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DFB-Team leidet nach Frankreich: "Kotzt mich an"

Unglücklich, Frankreich nicht besser, alles noch drin - Deutschland wehrt sich.

Für Deutschland war der Fehlstart in die EURO 2020 mit dem 0:1 gegen Frankreich (Spielbericht >>>) in Gruppe F eine Premiere.

Noch nie zuvor hat die DFB-Auswahl ein Auftaktspiel bei einer Europameisterschaft verloren, doch irgendwann ist immer das erste Mal.

Es gibt unterschiedliche Blickwinkel, wie diese Pleite zustande kam. Die einen sagen, dass Weltmeister Frankreich die vorhandene Klasse ausgespielt hat und an diesem Abend einfach zu gut für Deutschland war. Die anderen - vorrangig die Deutschen selbst - sind anderer Meinung.

"Ich würde schon sagen, dass wir nicht die schlechtere Mannschaft waren. Wir hatten die Dominanz, sind aber durch ein sehr unglückliches Tor in Rückstand gegangen. Es waren dann relativ wenige Torchancen auf beiden Seiten. Wir haben es dann verpasst, komplett ins Risiko zu gehen und hinten aufzumachen. Ein Punkt wäre aber verdient gewesen", lässt sich Bayern-Leistungsträger Joshua Kimmich nicht von seiner Meinung abbringen.

Noch emotionaler reagiert Atalanta-Bergamo-Legionär Robin Gosens, der einer der Auffälligsten auf der Außenbahn der Deutschen war: "Wie fällt mein Fazit aus? Am Ende des Tages stehen wir hier mit null Punkten, dementsprechend bin ich ein bisschen angepisst. Wir haben viel für das Spiel getan, haben unglaublich viel Aufwand betrieben, den Franzosen die Stirn geboten und teilweise deutlich mehr vom Spiel gehabt, haben uns aber leider nicht belohnt. Dementsprechend kotzt mich das ein bisschen an."

Löw: "Können es noch geradebiegen"

Bundestrainer Jogi Löw entgegnet im "ZDF" hingegen nichts darauf, als Frankreich als bessere Mannschaft bezeichnet wird.

Der nach der EM scheidende Langzeit-Teamchef will die Partie aber nicht überbewerten: "Wir haben jetzt verloren, alle sind enttäuscht, aber es ist noch nichts passiert. Wir können es in den zwei Spielen noch geradebiegen."

Vom Ergebnis her war Deutschland nicht soweit von einem Ausrufezeichen gegen Frankreich entfernt. Ausgerechnet Mats Hummels, der so wie Thomas Müller von Löw für die EURO noch einmal zurück in den Kader geholt wurde, avancierte zum Unglücksraben.

Video: Pressekonferenz von Joachim Löw:

Paul Pogba, der zum "Man of the Match" gewählt wurde, bediente Lucas Hernandez mit dem Außenrißt, der Bayern-Verteidiger brachte den Ball scharf vor die Abwehr und Hummels lenkte den Ball, mit Kylian Mbappe im Rücken, ins eigene Tor (20.).

"Kann Hummels keinen Vorwurf machen"

Löw stellt sich vor den Dortmund-Abwehrrecken, der in höchster Not nicht mehr anders handeln konnte, da Mbappe hinter ihm lauerte.

"Man kann ihm keinen Vorwurf machen, das ist irgenwie Pech. Der Ball von außen kommt sehr scharf nach innen. Wir hätten vielleicht den Einwurf besser verteidigen können, aber für Mats war es dann schwierig zu klären", erklärte der Bundestrainer.

Real-Mittelfeldmotor Toni Kroos sieht es ähnlich: "Wir haben relativ viel umgesetzt, was wir wollten. In meinen Augen haben wir ein gutes Spiel gemacht, hatten Chancen, Tore zu machen - sicher nicht weniger als die Franzosen. Ein unglückliches Tor hat das Spiel entschieden."

Auf die Frage im "ZDF", ob zwischenzeitlich defensiv der Zugriff fehlte, um die quirligen Angreifer in Schach zu halten, meinte Kroos:

"Natürlich, aber es ist ein Eigentor. Es ist eine Aktion, die man neun von zehn Mal geklärt bekommt. Dass Frankreich individuelle Klasse hat, wussten wir vorher, auch dass man die nicht 90 Minuten ausschalten kann. Ich habe wenige Konter von Frankreich gesehen. Was uns fehlte war ein Tor, wir hätten in den Räumen noch mehr machen können, um Chancen herauszuspielen."

"Müssen zeigen, dass wir auch ein Favorit sind"

Der Druck auf das DFB-Team steigt, auch auf den schon länger in der Kritik stehenden Löw.

Und trotzdem stecken die Deutschen noch nicht den Kopf in den Sand und konzentrieren sich nun auf die zwei verbleibenden Gruppenspiele gegen Portugal und Ungarn.

"Wenn du das erste Spiel von drei Gruppenspielen verlierst, ist der Druck groß, darüber brauchen wir uns nicht unterhalten", stellt Kroos unmissverständlich klar. Gosens will das letzte Quäntchen Glück, das er diesmal vermisste, wohl im nächsten Spiel zurückgewinnen.

Kimmich holt hingegen sogar zu einer Kampfansage aus: "Auf jeden Fall hat man gesehen, dass wir das Niveau haben, um mit Top-Teams mitzuhalten. Frankreich ist ein Mitfavorit. Wir müssen im nächsten Spiel zeigen, dass wir auch ein Favorit sind."

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