicht der Typ, der ständig Verbesserungsvorschläge macht. Da gibt es eine große Tradition in der Formel 1. Ich wäre bei kürzeren Rennen sehr besorgt. Ich verstehe, dass man Freitag und Samstag stärker ins Blickfeld rücken will, aber wir hatten ja schon Qualifying an beiden Tagen. Dann kamen die Beschränkungen bei Reifen, bei Trainingszeit, schlussendlich bei den Kosten, das war nicht im Sinn der Hardcore-Fans. Eine Qualifikation auch am Freitag machte den ersten Tag viel interessanter und war eine simple Lösung. Bei einem neuen Format wird es immer Befürworter und Kritiker geben. Am Ende wird aber immer der Schnellste Champion sein. 

LAOLA1: Wie siehst Du die Zukunft der Formel 1 generell? Mit E-Fuels, noch grüner, mehr elektrisch? 

Coulthard und Schumi Senior 2001
Foto: © getty

Coulthard: Der globale Vorstoß zur Dekarbonisierung wird auch an der Formel 1 nicht vorbeigehen. Die Formel E fährt elektrisch, aber die Energie kommt aus Dieselgeneratoren, das kann nicht die Lösung sein. Der Rennsport kann mit innovativen Lösungen wie der Entwicklung von Biotreibstoffen die Entwicklung unterstützen. Es muss der Mittelweg zwischen Nutzen und attraktivem Sport gefunden werden.    

LAOLA1: Zum Abschluss herzliche Gratulation zu Deinem "runden" Geburtstag. Wie wirst Du feiern?

Coulthard: Ich werde in Bahrain sein, aber nicht feiern. Ich hatte meine letzte Geburtstagsparty mit 21. An meinem Geburtstag bin ich seit Jahren bei irgendeinem Rennen, früher als Fahrer, jetzt als Kommentator. Ich bin sehr entspannt, aber eigentlich ist es ein Tag wie jeder andere. Es erstaunt mich, wie schnell man 50 wird…

LAOLA1: Bist Du mit Deiner Karriere zufrieden oder hast Du etwas versäumt?

Coulthard: Ich bin total zufrieden und relaxed. Ich holte mit meinem damaligen Wissenstand und Können das Bestmögliche heraus. Aus heutiger Sicht sage ich, okay, mit dem Wissen von jetzt könnte ich einen noch besseren Job machen, wenn ich nochmals 24 wäre. Aber du lebst in der Situation jetzt. Ich weiß, dass ich mein Bestes gab, daher bin ich begeistert, welche Möglichkeiten ich bekommen habe. Ich lebe ein großartiges Leben, bin dankbar für meine Kindheit und Jugend in Schottland und für das privilegierte Leben als F1-Fahrer und nun als Geschäftsmann mit Wohnort Monaco. Ich bin glücklich und bedaure nichts.

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