news

"Finanzchef" Ortlieb sieht sich als Teamplayer

"Finanzchef" Patrick Ortlieb im Interview über seine Aufgaben im ÖSV.

Foto: © GEPA

29 Jahre nach seinem Olympiasieg in der Abfahrt in Val d'Isere ist Patrick Ortlieb in einer der höchsten Positionen des Österreichischen Skiverbandes (ÖSV) angekommen. Als Finanzreferent ist der 54-jährige Vorarlberger quasi Herr über das Geld im ÖSV, zudem ist er auch für den Alpin-Rennsport zuständig.

Der OK-Chef des Weltcups in Lech/Zürs sieht sich aber als Teamplayer in der neuen Führungscrew mit Präsidentin Roswitha Stadlober (Bildmitte) und Generalsekretär Christian Scherer (li.), wie er im APA-Interview betont.

Frage: Nach monatelangen Turbulenzen ist im ÖSV nach der Präsidenten-Neuwahl wieder Ruhe eingekehrt. Stimmt der Eindruck?

Patrick Ortlieb: "Stimmt. Die Verbandsarbeit hat aber auch nie gelitten. Es ist halt viel, auch medial, nicht glücklich gespielt worden. Es waren Kräfte im Hintergrund, die meinten, man kann das beeinflussen. Das Gehabe hat von der Politik ein wenig abgefärbt. Ich habe mich da stets herausgehalten. Es geht ja nicht um Macht, sondern dass wir Dienstleister unserer Athleten sind. Ich mache es aus Überzeugung und gerne und für die Sache. Aber sicher nicht, um ins Rampenlicht zu kommen."

Frage: Ihre Position als Finanzreferent ist die, um die es bei dem ganzen Wirbel auch sehr stark gegangen ist. Wer das Geld hat, schafft an. Ist dem so?

Ortlieb: "Man muss den Verband und die ÖSV-Gruppe mit ihren Kapitalgesellschaften trennen. Der Verband macht den Sport, die Kapitalgesellschaft ist da, um das Geld aufzutreiben, damit der Verband den Sport machen kann, wie es sich gehört und wie es die Statuten vorgeben."

Frage: Wie soll es in Zukunft laufen?

Ortlieb: "Solange es ehrenamtlich läuft, ist das mit einer Person auf Dauer nicht mehr führbar. Wir müssen eine massive Struktur-Änderung herbeiführen, die irgendwann sicher auch kommen wird. Dafür gibt es auch schon einen Zeitplan."

Frage: Von einer Zeitung wurden Sie sogar als "Schattenkanzler" im ÖSV bezeichnet. Was denken sie darüber?

Ortlieb (lacht): "Das bin ich sicher nicht. Wir haben es super aufgeteilt, noch unter Karl Schmidhofer die Zuständigkeiten verteilt. Jeder hat klare Aufgaben. Mir wurde auch das Alpin-Ressort zugeteilt. Roswitha Stadlober vertritt als Präsidentin den Verband nach außen hin. Ich bin Finanzreferent plus in ausgelagerten Gesellschaften Geschäftsführer, Roswitha ist in einigen auch zeichnungsberechtigt. Ich bin aber ein absoluter Teamplayer."

Wir schwimmen nicht im Geld. Aber das ist auch nicht die Aufgabe des ÖSV, wir sind ja kein Sparverein.

Patrick Ortlieb über die finanzielle Situation des ÖSV

Frage: Wie würden sie den finanziellen Status des ÖSV darstellen?

Ortlieb: "Das Budget für den kommenden Winter wurde noch unter Karl Schmidhofer abgesegnet. Es ist das höchste, das es je gegeben hat. Wir haben einen Olympia-Winter vor uns. Es ist ein bestens aufgestellter Verband. Alle Rechte, alle Verträge sind pikobello sauber. Wenn man sowas übernehmen kann, macht es eine richtige Freude, zu arbeiten. Wir schwimmen nicht im Geld. Aber das ist auch nicht die Aufgabe des ÖSV, wir sind ja kein Sparverein. Alleine für den Rennlauf wurde ein Sportbudget von knapp 35 Millionen Euro verabschiedet. Dazu kommen die ganzen Veranstaltungen. Dort müssen wir die Umsätze machen, um die notwendigen Millionen zu verdienen. Das Gesamtbudget hat eine Schwankungsbreite von 65 bis 75 Millionen."

Frage: Hat Covid große Löcher ins Budget gerissen?

Ortlieb: "Letztes Jahr war wegen diesbezüglicher Maßnahmen, Tests und medizinischer Betreuung sehr kostenintensiv. Wir hatten 860.000 Euro Mehraufwand. Derzeit ist es nicht mehr ganz so hoch angesetzt. Wir wissen aber natürlich nicht, wie es mit den Verordnungen weitergeht."

Frage: Was wartet auf Sie als Zuständiger für das Alpin-Ressort?

Ortlieb: Toni Giger ist der Verantwortliche für den Sport insgesamt, zusammen mit Patrick Riml im Hochleistungssport alpin. Sie brauchen nach oben einen Ansprechpartner, was das Geld betrifft. Ich hoffe, dass es mich nicht brauchen wird. Aber wenn es notwendig ist, bin ich ihr Ansprechpartner."

Frage: Als ehemaliger und sehr erfolgreicher Rennläufer haben Sie sicher auch sportliche Ziele, oder?

Ortlieb: "Natürlich. Den Nationencup hat man als Verband als oberste Priorität zu haben. Dazu natürlich Olympia, also die zehn plus Medaillen, die Roswitha schon ausgesprochen hat. Sie hat Medaillen mit reingerechnet, die wir vielleicht anfangs noch nicht so am Radar hatten. Es ist aber absolut realistisch und sicher machbar."

Frage: Was bringt die Zukunft für den Verband?

Ortlieb: "Wir haben bis Olympia keine Personal-Diskussion. Dann werden wir uns mittelfristig aufstellen für unser nächstes großes Ziel, die Heim-WM in Saalbach. Die ist in unserem Fokus. Es soll nicht nur organisatorisch die beste WM werden sondern auch sportlich. Nämlich dahingehend, dass wir in jeder Disziplin um eine Medaille fahren können. So sollten wir 2025 aufgestellt sein. Dem sollte alles untergeordnet sein. Die Heim-WM ist im Fokus allen Handelns."

Frage: Die FIS peilt unter Neo-Präsident Johan Eliasch u.a. eine zentrale Vermarktung an. Der ÖSV war unter Schröcksnadel jahrzehntelang dagegen. Und jetzt?

Ortlieb: "Wir haben uns darauf geeinigt, dass wir als größter und erfolgreichster Verband die ersten Verhandlungspartner sind. Man muss offen sein für Veränderungen, deshalb ist Eliasch ja gewählt worden. Die FIS ist auch nicht mehr ganz up to date. Der Amtsantritt von Gian Franco Kasper war schon keine Erneuerung. Der Mensch ist so, dass er manche Dinge gerne manchmal einfach weiterlaufen lässt. Johan ist angetreten, um Schwung rein zu bringen. Ich kenne ihn seit 25 Jahren bestens. Er ist super vernetzt."

Frage: Was heißt das beim ÖSV hinsichtlich künftiger Weitergabe der Rechte?

Ortlieb: "Peter Schröcksnadel hat uns immer gelehrt, dass die Rechte das höchste Gut sind, das wir haben. Ich bin auch dieser Meinung. Aber ob ich sie einer IMG, Infront oder EBU oder der FIS-Marketing gebe: deshalb kann ich sie ja trotzdem behalten, gebe sie nur für die Nutzung weiter. Der Weltcup gehört der FIS. Die FIS ist der Zusammenschuss der Verbände wie der ÖSV der Zusammenschluss der Landesverbände ist."

 

(Text wird unterhalb des Videos fortgesetzt)



Frage: Aber die Rechte sind doch schon auf Jahre hinaus vergeben, oder?

Ortlieb: "Natürlich gibt es bestehende Verträge. Das muss ausgelotet werden. Es ist aber alles komplett offen und nicht auf Konfrontation ausgerichtet sondern darauf, die gemeinsam beste Lösung zu finden. Wir haben dafür die Garantie eines Eliasch und Schröcksnadel als handelnde Personen. Ich habe keine Angst vor einer Schlechterstellung. Im Gegenteil, es wird sicher noch besser werden. Aber ja, der Prozess wird Jahre dauern. Je früher man den Prozess startet, desto besser."

Frage: Insgesamt ist Eliasch für Sie also der richtige neue Mann an der FIS-Spitze?

Ortlieb: "Es geht dem Johan nicht nur um wirtschaftlichen Ertrag, damit die FIS im Geld schwimmt wie die UEFA oder die FIFA. Es geht ihm vor allem darum, dass die Athleten eine Besserstellung kriegen und die Schere zwischen Spitzenverdienern und anderen nicht weiter aufgeht. Dass sich die also die Preisgeld-Situation ändert und kleinere Nationen durch höhere Budgets zu besseren Trainingsmöglichkeiten kommen. Das macht das ganze Produkt besser."

Frage: Sie sind auch OK-Chef beim Weltcup in Lech/Zürs. Ist das insgesamt eine Art Homecoming für Sie?

Ortlieb: "Nein. Ich bin ja seit ewig involviert, war neun Jahre Präsident im Landesskiverband und so weiter. Skifahren war immer mein Leben - und zwar in allen Facetten. Auch im örtlichen Skiclub oder im Ski-Pool. Ich habe also relativ viel hausinternes Wissen. Aber es kann nie einer alles wissen. Gut also, dass mehrere wissen, wie es geht. Damit es weitergeht, wenn einer ausfällt."

Kommentare