news

Irre Technik-Baustelle nach Garmisch-Debakel

Feller nach historischer Pleite entsetzt, Herren-Cheftrainer Puelacher wirkt ratlos.

Irre Technik-Baustelle nach Garmisch-Debakel Foto: © getty

Na bumm! Was für ein Debakel des einst so mächtigen Power-Teams des Österreichischen Skiverbands (ÖSV). Ein 28. Rang von Manuel Feller wird am Sonntag zum Symbolbild der offenen Techniker-Baustelle.

Die historische Pleite im Riesentorlauf von Garmisch-Partenkirchen ist der vorläufige negative Höhepunkt der Post-Hirscher-Ära. Die Verantwortlichen im ÖSV geben offen zu: "Leider haben wir derzeit nicht die Dichte." Eine geradezu peinliche Ansage angesichts der (finanziellen) Mittel, die der ÖSV in den Rennsport steckt, und des Aufwandes, den Österreich für seine Weltcup-Starter betreibt.

Der Riesentorlauf ist die "Mutter aller Skirennen". Im "Riesen" werden die Rennläufer geschult und kommen so in die ÖSV-Kader. Man möchte meinen: Wer im RTL nicht überzeugen kann, der schafft es nicht zu den Profis.

Denkste! Die beiden 28-jährigen Roland Leitinger und Stefan Brennsteiner sind Österreichs heiße Eisen im Riesentorlauf. Das Duo bildet nach dem Abgang von Marcel Hirscher die ÖSV-Speerspitze im "Riesen".

Die Slalom-Asse Manuel Feller und Marco Schwarz sowie der Abfahrts- und Super-G-Olympia-Sieger Matthias Mayer füllen das ÖSV-Riesentorlauf-Kontingent quasi auf, bringen ihre Top-Leistungen aber in anderen Disziplinen.

Herren-Chef Andreas Puelacher will nichts schönreden

Herren-Chef Andreas Puelacher will nichts schönreden
Puelacher - Sportlicher Leiter der ÖSV-Herren
Foto: © GEPA

Andreas Puelacher betont noch im Zielraum von Garmisch, an diesem "sehr schwarzen Tag für den Riesentorlauf-Sport in Österreich" nichts schönreden zu wollen. "Das ist viel zu wenig, was wir zeigen", sagt der Chef der Alpin-Herren, denen er seit 2014 vorsteht.

Der 55-jährige Tiroler, seit 1990 als Trainer beim ÖSV, in Liechtenstein (Damen), der Schweiz (erst Damen, dann Herren) und wieder zurück in Österreich, zeigt sich trotz der blamablen "Riesen"-Darbietungen kämpferisch: "Ich werde den Kopf nicht in den Sand stecken. Es wird weitergearbeitet, es wird weitergekämpft."

Puelacher sah zuletzt dank sechster Plätze (Leitinger in Adelboden, Schwarz in Alta Badia) den Beginn einer Trendwende. "Die müssen wir wieder herbringen. Denn hier in Garmisch haben wir uns mit Vollgas wieder nach hinten geschossen."

Zu den Ursachen für das historisch schlechteste Abschneiden in einem Weltcup-Riesentorlauf befragt, fordert Puelacher unmittelbar nach dem Rennen in Bayern Differenziertheit ein. "Wenn Brennsteiner dreimal am Innenski ausrutscht, muss er sich technisch was überlegen. Leitinger wäre heute dabei gewesen, ein Verschneider kann einmal passieren."

Warum Marco Schwarz (33.) überhaupt nicht auf Zug gekommen sei, werde die Analyse zeigen. Und Feller - der einzige Österreicher, der an diesem 02.02.2020 Weltcup-Punkte holte, habe nach seinem Bandscheibenvorfall Trainingsrückstand.

Erschreckend schwache "Riesen"-Bilanz, im Nationencup nur auf Platz vier

Nach fünf von neun Riesentorläufen in diesem Winter sieht die Bilanz verheerend aus. Österreich Herren rangieren in der RTL-Spezialwertung mit nur 227 Punkten auf dem sechsten Platz hinter Norwegen (812), Frankreich (751), Schweiz (421) USA (374) und Slowenien (321).

Im Nationencup der Herren liegt der ÖSV mit 2.856 Zählern unglaubliche 763 Weltcup-Punkte hinter den Schweizer Herren (3.619). Auch Norwegen (3.378) und Frankreich (3.222) rangieren deutlich vor der Truppe von Puelacher.

Leitinger und Brennsteiner finden auch in diesem Winter keine Konstanz

Leitinger und Brennsteiner finden auch in diesem Winter keine Konstanz
Leitinger scheidet in Garmisch spektakulär aus
Foto: © getty

Österreichs Riesentorlauf-Mannschaft hat mit Marcel Hirscher ihren medialen Blitzableiter verloren. Schon im WM-Winter 2018/19 fuhr außer Hirscher nur Feller öfter als einmal in die Top-Ten.

Leitinger und Brennsteiner bestätigen auch heuer konstant ihre Inkonstanz. Und die jüngere Garde um Patrick Feurstein (23), der zwar Europacups gewinnt, im Weltcup aber noch nicht punktete, harrt dem großen Wurf. Puelacher: "Leider haben wir die Dichte nicht zurzeit. Dann kommen solche Ergebnisse zustande."

Feller sprach fortan von einer "katastrophalen" Teamleistung. "Natürlich soll so etwas wie beim Leiti und beim Brandy (Brennsteiner, Anm.) nicht passieren. Aber ich will keinen kritisieren, mir ist das schon tausendfach passiert."

Manuel Feller: Hohe Startnummern sind ein Problem

Manuel Feller: Hohe Startnummern sind ein Problem
Feller kämpft mit seinem Trainingsrückstand
Foto: © GEPA

Feller verweist auf eine nicht ideale Ausgangsposition der ÖSV-Läufer, nämlich die durchwegs hohen Startnummern bei frühlingshaften Bedingungen im ersten Durchgang. Ein Faktor, der sich die gesamte Saison über bereits negativ auswirkt und mit dem Rennen in Garmisch keine Besserung erfuhr.

Über 28 Jahre war der RTL von Kranjska Gora vom Jänner 1992 als negativer Höhepunkt in der Statistik gestanden. Feller hat den 22. Platz von Hubert Strolz als Bestem beim schlechtesten Ergebnis der Herren ausradiert.

Kollektiver Zukunfts-Pessimismus ist laut Puelacher aber nicht angebracht. "Adelboden hat gezeigt, dass wir Laufbestzeiten fahren können. Und wir zwar nicht beim Podest, aber von Fünf aufwärts dabei sind."

Im Nationencup (Damen und Herren) zieht die Schweiz (5.900 Zähler gegenüber Österreich mit 5.601 Punkten) - auch dank des zweiten Rangs von Loic Meillard hinter Sieger Alexis Pinturault (FRA) - wieder auf 299 Punkte davon.

Am kommenden Wochenende besteht in Chamonix bei einem Slalom und einem Parallel-Event die Chance zur Rehabilitation - und eine von Präsident Peter Schröcksnadel geforderte Aufholjagd.

Kommentare