news

Sölden-Auftakt in Gefahr? Hoffen auf "Frau Holle"

Ski-Assen lechzen nach Schnee für Training und Rennen. Wettervorhersage macht Hoffnung:

Sölden-Auftakt in Gefahr? Hoffen auf Foto: © GEPA

Strahlend blauer Himmel und Sonnenschein rückten den Wilden Kaiser am Dienstag in ein prachtvolles Licht. Von der Kaiserwiese des berühmten Stanglwirts in Going aus blickten die Verantwortlichen des ÖSV etwas nervös in den Himmel.

Im Lager der Skifahrer wartet man bereits sehnsüchtig auf die ersten Schneeflocken. In fünf Wochen soll die neue Weltcup-Saison in Sölden starten.

Die Betonung liegt auf sollte, denn hilft "Frau Holle" in den kommenden Wochen nicht mit, könnten die beiden Riesentorläufe der Frauen und Männer (22./23.10.) auf dem Rettenbachferner im Ötztal wackeln.

Bedenken, dass der traditionelle Saison-Auftakt wie geplant stattfindet, gibt es im ÖSV bereits jetzt. Der Rennhang auf dem Rettenbach-Gletscher auf gut 2.700 m Seehöhe sei trotz Schneedepots aktuell bei Weitem noch nicht in so einem Zustand, dass man an Rennen denken könne, berichtet ÖSV-Alpin-Chef Herbert Mandl.

Hoffnung macht die Wettervorhersage: Für das kommende Wochenende ist eine Kaltfront angekündigt, die auch den ersten Schnee mit sich bringen könnte.

"Wenn 20 bis 30 Zentimeter Neuschnee kommen, dann können wir nächste Woche in Sölden loslegen", sagt Mandl. "Sie haben soweit alles geglättet und die Depots schon angeschoben, dass wir am Karleskogel trainieren könnten."

Die Zeit läuft: "Wir brauchen zehn kalte Tage"

Für einen weltcup-tauglichen Rennhang braucht es freilich etwas mehr. "Wir brauchen zehn kalte Tage (mit Temperaturen von mindestens -5 Grad Celsius, Anm.), um genug Schnee produzieren zu können. Dann ist es ein Klacks."

Dass diese kalten Tage im September und Oktober in den vergangenen Jahren immer weniger wurden, ist auch Mandl bewusst.

ÖSV-Männer-Cheftrainer Marko Pfeifer sieht sich in Sachen Wetter in der Rolle des Passagiers. "Wenn Schnee da ist, können wir trainieren. Wenn kein Schnee da ist, dann nicht. Dann wird auch Sölden nicht gehen."

"Aber das Rennen ist im Kalender. Wir sind professionell und stellen uns darauf ein, dass es ein Rennen gibt. Alles andere liegt eh nicht in unseren Händen", so der Kärntner.

ÖSV-Vorbereitung "voll im Plan"

Anstatt zu spekulieren, versucht man beim ÖSV von Woche zu Woche zu schauen und das Beste rauszuholen. Aktuell liegt man in der Saisonvorbereitung laut Pfeifer noch "voll im Plan".

Die Speed-Asse sind bereits vom Training in Chile zurückgekehrt und absolvieren aktuell Konditions- und Regenerationstraining, auch die Technik-Mannschaft hat ihre Vorbereitung in Südamerika absolviert.

Spätestens Ende September, Anfang Oktober würde man dennoch gerne auf den heimischen Gletschern die Schwünge ziehen. Neben Sölden sind das Pitztal und Saas-Fee in der Schweiz eine Option.

In Sölden und im Pitztal hätte der ÖSV durch die Kooperationen mit den Skigebieten eine gewisse Exklusivität für die Pistennutzung.

"Man muss über jeden Schwung froh sein, den man machen kann"

"Wir haben diskutiert, wo wir in den nächsten zwei Wochen trainieren könnten", erklärt Matthias Mayer. "Es kommt darauf an, ob und wie viel Schnee am Wochenende kommt und ob wir die Pisten in Saas-Fee nutzen können."

"Früher sind wir um diese Zeit am Mölltaler Gletscher gefahren, das ist heutzutage eigentlich undenkbar."

Matthias Mayer

Anfang Oktober sind Stand jetzt ein paar Trainigstage in Zermatt geplant, wo Ende Oktober mit der neuen Abfahrt am Matterhorn die Speed-Saison startet. Auch hier spielt das Wetter eine entscheidende Rolle, aktuell ist das Training in Zermatt dem Schweizer Team vorbehalten.

Vor allem die Speed-Asse müssen um jeden Pisten-Kilometer im Training kämpfen. "Man muss über jeden Schwung froh sein, den man machen kann", sagt Pfeifer.

Mayer verdeutlicht die bedenkliche Entwicklung: "Früher sind wir um diese Zeit am Mölltaler Gletscher gefahren, das ist heutzutage eigentlich undenkbar."

Dank des guten Traininigs in Südamerika kommt im ÖSV-Lager aber (noch) kein Stress in Hinblick auf den Saisonstart auf. In Chile fanden die Abfahrer gutes Wetter und beste Pistenverhältnisse vor.

"Sonst können wir nicht den Anspruch haben, die beste Nation zu sein"

Um allen Trainingsgruppen die kostspielige, aber aufgrund der Schnee-Armut in Europa notwendige Reise nach Übersee zu ermöglichen, hat der Skiverband enorme Mehrkosten in Kauf genommen.

"Das war mir wichtig, dass wir das trotzdem machen konnten, auch wenn wir vom Budget her vielleicht nicht mehr im Rahmen sind. Die anderen Nationen machen es ja auch. Sonst können wir nicht den Anspruch haben, die beste Nation zu sein", sagt Pfeifer.  

Wie berichtet, arbeitet der ÖSV bereits daran, für die Zukunft in Südamerika eine dauerhafte Trainingsbasis einzurichten.

In den vergangenen Wochen wurden unterschiedliche Gebiete begutachtet, in die der ÖSV investieren könnte, wie es beispielsweise die Italiener und Franzosen schon seit Jahrzehnten im argentinischen Ushuaia machen und dadurch ein Vorrecht auf das Training auf gewissen Pisten haben. Unterschrieben ist aber noch nichts. "Da müssen wir jetzt bald Nägel mit Köpfen machen", fordert Pfeifer.

Neben dem Übersee-Training im Sommer könnte eine "Verlängerung" der Trainings nach Saisonende im Frühjahr in Zukunft unerlässlich werden.

"Man kann bei uns bis Ende Mai sehr gut Skifahren, das muss man nützen, und nicht mit Anfang April aufhören. Man muss das alles anders timen", merkt Pfeifer an.

"Es wird beides nicht wirklich ausbleiben", weiß auch Matthias Mayer. "In Österreich im Mai zu trainieren ist sicher die beste Variante, aber der Sommer ist trotzdem schwierig. Man braucht die Südamerika-Camps, um konkurrenzfähig zu bleiben, die anderen machen sie ja auch."

Kommentare