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Mischt ÖSV den Dreikampf im Gesamtweltcup auf?

Corona sorgt für Extra-Spannung im Gesamtweltcup. Das sind die Top-Kandidaten:

Mischt ÖSV den Dreikampf im Gesamtweltcup auf? Foto: © GEPA

Das große Thema vor dem Beginn der neuen Weltcup-Saison ist – wie soll es auch anders sein – das  Coronavirus und seine Auswirkungen.

Auch der Ski-Zirkus bleibt von der Pandemie nicht verschont und muss Abstriche machen. Was übrig bleibt sind "pure Skirennen", wie FIS-Renndirektor Markus Waldner im LAOLA1-Interview sagt.

Doch wer sind in diesem Winter die Favoriten, wenn es um Hundertstel und Tausendstel, um Punkte und letztlich um den Sieg im Gesamtweltcup geht? 

Während bei den Damen trotz aller Umstände Mikaela Shiffrin wieder die große Gejagte von Vorjahres-Siegerin Federica Brignone, Petra Vlhova & Co. sein wird, ist der Favoritenkreis bei den Herren etwas größer.

Für zusätzliche Spannung sorgen die Rahmenbedingungen: Aufgrund der Corona-Pandemie wurde der Rennkalender stark verändert. Bei den Herren sind 39 Rennen geplant, davon 16 Speed-Events (9 Abfahrten, 7 Super-G) und 22 Technik-Rennen (11 Slaloms, 10 RTL, 1 Parallel-RTL). Die Alpine Kombination wurde komplett aus dem Kalender gestrichen. Kalender 2020/21 >>>

Setzt sich wieder ein Speed-Spezialist durch, obwohl es mehr Technik-Rennen gibt? Wie wirkt sich der Wegfall von Kombination und Parallel-Events aus? Mischen die ÖSV-Herren den möglichen Dreikampf auf? Fest steht schon jetzt: Es wird ähnlich wie in der vergangenen Saison ein komplett offenes Rennen im Kampf um die große Kristallkugel. 

LAOLA1 hat die heißesten Kandidaten auf den Sieg im Gesamtweltcup auserkoren:

Aleksander Aamodt Kilde

Kilde mit der Kugel, die 50 Tage nach Saisonabbruch bei ihm eintraf. Foto: Instagram

Nicht viele hätten in der vergangenen Saison auf Aleksander Aamodt Kilde als Nachfolger von Marcel Hirscher als Gesamtweltcup-Sieger getippt. Zwar wurden vereinzelt Stimmen laut, die meinen, der Norweger hätte auch dank des vorzeitigen Saison-Abbruchs wegen Corona die große Kristallkugel gewonnen, doch die Zahlen sprechen für sich: Kilde gewann zwar im gesamten Winter nur ein Rennen, fuhr aber gleich 22 Top-Ten-Plätze ein. Der 28-Jährige, der seine Stärker in Super-G und Abfahrt hat, fuhr auch in seiner dritten Disziplin, dem RTL, konstant stark – der Schlüssel zum Kugel-Erfolg. "Das war wahrscheinlich das größte Ziel, das ich je hatte. Aber natürlich, es noch einmal zu schaffen, würde auch nicht schaden", sagt der Norweger. Eine Wiederholung seiner Leistungen ist dem Speed-Spezialisten in dieser Saison definitiv zuzutrauen und wird auch nötig sein, will er den Gesamtweltcup ein zweites Mal gewinnen. Denn wie im vergangenen Winter stehen 2020/21 mehr Technik- als Speed-Rennen auf dem Programm, die Kombination fällt komplett weg. So oder so ist Kildes Ziel: "Mehr Rennen gewinnen". Gelingt das, stehen die Chancen auf die Titelverteidigung gut – und das wäre dann alles andere als überraschend.

 

Alexis Pinturault

Er war der große Favorit vor der Saison 2019/20, am Corona-begingt vorzeitigen Ende des Winters standen aber 54 Punkte Rückstand auf Kilde und Platz zwei für Alexis Pinturault. Viele Experten waren sich einig: Wäre die Saison regulär beendet worden, hätte er Kilde noch abgefangen. In diesem Winter soll es nach zwei Vize-Meisterschaften in Folge aber endlich mit der großen Kristallkugel für den Franzosen klappen. "Ich möchte viele Siege einfahren, damit ich im Rennen um die große Kristallkugel bin", ist Pinturaults Ziel klar. In der abgelaufenen Saison fuhr der Allrounder sechs Siege ein, drei im RTL, einen im Slalom und zwei in der Kombination, die in diesem Winter aber flachfällt - ein klarer Nachteil für ihn. Pinturault wird also auch im Super-G, gefordert sein, will er um die große Kugel mitkämpfen. Dass Corona ihm erneut einen Strich durch die Kristall-Rechnung machen könnte, ist dem 29-Jährigen bewusst: "Aufgrund der Corona-Situation kann auch jetzt wieder sehr viel passieren. Das kann meine Pläne schnell durcheinanderbringen." Sollte die Saison weitestgehend normal laufen, ist Pinturault einer, wenn nicht sogar der Topfavorit auf den Gesamtweltcup.

 

Henrik Kristoffersen

In Saison eins nach dem Rücktritt seines großen Rivalen Marcel Hirscher heimste Kristoffersen zwar die kleinen Kugeln im Riesentorlauf und Slalom ein, im Gesamtweltcup musste er sich trotz zwischenzeitlicher Führung aber mit Rang drei begnügen. Er habe den "Flow" nicht gefunden, sagte Kristoffersen rückblickend, ortete aber eine technische Weiterentwicklung. Mit 26 Jahren nähere er sich seiner Leistungsspitze – zumindest physisch, meint der Riesentorlauf-Weltmeister. Im Sommer wurde Kristoffersen von einer leichten Knöchelverletzung, die er sich beim Turntraining zuzog, kurz ausgebremst, mittlerweile ist er nach viel Krafttraining aber wieder topfit. Für den Norweger ist es nun die zweite Saison mit seinem eigenen Team rund um seinen Vater und einen Individualtrainer. In den Technik-Disziplinen ist Kristoffersen eine Bank, dass es für den angestrebten Gesamtweltcup-Sieg aber mehr Vielseitigkeit braucht, weiß auch Kristoffersen. Deshalb - so hört man - soll er in der Vorbereitung auf die anstehende Saison vermehrt Super-G trainiert haben. Kann er auch in dieser Disziplin regelmäßig punkten - im Vorjahr fuhr er nur einen Super-G (Saalbach/22.) - müssen sich Pinturault und Kilde in Acht nehmen. 

 

Matthias Mayer 

Hinter den Top drei Kilde, Pinturault und Kristoffersen folgten in der vergangenen Saison auf den Rängen vier und fünf im Gesamtweltcup zwei Österreicher: Matthias Mayer und Vincent Kriechmayr. Mayer gewann insgesamt vier Rennen – sein erster Weltcup-Sieg in der Kombination inklusive – und fuhr vier weitere Male aufs Podest. Der Kärntner legte in den Speed-Disziplinen eine konstant starke Saison hin und sammelte neben der Kombination auch im RTL zwei Mal Punkte. "Mothl war letztes Jahr sehr gut dabei, bis er krank geworden ist", erinntert ÖSV-Herren-Cheftrainer Andreas Puelacher an Mayers Pause nach seinem Kitzbühel-Sieg. Auch ohne Krankheiten oder Verletzungen muss Mayer in dieser Saison an seine starken Leistung im Speed-Bereich anschließen, will er im Gesmatweltcup wieder vorne mitmischen. 

 

Vincent Kriechmayr

Auch Vincent Kriechmayr setzte mit zwei Siegen im Super-G und drei weiteren Podestplätzen Ausrufezeichen, konstante Platzierungen in den Top Ten spülten ihn auf Platz fünf im Gesamtweltcup. Für Puelacher ist Kriechmayr neben Mayer in der ÖSV-Speed-Truppe einer von "zwei Topleuten, die eigentlich permanent aufs Podium fahren können". Das alleine wird aber für einen Angriff im Gesamtweltcup nicht reichen, weshalb Kriechmayr zusätzlich zu den Speed-Disziplinen den Riesentorlauf forcieren und seine Allrounder-Qualitäten unter Beweis stellen will. Dass der Oberösterreicher ein technisch hervorragender Skifahrer ist, hat er bereits des Öfteren unter Beweis gestellt. 

 

Marco Schwarz 

Mit Marco Schwarz hat der ÖSV ein drittes heißes Eisen im Kampf um die große Kristallkugel im Feuer. Der Kärntner schlug sich in seiner Comeback-Saison nach dem Kreuzbandriss mehr als nur gut und ist nach kompletter Sommervorbereitung wieder in bester Verfassung, vielleicht sogar stabiler als je zuvor. Neben seiner Paradedisziplin, dem Slalom, will sich der 25-Jährige, der oft als Nachfolger von Marcel Hirscher betitelt wird, in dieser Saison breiter aufstellen und auch im RTL an der Weltspitze etablieren. Seine Ambitionen in den Speed-Disziplinen, allen voran dem Super-G, stellt er in Abstimmung mit seinen Trainern etwas hinten an, gänzlich ausschließen will er Super-G-Einsätze aber nicht. Vorteil für Schwarz: In dieser Saison stehen mehr Technik- als Speed-Rennen am Programm, in seiner Paradedisziplin Slalom gibt es ganze elf Rennen. Im Gegenzug wurde die Kombination – ebenfalls eine seiner Stärken – im WM-Winter gestrichen.

 

Dominik Paris 

Für den sympathischen Südtiroler ist der Winter 2020/21 nach seinem Kreuzbandriss, den er sich im Jänner unmittelbar vor den Hahnenkammrennen in Kitzbühel im Training zugezogen hat, eine Comeback-Saison. Kann er nur annähernd an seine Form vor der Verletzung anschließen, muss man Paris auf jeden Fall auf der Rechnung haben. Bis zu seinem Ausfall sammelte der 31-Jährige im Vorjahr jede Menge Punkte. Obwohl er fast die Hälfte der Saison verpasst hat, belegte Paris im Endklassement den elften Platz. Startet der Speed-Spezialist eine ähnliche Podest-Serie wie in der vergangenen Saison, kann er die Topfavoriten auf den Gesamtsieg sicher herausfordern. Entscheidend wird sein, wie fit und konstant Paris nach seiner Verletzung ist. Die ungleiche Verteilung des Rennkalenders ist aber auch in der neuen Saison ein klarer Nachteil für den 31-Jährigen und seine Speed-Kollegen.

 

Marco Odermatt 

Spätestens seit der abgelaufenen Saison ist klar: Marco Odermatt ist ein Gesamtweltcup-Sieger der Zukunft. Der Schweizer, der bei der Junioren-WM 2018 fünf Mal (!) Gold holte, ist ein Allrounder, wie er im Buche steht. Im vergangenen Winter fuhr der 23-Jährige im Super-G in Breaver Creek seinen ersten Weltcupsieg ein. Trotz längerer Verletzungspause samt Knie-OP belegte er den beachtlichen 17. Patz im Gesamtweltcup. Geht die Entwicklung so rasant weiter, könnte aus dem Gesamtweltcup-Sieger der Zukunft durchaus einer der Gegenwart werden.

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