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'Hoffen auf ein Leben auf beiden Beinen'

ÖSV-Adler nach Müller-Sturz geschockt. Der Fokus gilt aber den eigenen Sprüngen:

'Hoffen auf ein Leben auf beiden Beinen'

Die Nachricht vom schweren Sturz von Lukas Müller war ein Schock.

Der Kärntner zog sich eine Fraktur der unteren Halswirbelsäule zu und wird weiterhin im Universitätsklinikum Graz behandelt.

Zeitgleich findet die Skiflug-Weltmeisterschaft am Kulm ihre Fortsetzung.

Ein schmaler Grat vor allem für die österreichischen Adler, die Müller allesamt kennen und teilweise gut mit ihm befreundet sind.

Die Situation ist schwierig: Auf der einen Seite ist das Mitgefühl für den gestürzten Kollegen groß, auf der anderen muss der Fokus den Wettkämpfen von Freitag bis Sonntag gelten. So gehen die Österreicher damit um:

MANUEL POPPINGER

Der Tiroler gilt als starker Flieger und segelte in der Obersteiermark bereits unter die Top-10. „Das Gefühl, hier zu springen, ist geil. Man spürt ein Herzflattern“, erklärt er. Der Sturz von Müller stimmt ihn nachdenklich, „es nagt an einem“. Zugleich sei es aber notwendig, die Gedanken auf sich selbst zu richten und die Kräfte zu bündeln. „Du musst eiskalt sein. Du musst davon ausgehen, dass es dir nicht passiert.“ Eine mentale Stärke sei dabei unabdingbar, je mehr man im Kopf abgelenkt sei, desto schlechter werde die Leistung.

MANUEL FETTNER

Mit 30 Jahren ist er der große Routinier im ÖSV-Team bei der Heim-WM am Kulm. Die Skifliegerei stellt für ihn trotzdem immer wieder aufs Neue eine riesige Herausforderung dar. In diesem Jahr besonders, weil er mit einem Schuh springt, der auf Flugschanzen noch unerprobt war. „Der erste Flug einer Saison bedeutet immer ein mulmiges Gefühl“, gesteht er. Erst recht nach dem schweren Unfall Müllers. „Es ist einfach beschissen“, spricht er Klartext, auch wenn jeder wisse, welches Risiko er eingeht. Gerade in den ersten Flügen nach so einem Sturz ist es „schwierig, das rauszukriegen. Mit den Gedanken sind wir alle bei ihm und hoffen, dass er sein weiteres Leben auf beiden Beinen bestreiten kann.“

STEFAN KRAFT

Der Salzburger wurde im Vorjahr Zweiter am Kulm und freut sich schon auf den Wettkampf. „Ich weiß einfach, dass ich das Ganze hier am Kulm gut beherrsche.“ Die Anlage selbst ist „echt genial geworden“, die Form stimmt ebenfalls. Der Sturz von Müller regt ihn natürlich zum Nachdenken an. Als er die Nachricht erfuhr, „stellte es mir die Ganslhaut auf. Es ist grausig“, findet auch Kraft klare Worte. Der Tournee-Vorjahressieger trainiert mit dem Kärntner regelmäßig in Rif, „er ist ein guter Freund“. Dennoch bleibt ihm nichts anderes übrig, als seinen Rhythmus zu finden, sich Musik anzuhören und sich auf die eigene Leistung zu konzentrieren. „Alles andere muss raus aus dem Kopf!“

MICHAEL HAYBÖCK

Auch der Oberösterreicher, im Weltcup bestplatzierte ÖSV-Adler, schwärmt von den Adaptierungen und der tollen Spur („Man fährt runter wie auf Schienen“). Speziell der erste Trainingsflug auf 216 Meter (Platz drei) gibt Auftrieb, zumal er zu den schnellsten im Anlauf zählte. „Wenn einer von uns den Topspeed hat, zahlen wir eine Runde“, heizt er die Serviceleute zusätzlich an. Hayböck verfolgte vor nunmehr 20 Jahren auf den Schultern seines Vaters Andreas Goldbergers Flug zu Gold, nun hofft er, selbst reüssieren zu können. Um das umsetzen zu können, muss er Müllers Sturz „ausblenden, was ich bisher ganz gut geschafft  habe. An der Schanze hatte ich keinen Gedanken daran, weil es falsch wäre.“ Man dürfe sich nicht den Kopf zerbrechen das hemme nur. „Sicher ist es im ersten Moment ein Schock, das wünscht man keinem.“ Wenn jedoch die Ampel auf Grün umschaltet und Cheftrainer Heinz Kuttin das Freizeichen gibt, „habe ich es selbst in der Hand.“

Christoph Nister

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