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Beben am Monte Schlacko: Aufbruch in eine ungewisse Zukunft?

Der DSV Leoben stellt sich neu auf. Ohne Bichler, dafür mit Janeschitz. Warum trotz dunkler Wolken bald wieder die Sonne in Donawitz scheinen soll:

Beben am Monte Schlacko: Aufbruch in eine ungewisse Zukunft?

Der DSV Leoben sorgt einmal mehr für Schlagzeilen: Obmann Mario Bichler tritt zurück, mit Thomas Janeschitz gibt es einen neuen Sportchef>>>

Schon vorab kündigte der Klub bei der Bekanntmachung der Pressekonferenz eine "Zeitenwende" an. Eine mutige Ansage, der man aber zumindest eine Menge an wortreichen Beteuerungen, Versprechen und mehr oder weniger klaren Botschaften folgen ließ.

Bei aller Veränderung will man unter neuer Führung, wie allseits betont wird, aber bei der bekannten Klub-DNA bleiben und die "Mission 2028", also die Rückkehr in die Bundesliga pünktlich zum 100-jährigen Vereinsjubiläum, unverändert fortführen.

Bichlers großer Knall

Der größte Knall war freilich der Rücktritt von Mario Bichler, der den Klub im Februar 2022 übernahm und seit Monaten aufgrund der "Paraiba-Causa" in den Schlagzeilen steht. Nach einer anonymen Anzeige nahm die Staatsanwaltschaft wegen mutmaßlichen Anlagebetrugs Erhebungen vor. Bichler bestritt die Vorwürfe stets, es gilt die Unschuldsvermutung.

Dass er aktiv im Klub mithilft, "war nie vorgesehen", betont Bichler. "Ich wollte hier definitiv in einer anderen Form, aus der Distanz etwas ermöglichen", fährt er fort. Dennoch blickt er mit Stolz auf eine "wunderschöne" Zeit zurück: "Damals hatten wir in der Landesliga acht Punkte Rückstand auf Voitsberg. Das Ergebnis Stand heute ist, dass wir in der zweiten Liga Österreichs auf Tabellenplatz drei liegen und im ÖFB-Cup-Halbfinale gestanden sind."

"Das hat alles zerstört. In mir, in den Leuten hier vor Ort. Die Region, die Stadt Leoben, die Politik, die Sponsoren, alle miteinander haben das große Unbekannte jeden Tag nur aus der Zeitung gehört."

Mario Bichler

Über Bichlers Amtszeit liegt aufgrund er "Paraiba-Causa" dennoch ein Schatten. Aus seiner Sicht zu Unrecht. "Diese bis vor Kurzem noch anonyme Anzeige hat hier in der Region eine Lawine losgelöst", schildert er und beklagt eine "einseitige Berichterstattung".

"Das hat alles zerstört. In mir, in den Leuten hier vor Ort. Die Region, die Stadt Leoben, die Politik, die Sponsoren, alle miteinander haben das große Unbekannte jeden Tag nur aus der Zeitung gehört", verteidigt sich der nunmehrige Ex-Obmann.

Im Februar habe man zudem die Bestätigung erhalten, dass es "gegen den Verein nichts gibt", betont er. Damit spielt Bichler wohl auf ein Gutachten an, dass "die finanziellen Transaktionen vollkommen rechtmäßig und ohne Bedenken bezüglich Geldwäscherei sind. Diese Dokumentation bekräftigt die Integrität aller beteiligten Parteien" (Hier nachlesen>>>).

Bichler: Darum muss Leoben um die Zulassung kämpfen

Das habe aus seiner Sicht in weiterer Folge zu den Querelen um die auch in zweiter Instanz verweigerte Zulassung geführt. "Genau diese Auflagen wurden uns im Dezember vom Senat 5 auferlegt, sodass wir heute um den Verbleib in der 2. Liga kämpfen müssen. Das Ganze hat mit Fußball nichts mehr zu tun", beklagt der 37-Jährige.

Die Situation sei "unglaublich und menschlich für mich nicht mehr tragbar", weshalb er nun die Konsequenz zieht und zurücktritt.

(Text wird unterhalb des Videos fortgesetzt)

"Es ist vorbei"

Ein Schritt, der dem sichtlich emotionalen Bichler nicht leicht fällt. "Ich habe dem Verein drei Jahre lang alles untergeordnet, habe hier drei Jahre lange ehrenamtlich gearbeitet. Ich musste in Zeitungen lesen, dass ich oder meine Kollegen hier Geschäftsführer-Löhne beziehen. Solche absurden Sachen mussten wir von uns lesen. Unsere Familien haben darunter gelitten", so Bichler.

Deshalb sei für ihn der Punkt gekommen, "wo ich sage: Ich bin am Ende. Es ist vorbei."

Stichwort Zulassung: Auch dazu nahmen die Verantwortlichen ausführlich Stellung. Klub-Anwalt Wolfgang Rebernig, der auch schon den SV Stripfing bei seinem Kampf um die letztinstanzliche Zulassung im Vorjahr vertrat, betont, dass der Verein alles gemacht habe, um "rechtzeitig alle Voraussetzungen zu schaffen".

Klub-Anwalt Rebernig (hier mit Tochter Fiona) kämpft für die Donawitzer um die Zulassung
Foto: © GEPA

Die Klage beim Schiedsgericht sei fristgerecht erfolgt. Diese habe einen Umfang von 20 Seiten "plus noch einmal 40 Seiten an Beilagen. Wir haben wirklich versucht, alles in die Waagschale zu werfen, um diese Zulassung zu erhalten".

Rebernig, das Gericht und der liebe Gott

Prognose wolle er aber keine abgeben. Bei Gericht und auf hoher See, so Rebernig, sei man "vom lieben Gott abhängig". Klar sei nur: "Die Entscheidung pickt dann. Schwarz oder weiß. Wir können nur gewinnen oder verlieren. Gewinnen heißt, dass wir die Zulassung erhalten, verlieren heißt, dass wir die Zulassung nicht bekommen."

Deshalb müsse man damit rechnen, "dass wir in der nächsten Saison in der Regionalliga spielen", stellt er klar. Er wünsche sich aber, "dass der DSV Leoben in der 2. Liga bleibt. Dafür kämpfe ich, bis zum Schluss", meint er entschlossen. 

Diesen Kampf wird Rebernig künftig an der Seite eines neuen Obmanns ausfechten. Dieser hört auf den Namen Sascha Gulevski. Der 51-jährige Deutsche ist in Österreich aber kein unbeschriebenes Blatt.

Leobens Neo-Obmann Sascha Gulevski
Foto: © GEPA

Gulevski war im Frühjahr 2019 bereits als Sportlicher Leiter bei Austria Klagenfurt aktiv und werkte danach als Spielerberater für die Agentur "BYND 24/7". Man sei schon seit dem Winter in Kontakt, wie er durchblicken lässt.

"Wir haben den Verein hier kennenlernen dürfen, mit den handelnden Personen. Heute muss ich ganz klar sagen: Das, was heute hier stattfindet, ist für mich persönlich auch eine emotionale Geschichte", schildert er.

Gulevski will "das Rad nicht neu erfinden"

Die Lage sei ihm bewusst. Er kenne die Themen und den Verein und wisse, worauf er sich einlasse. Er habe dann auch ganz klar zugesagt. Sein Ziel sei es, "die DNA, für die der Klub steht, ganz klar weiterentwickeln" und "das Rad nicht neu zu erfinden".

Weniger emotional, dafür umso wortkarger, gab sich Thomas Janeschitz, der fortan als Geschäftsführer Sport und Sportdirektor agieren wird. Der frühere ÖFB-Co-Trainer von Marcel Koller übernimmt damit die Agenden von Christoph Freitag, der kurz nach dem überraschenden Abgang von Rene Poms das Weite suchte.

Auch er sei, wie Gulevski, bereits seit Winter mit dem DSV in Kontakt gestanden. Er habe "sehr, sehr gute Gespräche mit den verantwortlichen Personen geführt". Dennoch dauerte es bis Anfang Mai, bis ein Vertrag unterschrieben werden konnte.

"Gut Ding braucht Weile", meint Janeschitz lapidar. "Ich glaube, dass der Zeitpunkt auch ein sehr wichtiger und guter ist, um auch Signale zu setzen", sieht er darin auch Vorteile.

Er wolle den DSV Leoben auf seinem ambitionierten Weg "begleiten und noch mehr Professionalisierung reinbringen". Die Mission 2028 sei "für beide Seiten ein gutes Ding".

Jancker hat noch nicht fertig

Damit wird aus dem Trainerkollegen Janeschitz künftig wohl rein hierarchisch der Vorgesetzte von Trainer-Rückkehrer Carsten Jancker. Dessen Vertrag wird nämlich verlängert, wie die Verantwortlichen verkünden. Auch Jancker selbst stellte einmal mehr klar, dass er "in Leoben noch nicht fertig" sei.

Der neue Kontrakt gilt für die kommende Saison plus Option auf eine weitere. Und dies auch unabhängig von der Liga, in der Leoben künftig spielen wird. Fest steht, dass man auch bei einem Abstieg in die Regionalliga den Profibetrieb aufrechterhalten will, wie verkündet wurde.

Dann soll auch Trikotsponsor TGI noch an der Seite des Klubs sein. Auch deren Vertreter Helmut Kaltenegger sicherte seine ligaunabhängige Unterstützung weiterhin zu.

Kaltenegger bezieht Stellung zu Vorwürfen

Er sah sich jüngst mit Vorwürfen konfrontiert, wonach er und zwei weitere Personen seit Juli 2018 einen Schaden von insgesamt 34,6 Millionen Euro verursacht haben sollen. In einem Bericht von "DATUM" wird von 21.000 Geschädigten geschrieben (Hier nachlesen>>>).

"In einigen Monaten werden wir das klarstellen. Wir haben keine Geschädigten und werden keine haben."

Helmut Kaltenegger

Auch dazu nahm Kaltenegger Stellung: "Niemand kann es nachvollziehen, wie solche Summen überhaupt auf den Tisch kommen", gibt er sich verwundert. Vielmehr sei er in Besitz eines Gutachtens, aus dem hervorgehe, dass die Vorwürfe "an den Haaren herbeigezogen" seien.

"In einigen Monaten werden wir das klarstellen. Wir haben keine Geschädigten und werden keine haben", meint er zuversichtlich.

Die Zukunft des DSV Leoben ist aus Sicht der Verantwortlichen also ebenso geklärt, wie gesichert. In welcher Liga diese liegt, wird sich zeigen - und ebenso, ob nach dem Beben endlich Ruhe am Monte Schlacko einkehrt.



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