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Eine schwere EM für einige ÖFB-Allesfahrer

Einige sind immer und überall dabei, lassen aber ausgerechnet die EURO aus.

Eine schwere EM für einige ÖFB-Allesfahrer Foto: © GLBG Crew

Manche ÖFB-Fans können bei der EURO im Stadion sein. Viele sind es aus bekannten Gründen jedoch auch nicht.

Pandemiebedingt sind bei den beiden Spielen in Bukarest nur 13.000 Zuschauer zugelassen, beim Duell mit den Niederlanden in Amsterdam 12.000.

Bitter ist das Fehlen vor allem für jene rot-weiß-roten Schlachtenbummler, die sonst keine Gelegenheit auslassen, dem Nationalteam vor Ort die Daumen zu drücken.

Auch unter den Fan-Klubs des ÖFB übt man sich bei dieser Europameisterschaft teilweise im Verzicht. Von der "GLBG Crew" aus der Steiermark wären 40 Mitglieder im Besitz von EM-Tickets gewesen.

"Der ÖFB hätte uns die Möglichkeit gegeben, bei der EM vor Ort dabei sein zu können. Wir haben jedoch aufgrund der Umstände beschlossen, dass wir nicht mitreisen. Im März war die Corona-Situation noch sehr ungewiss, aus diesem Grund haben wir die Karten dann auch zurückgegeben", erklärt Obmann Gernot Thierschädl.

Das Nationalteam seit 2012 in 22 Ländern unterstützt

Schriftführerin Carina Gross ergänzt: "Wir haben bis zum letztmöglichen Rückgabetermin zugewartet, da uns diese Entscheidung äußerst schwer fiel."

Nun würde man die EURO-Matches gegen Nordmazedonien, die Niederlande und die Ukraine in Kleingruppen vor dem TV verfolgen: "Aber wir stehen untereinander natürlich im ständigen Kontakt, um uns auszutauschen."

Die "GLBG Crew" gehört zu den umtriebigeren und vor allem reisefreudigeren Fan-Klubs der österreichischen Nationalmannschaft. Für den ÖFB gehen durchaus freie Tage oder Urlaubstage drauf.

"Ich persönlich habe seit 2004 87 Länderspiele live im Stadion gesehen. Als Fan-Klub haben wir seit der Gründung im Herbst 2012 bisher 69 Spiele gesehen. Dafür sind wir in 22 verschiedene Länder gereist und waren sogar je zwei Mal in Schweden und Moldawien", erläutert Thierschädl.

Plötzlich nicht mehr dabei

Aufgrund der Geisterspiele nach der Corona-Zwangspause war das Reisen mit dem Nationalteam nicht mehr möglich. Im Hinblick auf die EURO war die Situation letztlich zu unsicher einzuschätzen.

Die Einreise in Moldawien verlief problematisch
Foto: © GLBG Crew

"Es war ein unvorstellbares Gefühl, plötzlich nicht mehr dabei sein zu können. Es hat eine ganze Weile gedauert, bis man die Situation akzeptiert hat. Immerhin waren wir davor jahrelang bei jedem Spiel - egal ob zu Hause oder auswärts, egal welcher Bewerb, egal ob Pflicht- oder Testspiel", verdeutlicht Thierschädl.

"Dadurch sind auch viele Freundschaften, die genau diese Reisen und Ausflüge verbunden hat, entstanden", streicht Gross die Verbindungen in der ÖFB-Fan-Szene hervor.

Lieber Strom sparen, als Nationalteam schauen

Wie begann in Bad Gleichenberg eigentlich diese riesige Leidenschaft für das Nationalteam? Alles habe beim gemeinsamen Länderspiel-Schauen im Stammlokal begonnen.

"Zu diesem Zeitpunkt war unsere Mannschaft bei weitem nicht so erfolgreich wie heute", erinnert sich Thierschädl, "das brachte auch viel Kritik mit sich. Irgendjemand meinte sogar, der Lokalbesitzer soll lieber Strom sparen und die Länderspiele nicht mehr übertragen, da sie es nicht wert sind."

"Diese Aussage hat uns nachdenklich gestimmt, weshalb wir den Entschluss gefasst haben, das Nationalteam von nun an live zu unterstützen und so wieder frische Euphorie in unserer Region zu entfachen. Das Auswärtsspiel 2013 in München gab uns dann den entscheidenden Aufschwung in Sachen Wachstum unserer Crew", erklärt Gross.

74 Stunden im Auto für 90 Minuten in Georgien

Besonders in Erinnerung blieben seither naturgemäß die gemeinsamen Auswärts-Reisen. Dass die Steirer bei der EURO 2016 in Frankreich vertreten waren, versteht sich von selbst.

Weniger selbstverständlich sind da schon ein wenig exotischere Destinationen wie Georgien oder Moldawien.

In das ÖFB-Team wird jede Menge Zeit investiert
Foto: © GLBG Crew

"Eines ist klar: Jede einzelne Auswärtsreise ist etwas Spezielles und Besonderes. Zu meinen persönlichen Highlights zählt jedoch Moldawien, wo wir nicht ins Land einreisen durften, da das Auto, mit dem wir unterwegs waren, auf meine Mutter zugelassen war. Also mussten wir unsere Reise spontan mit dem Zug fortsetzen", schwelgt Thierschädl in Erinnerungen.

Auch bei der Fahrt nach Georgien lief nicht alles reibungslos: "Wir hatten in Serbien leider eine Autopanne. Wir konnten die Fahrt jedoch fortsetzen, sind durch die ganze Türkei gefahren und haben zwei Zeitzonen durchquert."

Insgesamt war man bei diesem Trip - es war das erste Länderspiel nach der verkorksten EURO 2016 - 74 Stunden mit dem Auto unterwegs.

Spruchband für das ÖFB-Team

In Erinnerung blieb auch das in Stockholm gelöste Ticket für die EM 2016: "Da sind wir mit einem Neunsitzer angereist. Die Mannschaft hat uns mit einem 4:1-Sieg und zugleich der fixen Qualifikation belohnt. Die EM 2016 war natürlich auch etwas Besonderes und Großartiges für uns."

"Zu einigen der älteren Spieler wie Sebastian Prödl hatten wir schon ein wenig Kontakt, da haben wir auch das eine oder andere Trikot bekommen. Mit den aktuell jüngeren Spielern gibt es noch keine Kontakte, was das Verhältnis insgesamt allerdings nicht schlechter macht."

Ganz ließ man es sich auch diesmal nicht nehmen, die Mannschaft vor einer EM wissen zu lassen, dass man hinter ihr steht. Von Bad Gleichenberg ins erste ÖFB-Camp in Bad Tatzmannsdorf war es nicht sonderlich weit.

"Corona blockiert unsere Route, trotzdem für die EM alles Gute", stand auf einem Schriftband, vor dem sich im burgenländischen ÖFB-Quartier auch diverse Spieler ablichten ließen (siehe Foto ganz oben in der Meldung).

"Direkten Kontakt zu den Spielern hatten wir leider keinen. Da sich das Team ja coronabedingt in einer sogenannten Blase befindet, mussten wir das Spruchband an der Rezeption abgeben. Dank Heimo Kraus wurde es aber am Trainingsfeld aufgehängt", erklärt Thierschädl, der sich auf diesem Weg auch nochmal herzlich beim Fan-Klub-Beauftragten des ÖFB bedanken möchte.

Das Verhältnis zur Mannschaft

Wie denn generell das Verhältnis zur Mannschaft sei, und ob sich selbiges seit dem Übergang von Marcel Koller zu Franco Foda als Teamchef verändert habe?

"Grundsätzlich hat sich unser Verhältnis durch den Trainerwechsel nicht viel verändert", so Gross, "zu einigen der älteren Spieler wie Sebastian Prödl hatten wir schon ein wenig Kontakt, da haben wir auch das eine oder andere Trikot bekommen. Mit den aktuell jüngeren Spielern gibt es noch keine Kontakte, was das Verhältnis insgesamt allerdings nicht schlechter macht."

Vor dem Start in die EURO ist die Stimmungslage in Fußball-Österreich eher pessimistisch. Thierschädl hat den Glauben an die Mannschaft jedoch nicht aufgegeben:

"Es stimmt schon, dass die Stimmung eher schlecht ist und die Kritik immer lauter wird. Ich denke jedoch, dass gerade das unser Glück und Bonus sein könnte. Wichtig wäre halt, das erste Spiel gleich mit einem Sieg zu starten. Dann ist bestimmt vieles möglich. Das Achtelfinale traue ich unserem Team schon zu, aber man muss natürlich realistisch bleiben."

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