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Hirschers Achterbahnfahrt der Gefühle

Vieles spricht für Karriere-Fortsetzung. Bei Hirscher geht es dennoch hin und her:

Hirschers Achterbahnfahrt der Gefühle

Es wird still werden um Marcel Hirscher.

Nach dem Ende der für den Salzburger besten Weltcup-Saison seiner Karriere, verabschiedet sich der nun siebenfache Gesamtweltcup-Sieger in den Urlaub. Am Donnerstag geht es zum Heli-Skiing nach Kanada.

Erfahrungsgemäß wird sich der 29-Jährige erst wieder im Sommer den Fragen der Journlisten stellen. Bei seinem letzten öffentlichen Auftritt für längere Zeit zieht Hirscher deshalb noch einmal eine ausführliche Bilanz über seine Erfolgs-Saison und erklärt, wann er eine Entscheidung über seine Zukunft treffen wird und wie diese möglicherweise aussehen könnte.

MARCEL HIRSCHER ÜBER...

...das Außergewöhnliche an der abgelaufenen Saison:

Die Saison war durch die Knöchelverletzung im Sommer – wieder am linken Fuß, wie ich es vor sieben Jahren schon einmal hatte - schon speziell. Es war eine sehr schwierige Entscheidung, ob ich mich operieren lasse oder nicht. Der konservative Weg war, jetzt im Nachhinein, absolut der richtige. Die Saison hat verrückt angefangen und genauso verrückt aufgehört.

...den schwierigsten Moment in der abgelaufenen Saison:

Die Reha nach dem Knöchelbruch war das Schwierigste, das hat sich sehr lange hingezogen. Es hat länger gedauert, als erhofft. Das war eine Geduldsprobe für mich, die ich so bis dato noch nie hatte. Bei meiner Verletzung vor sieben Jahren war schnell klar, dass ich der laufenden Saison keine Chance habe, noch an Rennen teilzunehmen. Diesmal war es eine andere Situation. Ich hatte schwer zu kämpfen, dass ich mich in Geduld übe. Ich bin einmal Skifahren gegangen, da war der Knochen noch gar nicht zusammengewachsen und habe dann schmerzhaft feststellen müssen, dass es nicht geht. Das war schon die schwerste Situation der letzten Saison.

...den besten Moment der abgelaufenen Saison:

Es gibt keinen. Es wäre nicht fair, jetzt einen herauszuheben. Jeder Moment, jeder Erfolg hat seine eigene Geschichte und darum fände ich es nicht okay, wenn ich jetzt einen herauspicken würde.

...die für ihn außergewöhnlichsten Siege:

Die Siege, die am Limit waren. So wie zum Beispiel in Adelboden, Madonna oder zuletzt Aare, wo ich fast ausfalle und dann noch gewinne. Das ist schon lässig. Das sind Momente, die ich brutal stark verinnerliche. Solche Schockmomente, wenn du kurz vor dem Ausscheiden bist, brennen sich ein.

...Glück:

Ich würde nicht sagen, dass ich bei Rennen wie in Adelboden Glück hatte. Glück hatte ich, als in Madonna einst die Drohne runtergedonnert ist, da hatte ich nämlich keinen Einfluss drauf. Das ist so mein Zugang: Glück braucht man, wenn man selbst nicht mehr in der Lage ist, zu agieren.

...seine Entscheidung bezüglich seiner Zukunft:

Ich will mich ehestmöglich entscheiden, das schulde ich meinem Team und meinen Partnern. Dementsprechend bemühe ich mich, dass ich so früh als möglich eine Entscheidungsfindung herkriege. Der Mike (Pircher, Trainer, Anm.) wird mich dann mal anrufen und sagen: Geh' ma Skifahren. Wenn ich dann merke: Es geht absolut gar nicht, dann ist es klar. Ich kann mir jetzt im Moment nicht vorstellen, dass ich sage: Fix, es passt alles, könnt's schon anfangen die Ski zu wachseln. Ich möchte einfach ein bisschen Abstand zu dem Ganzen bekommen. Es ist alles ein bisschen viel im Moment.

...seine verwirrenden Aussagen bezüglich seiner Speed-Pläne:

Das ist auch meiner eigenen Ungewissheit geschuldet. An Tagen wie heute würde ich eher sagen: Ich habe keine Zeit und keine Energie mehr für das. Wennn ich morgen voll im Saft und ausgeschlafen bin, würde ich sagen: Gehen wir es an. Das ist eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Daher kommen solche Verwirrungen zustande. Momentan geht es hin und her.

...die auslaufenden Verträge bei Atomic und Sponsor Raiffeisen:

Die Verhandlungen sind im Laufen und sehr positiv. Der Herr Schröcksnadel hilft mir. Es ist mehr oder weniger beides unter Dach und Fach.

...Ziele für eine mögliche nächste Saison:

Ich hatte nie eine klar deklarierte Zielsetzung, das ergibt sich in der Saison. Es wäre Schwachsinn, jetzt schon zu sagen: Nächstes Jahr habe ich das und das Ziel. Ich weiß nicht einmal, wie der Sommer laufen wird - das Training, die Vorbereitung, bleibe ich verletzungsfrei. Ich muss step by step wieder hineinfinden und dann kann man die Sterne neu ordnen. Das jetzt rauszuposaunen, welche Ziele ich habe, ist nicht so meines. Die Zielfindung ist für mich absolut kein Thema. Rennfahren ist eine super Sache, ich mache das, weil es mir Spaß macht. Das merkt man glaube ich auch, dass mir Rennfahren extrem taugt.

...Verbesserungsmöglichkeiten in seinem Team:

Es ist schon so, dass es Optimierungs-Potenzial gibt. Das ist auch der natürliche Weiterentwicklungs-Prozess. Ich würde sagen, wo wir sehr viel Optimierungs-Bedarf haben, ist die Wahl der Quartiere. Es ist nicht immer klass und alles super. Vor der Fußball-EM hat sich die spanische Nationalmannschaft im Tiroler Stubaital vorbereitet. Da wurde zu Mittag ein Fahrverbot eingeführt, damit die Mittagsruhe nicht gestört wird. Bei uns fährt drei Meter vor dem Hotel die Musi um drei Uhr in der Früh vorbei. Auch im Bereich Ernährung ist es nicht immer einfach, rein von der Verfügbarkeit her. In Aare musste ich jeden Tage essen gehen, das ist eigentlich völliger Schwachsinn: Ich will an einem Rennwochenende nicht zwei Stunden in einem Restaurant hocken, sondern mich auf das Rennen vorbereiten. Das ist vielleicht schwer nachvollziehbar. Im Fußball ist das glaube ich undenkbar.

...seine persönliche Veränderung in den letzten sieben Jahren:

Für mich ist es kein Geheimnis, dass sowas einen Menschen prägt und auch verändert. Veränderung ist aber auch etwas Positives. Ich habe sehr viel lernen dürfen, aber auch müssen – und das recht schnell.

...Druck:

Die Spitzen an extremem Druck habe ich schon hinter mir – etwa bei der Heim-WM in Schladming 2013. Das war am Limit. Ich kenne das mittlerweile alles, die Erfahrung hilft dabei. Jeder hat grundsätzlich mit einer gewissen Nervosität zu kämpfen, bei dem einen geht es halt auf den Magen, bei mir ist es eher der Kopf, der dann rattert. Diese Extrem-Situationen spürt aber jeder Athlet.

...das Duell mit Henrik Kristoffersen:

Wie der Zweitplatzierte heißt, ist mir in den meisten Fällen egal. Ich freue mich natürlich, wenn es ein Österreicher ist. Ich hatte in meiner Karriere schon oft Duelle: Mit Henrik, mit Ted Ligety, oder im Gesamtweltcup mit Svindal, Jansrud oder Feuz. Ich kenne diese Situationen sehr gut. Ich glaube aber auch, dass es Henrik egal ist, wenn ich einmal nicht mehr fahre.

...seinen anstehenden Ski-Urlaub in Kanada:

Ich habe grundsätzlich erst einmal in meinem Leben Skiurlaub gemacht, vor drei Jahren glaube ich. Deshalb habe ich mir gedacht, das ist ziemlich wenig (lacht). Ich will einfach einmal stressfrei und ohne an Hundertstel-Sekunden gemessen zu werden Skifahren. Ich muss meinte gute Form jetzt ausnutzen (lacht).

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