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Neuper: Flutlicht-Skifliegen am Kulm möglich

"Mr. Kulm" Hubert Neuper macht weiter und zieht eine "gigantische" WM-Bilanz:

Neuper: Flutlicht-Skifliegen am Kulm möglich

Hubert Neuper atmet nach der Skiflug-WM am Kulm tief durch und zieht zufrieden Bilanz.

"Es ist herrlich und gigantisch, mit so einer Mannschaft zu arbeiten", gilt der große Dank den 1.500 Helfern, die für eine reibungslose Abwicklung der Titelkämpfe in der Obersteiermark sorgten und die WM zu einem Volksfest werden ließen.

Im Vergleich zu den letzten beiden Jahren sieht er einen deutlich Schritt nach vorne. "Wir haben alles mit hoher Qualität gemacht."

Neuper: Routine ist der Tod der Qualität

2014 und 2015 sei man zwar auch engagiert gewesen, man habe die Arbeit allerdings "routiniert" abgespult. Das musste geändert werden, denn "die Routine ist der Tod der Qualität", wie Neuper es ausdrückt.

Man nahm zuletzt in Kauf, dass die Springer durch den Dreck gehen mussten, "das war inakzeptabel." In diesem Jahr gab es deutliche Fortschritte, gröbere Zwischenfälle blieben aus, Fans und Athleten traten zufrieden die Heimreisen an.

Müllers Sturz nimmt "Mr. Kulm" mit

Die Freude über den tollen Skiflug-Event rückt aber auch in Neupers Bilanz schnell nach hinten, als der schwere Sturz von Lukas Müller thematisiert wird. Menschlich sei das sehr schwierig zu verstehen, meint "Mr. Kulm", der bereits zum elften Mal federführend war.

"Wir leiden alle mit, es ist fast nicht auszuhalten", gilt sein Mitgefühl dem 23-jährigen Kärntner, bei dem eine "inkomplette Querschnittslähmung" diagnostiziert wurde. Genau das macht Neuper allerdings Hoffnung.

Schröcksnadel und Neuper wollen helfen

Sein Vater war selbst nach einem Unfall gelähmt, bei seinen Besuchen im Rehazentrum kam er daher mit zahlreichen Patienten in Kontakt und weiß, dass das entscheidende Wörtchen in diesem Zusammenhang "inkomplett" lautet. Dadurch gebe es Hoffnung, dass Müller eines Tages wieder gehen kann.

Bis es soweit sein könnte, benötigt der Ex-Junioren-Weltmeister allerdings Unterstützung, moralisch und wirtschaftlich. Bei der "Winner's Party" im Rahmen der WM kamen 25.000 Euro zusammen. Auch ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel sagte Müller seine Hilfe zu. "Wir wollen es aber gar nicht präsentieren, wir machen das einfach", sieht sich Neuper in der Pflicht.

Prevc und Kasai sorgen für große Emotionen 

Jene in puncto Ticketverkauf wurde erfüllt. Zwar wurde vor WM-Beginn die Traummarke von 100.000 Fans mehrfach ins Auge gefasst, das war aber mehr Wunschtraum als Realität. Neuper klärt auf: "Maximal 25.000 dürfen pro Tag rein." Grund dafür sind die immer strenger werdenden Sicherheitsauflagen.

"Möglicherweise sind sie übertrieben, andererseits wurde alles professioneller", weint der Kulm-Chef den Zeiten, als 100.000 Fans Andreas Goldberger bei der WM 1996 zum Titel brüllten, nur bedingt nach.

Die Springer selbst bezeichnet er als "Helden". Sichtlich gerührt erklärt er, dass ihm bei den Super-Weiten eines Noriaki Kasai (240 Meter) oder Peter Prevc (243 und 244 Meter) bewusst wurde, was in den letzten Monaten geleistet wurde, um das möglich zu machen. "Du kennst diese grüne Wiese und dann siehst du dieses Fahnenmeer", schwärmt er. Für seine Emotionalität schämt er sich nicht. Neuper, der vor einigen Jahren an Burnout litt, stellt klar: "Es ist keine Schande, zu plärren."

Weltrekord am Kulm möglich, aber ...

Der Weltrekord des Norwegers Anders Fannemel, aktuell bei 251,5 Metern, blieb zwar unangetastet, ist für den Hausherren aber auch am Kulm vorstellbar. Voraussetzung dafür sind optimale Bedingungen, wie sie im Vorjahr in Vikersund herrschten. Bedeutet: Am Schanzentisch sollte Windstille herrschen, die Flugkurve des Athleten müsste sehr flach verlaufen und im letzten Flugdrittel ist Aufwind von Nöten.

Nur wenn all diese Faktoren zusammenspielen, könnte Fannemels Marke geknackt werden. Die Größe der Anlage sei nicht das Problem. "Die ist gleich wie in Vikersund und Planica", hält Neuper fest.

Flutlicht-Skifliegen ist ein Thema

Für die Zukunft hält der Steirer ein Kulm-Novum für möglich: Ein Flutlicht-Skifliegen wäre auch im Interesse des Experten. "Wir haben schon mal darüber nachgedacht", erklärt er, um sofort einzuschränken: "Wir können es uns nicht leisten, denn wir sind an (finanzielle) Grenzen gekommen."

Wenn allerdings Verband, Bund und Land hinter dem Projekt stehen und bei der Finanzierung helfen würden, könnte man gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Am Abend wären die Zuschauerzahlen vor dem TV noch höher, zugleich wäre das Zeitfenster für eine Übertragung deutlich größer. Aktuell kann man aufgrund der eintretenden  Dämmerung nur bis kurz nach 16 Uhr fliegen, ehe es zu gefährlich wird.

Auch im kommenden Jahr ist der Kulm Teil des FIS-Kalenders, bekommt aber mit März einen neuen Termin. "Das war früher immer der Traditionstermin", hat der Hausherr nichts dagegen und wünscht sich "ein Frühlingsfest".

Bettler Neuper: Appell an die Politik

Abschließend erklärt er, aufgrund der vielen negativen Begleiterscheinungen und immer höher werdenden Hürden Konsequenzen ziehen zu müssen. "Normal müsste man aufgeben", stellt er klar und sieht sich als "Bettler". Werden etwa 150 Zaunstipfel gebraucht, sucht er zumindest zehn Sägewerke auf und bitte diese um Mithilfe.

Das macht er aber gerne, weshalb er sagt: "Das muss man aushalten, Flucht ist schlecht." Mehr Entgegenkommen der Politik sei dennoch wünschenswert, denn ein TV-Marktanteil von 56 Prozent und Millionen TV-Kontakte seien beste Werbung. Neuper setzt sich einmal mehr für Steuerbefreiung einzelner Events ein. Die WM brachte rund eine Million Euro an Steuerleistung ein.

Trotz aller Probleme blickt er bereits in die Zukunft und verspricht: "Ich mache weiter."

Christoph Nister

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