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Alexander Gorgon: Sicherheit statt Poker

Ex-Austrianer vermisst zwar Wien, bleibt aber noch lange in Rijeka. LAOLA1-Talk:

Alexander Gorgon: Sicherheit statt Poker

Es läuft bei Alexander Gorgon – sowohl sportlich als auch privat.

Am 22. Mai sicherte sich der Wiener mit seinem Klub HNK Rijeka durch ein 3:1 im Finale gegen Meister Dinamo Zagreb den kroatischen Cuptitel.

Nur wenige Tage später verlängerte der 30-Jährige seinen auslaufenden Vertrag um gleich vier Jahre bis 2023.

Da das Beste bekanntlich zum Schluss kommt, wurde am 8. Juni auch noch kirchlich geheiratet. "Es war ein wunderschöner Tag – alles ist perfekt gelaufen", berichtet Gorgon.

Im LAOLA1-Interview spricht Gorgon über die Beweggründe für seine Vertragsverlängerung, Angebote anderer Vereine und eine mögliche Rückkehr nach Österreich:

LAOLA1: Alex, du hast einen neuen Vierjahres-Vertag bei Rijeka unterschrieben. Was hat für die Verlängerung gesprochen?

Alexander Gorgon: Hauptsächlich die Wertschätzung des Vereins, dass ich mit 30 Jahren noch einmal die Möglichkeit bekommen habe, für vier Jahre zu verlängern. Das ist im heutigen Fußball eigentlich nicht mehr so üblich. Es zeigt, dass ich wahrscheinlich sehr vieles richtig gemacht habe und man sich auf mich verlassen kann. Außerdem geht es meiner Familie in der Stadt sehr gut, die Kinder sind happy. Daher war es überhaupt keine schwierige Entscheidung, dieses Angebot anzunehmen.

LAOLA1: Gab es im Vorfeld dennoch die Überlegung, noch einmal etwas Neues auszuprobieren?

Gorgon: Natürlich ist man offen für eine Veränderung, um im letzten Drittel seiner Karriere noch etwas Neues zu sehen. Im Fußball kann auch immer etwas passieren. Vielleicht kommt tatsächlich noch einmal etwas Überraschendes. Wobei ich sagen muss, dass ich den Vertrag wohlwissend mit dem Gedanken unterschrieben habe, dass ich jetzt vier Jahre hier bleibe. Ich habe Plus/Minus abgewogen und am Ende haben mich klar die vielen Vorteile überzeugt. Rijeka ist relativ rasch an mich herangetreten und es war mir schnell klar, dass ich bleiben möchte. Wenn du dir als Ausländer beim Verein einen derartigen Status erarbeitest, dann bedeutet das etwas und das wollte ich nicht so einfach wegschmeißen.

LAOLA1: Dass du Kapitän bist, unterstreicht die große Wertschätzung, oder?

Gorgon: Ja, es ist eine große Anerkennung und Ehre, die Mannschaft als Ausländer auf den Platz führen zu dürfen. Ich denke, es gab bei Rijeka nicht so viele Ausländer, die sich so gut integriert haben. Die Schleife zu tragen macht mich daher schon sehr stolz.

"Wenn ich ein, zwei Mal im Jahr für ein paar Wochen in Wien bin, genieße ich es sehr. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich nicht mehr dorthin zurückkehre. Dort sind meine Wurzeln, dort wurde ich geboren. Es ist eine wunderschöne Stadt."

Gorgon will irgendwann nach Österreich zurück

LOALA1: Hattest du andere Angebote vorliegen?

Gorgon: Als die Gespräche mit Rijeka ins Laufen kamen, hat es noch nichts gegeben. Der Transfermarkt kommt aber erst im Juli so langsam in Schwung. Viele Vereine lassen sich immer mehr Zeit. Für mich ist es nicht in Frage gekommen, großartig zu pokern. Ich wollte fair gegenüber Rijeka sein. Beide Seiten können zufrieden sein.

LAOLA1: Du wolltest – auch in Anbetracht deiner familiären Situation – also schnell Sicherheit für deine Zukunft?

Gorgon: Ja, auf jeden Fall. Da braucht man sich nicht selbst belügen. Man denkt ganz anders, weil man eine viel größere Verantwortung gegenüber seiner Familie hat. Die Situation war diesmal anders als vor drei Jahren. Damals habe ich mir nach einer starken Saison bei der Austria einiges zugetraut, da wollte ich bis zum Ende pokern. Jetzt haben sich die Ansichten geändert. Ich bin reifer und denke rationaler. Im Nachhinein ist der Wechsel zu Rijeka perfekt für mich verlaufen – auch wenn das einige nicht so sehen werden.

LAOLA1: Läuft alles nach Plan, endet dein Vertrag ein paar Monate vor deinem 35. Geburtstag. Hast du jetzt deinen letzten Vertrag unterschreiben?

Gorgon: Das weiß ich nicht. Und ich hoffe auch nicht, dass er der letzte meiner Karriere war. Natürlich wird viel von der körperlichen Verfassung abhängig sein. Doch so lange es mein Körper zulässt, möchte ich das ausüben, was ich am meisten Liebe: Fußballspielen.

LAOLA1: Möchtest du irgendwann nach Österreich zurückkehren – und sei es nach dem Karriereende?

Gorgon: Ich merke bereits jetzt, dass es mich immer wieder nach Wien zurückzieht. Wenn ich ein, zwei Mal im Jahr für ein paar Wochen in Wien bin, genieße ich es sehr. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich nicht mehr dorthin zurückkehre. Dort sind meine Wurzeln, dort wurde ich geboren. Es ist eine wunderschöne Stadt.

LAOLA1: Kommen wir zum Sportlichen: Die Saison hat nicht unbedingt nach Wunsch begonnen, mit dem Cupsieg gab es aber ein perfektes Happy End.

Gorgon: Ja, es war zeitweise eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Wir sind gleich zu Beginn sehr überraschend in der 3. Quali-Runde der Europa League gescheitert. Danach hatten wir auch einen ordentlichen Hänger in der Liga, konnten einige Wochen kein Spiel gewinnen. Daraufhin  gab es einen Trainerwechsel. Igor Biscan hat wirklich frischen Wind gebracht. Wir haben zu Beginn seiner Ära nicht unbedingt tolle Leistungen geboten, aber über den Willen und Kampf die Spiele gewonnen. Wir sind immer besser in Fahrt gekommen und haben dann schlussendlich als Underdog das Cupfinale gegen Dinamo Zagreb gewonnen.


LAOLA1: Du hast den Trainerwechsel angesprochen: War die Mannschaft nach den Erfolgen unter Matjez Kek ein bisschen übersättigt? Oder generell gesagt: Hört man einem Trainer nach so langer Zeit im Amt bei seinen Anweisungen nicht mehr so genau zu, weil man sowieso weiß, was für Sätze kommen?

Gorgon: Vereinfacht gesagt: Ja. Es gibt aber im Fußball nur ganz wenige Ausnahmen, wo ein Trainer fünf, sechs Jahre mit einer Mannschaft arbeiten kann. Jeder Coach hat seine eigene Art und seinen eigenen Weg, um ein Team zu führen. Irgendwann ist alles ausgelutscht. Wenn es dann zu einer Krise kommt, geht es nicht mehr leicht bergauf. Daher muss in Folge meistens der Trainer gehen, denn es ist leichter ein, zwei Personen zu tauschen als eine ganze Mannschaft. Das war bei uns der Fall. Wir haben in meinem ersten Jahr in Rijeka mit dem  Double alles gewonnen – mehr geht nicht. Und vielleicht waren wir gesättigt und Kek ist nicht mehr zu uns durchgekommen. Die Folge war, dass unsere Leistung, aber vor allem die Ergebnisse nicht gestimmt haben.

LAOLA1: Für dich persönlich gab es heuer auch einige Ups and Downs, oder?

Gorgon: Ich bin Anfang April umgeknöchelt und sechs Wochen ausgefallen. Das war Schade, denn dadurch kam ich im Cupfinale nur zu einem Kurzeinsatz.

LAOLA1: Abschließend noch ein kurzer Ausblick: Dinamo Zagreb geht so wie  RB Salzburg in der Bundesliga als klarer Favorit in die neue Meisterschaft. Ist die Situation bzw. das Kräfteverhältnis in Kroatien mit jenem in Österreich zu vergleichen?

Gorgon: Ja. Es ist sehr ähnlich. Wenn du so wie wir bis auf das eine Jahr immer wieder Zweiter wirst, ist es schwer zu sagen, dass wir unter die Top drei wollen. Natürlich schielen wir auf den ersten Platz. Ob das auch so schnell gelingt, wie vor zwei Jahren, glaube ich aber nicht. Es kommt bei uns immer darauf an, wie das Team ausschaut.  Der Verein lebt von Kauf- und Verkauf. Deswegen spielt die Truppe nie allzu lange zusammen. Wenn aber einige wichtige Achsen länger zusammenbleiben, traue ich mich zu behaupten, dass wir Dinamo wieder angreifen könnten. Unser Ziel ist es, nicht zu früh zu viel Abstand auf Dinamo zu haben. Letzte Saison war es praktisch im Winter schon entschieden. Doch auch Hajduk Split und NK Osijek haben sich sehr gut verstärkt. Mit ihnen ist heuer zu rechnen.

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