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Ski-WM: Der Tiroler, der für Bolivien startet

LAOLA1 erzählt die verrückte Story des Tirolers, der bei der Ski-WM für Bolivien fährt:

Ski-WM: Der Tiroler, der für Bolivien startet

Wenn im TV längst die 732. Wiederholung von "Echt Fett" läuft und sich LAOLA1-User beschweren, dass es "schon noch sehr früh" ist, die News mit dem Rennergebnis zu veröffentlichen, schlägt bei Ski-Rennen ihre Stunde: Die Exoten starten.

Mit hohen Startnummern wagen sie sich die Piste hinunter, der Durchschnitts-Zuseher bekommt davon aber nicht viel mit. Doch bei Ski-Weltmeisterschaften rücken jene Damen und Herren stets etwas mehr in den Fokus.

Einer mit einer ganz besonderen Vorgeschichte ist Simon Breitfuss Kammerlander. Der 24-Jährige startet für Bolvien, ist aber eigentlich in Tirol geboren. LAOLA1 hat den jungen Mann in St. Moritz getroffen und erzählt seine verrückte Story.

Auf Anhieb in Südamerika verliebt

Im Alter von acht Jahren reiste Breitfuss Kammerlander erstmals nach Südamerika. Sein Vater arbeitete dort als Ski-Trainer und nahm seinen Sohn in den Sommerferien mit.

Und dem gefiel es dort auf Anhieb sehr gut. "Schon damals habe ich mich in Südamerika verliebt", sagt der Pitztaler. So kam es, dass Breitfuss Kammerlander jedes Jahr in den Sommerferien nach Südamerika reiste.

Doch wie kam es dazu, dass er Ski-Rennen für Bolivien bestreitet? Durch einen schier unglaublichen Zufall.

Der unglaubliche Zufall

"Eigentlich wollte ich eine Südamerika-Tour machen", erzählt der Wahl-Bolivianer. "Dann habe ich das Angebot zu einem Sport-Studium in Bolvien erhalten."

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(Artikel wird unterhalb fortgesetzt)

Ihm war schnell klar, dass er dies annehmen würde. Doch auch bei diesem Vorhaben sollte es nicht bleiben. Bei einem Volksfest in La Paz kam er mit einigen Leuten ins Gespräch, wobei sich später herausstellte, dass einer der Unbekannten Angestellter des bolivianischen Skiverbandes war.

Breitfuss Kammerlander bekundete Interesse, für Bolivien anzutreten. Ganz so einfach war es dann aber doch nicht.

"Die härteste Zeit"

Zwischen dem Entschluss und dem Aushändigen des Reisepasses vergingen sechs Jahre. Zuerst musste der Sport-Freak drei Jahre am Stück in Bolivien verbringen. Ohne Ausreise, ohne Besuch in Österreich. Ganz alleine, ohne Familie.

"Das war brutal zach. Wahrscheinlich die härteste Zeit bis jetzt", blickt er zurück. Doch Breitfuss Kammerlander zog es durch - das ist sein Lebens-Motto. "Wir haben das als Familie besprochen und gesagt, wir tun es. Das ist mein Ding. Entweder ich mache etwas mit hundert Prozent oder ich lasse es gleich bleiben."

Danach vergingen drei weitere Jahre, bis er endlich den Pass in Händen hatte. In dieser Zeit konnte der Tiroler keine Rennen bestreiten - weder in Bolivien, noch in Österreich. Nach insgesamt sechs Jahren war es aber endlich so weit und er erhielt seinen bolivianischen Pass.

Das größte Problem

Seit knapp eineinhalb Jahren tingelt er nun gemeinsam mit seinem Vater, der gleichzeitig sein Trainer ist, durch Europa. FIS-Rennen, Europacup, Weltcup, WM. Immer in einem Wohnmobil, um Hotelkosten zu sparen.

Denn die hohen Kosten sind aktuell das größte Problem. Zwar gebe es Unterstützung vom bolivianischen Verband ("fast täglich in Telefon-Kontakt") bzw. vom IOC - bis das Geld aber tatsächlich ankommt, könnte noch viel Zeit vergehen.

"Momentan machen wir alles mit dem Budget der Familie", sagt Breitfuss Kammerlander und fügt an: "Das geht nun aber langsam zu Ende." Verständlich, ist das Minus pro Saison doch in einem hohen fünfstelligen Bereich anzusiedeln.

"Daran denke ich jeden Tag. Diese Belastung bekommst du nicht aus dem Kopf", spricht er offen über die angespannte finanzielle Situation. Dennoch will er sein Ding durchziehen.

"Top 30 sind realistisch"

Dass es ihm ernst ist, beweist folgender Fakt: Während dem Gespräch sitzt sein Bruder im Wohnmobil und tüftelt an den Ski-Schuhen, Vater Rainer werkt an den Ski. Es bleibt nichts unversucht, um den Abstand zur Weltspitze zu verringern.

Was müsste also passieren, dass Sponsoren auf Breitfuss Kammerlander aufmerksam werden? "Dazu müsste ich wohl in die Top 30 kommen", so seine Einschätzung. Ein Ziel, das er selbst für realitisch hält - auch wenn er bislang immer fünf bis zehn Sekunden auf die Weltcup-Konkurrenz verliert.

"Das Budget der Familie geht langen zu Ende. Daran denke ich jeden Tag. Diese Belastung bekommst du nicht aus dem Kopf."

"Wenn ich es einmal ohne Fehler ins Ziel bringe, dann kann das funktionieren", ist er von sich selbst überzeugt. Bei der WM belegte er im Super-G unter den 51 Läufern, die ins Ziel kamen, Rang 46. Mehr traut er sich aber in seinem Lieblingsdisziplinen Slalom und Riesentorlauf zu.

Andere Beispiele machen Hoffnung

Hoffnung machen auch andere Beispiele. Etwa der Brite Dave Ryding, der bis zu seinem 12. Lebensjahr nur auf Matten trainierte und in diesem Jahr im Hahnenkamm-Slalom Platz zwei belegte.

"Oder auch Aleksandr Khoroshilov. Er fuhr lange Zeit irgendwo herum, keiner kannte ihn. Plötzlich hat er mit 30 Jahren den Durchbruch geschafft", merkt Breitfuss Kammerlander an.

Bei den Olympischen Spielen 2018 ist der 24-Jährige gesetzt, da Bolivien einen Fixplatz hat. Das Olympische Motto "Dabei sein ist alles" trifft aber nicht auf ihn zu. Denn Simon Breitfuss Kammerlander will mehr als nur dabei sein.

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