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Franz: 'Fahrfehler' und 'bisschen Pech'

ÖSV-Lazarett wird immer größer. Franz der 9. Langzeitverletzte. Coach klärt auf:

Franz: 'Fahrfehler' und 'bisschen Pech'

Wenn du kein Glück hast, kommt auch noch Pech dazu.

Die überstrapazierte Sportler-Weisheit beschreibt die Situation der heimischen Skifahrer perfekt. Das Pech klebt den ÖSV-Athleten in dieser Saison am Stecken - und zwar in Form von Verletzungen.

Max Franz ist geschlechterübergreifend bereits der neunte (!!!) Langzeitausfall im ÖSV-Team. Andere Nationen wären froh, neun Fahrer an den Start zu schicken.

Nächste Saison ohne Sieg

Acht Wochen fällt der Kärntner nach seinem im Kitzbühel-Training erlittenen Riss des vorderen Syndesmosebandes im linken Sprunggelenk und der Absprengung am Mondbein am linken Handgelenk (plus Kapselverletzung) aus. Das Knie musste operiert werden.

Acht Wochen Pause, also knapp zwei Monate, bedeuten das Saison-Ende für den Speed-Spezialisten. Denn in rund acht Wochen steht bereits das Weltcup-Finale an. Selbst bei einer wundersamen, deutlich schnelleren Heilung wird Franz in St. Moritz nicht an den Start gehen. Das Risiko wäre zu hoch, nur für das Weltcup-Finale ein Blitz-Comeback zu wagen.

Damit bleibt dem Cousin von Werner Franz auch 2015/16 sein großes Ziel verwehrt: Der erste Weltcup-Sieg. Vor der Saison ordnete er diesem Ziel alles unter ("Ich will unbedingt den ersten Sieg!"). Nun droht ihm das Schicksal des ewigen Talents, das zwar immer knapp dran ist, den Durchbruch aber einfach nicht schaffen will. Im September feiert Franz seinen 27. Geburtstag, Jungspund ist er keiner mehr.

Vierte schwere Verletzung

Zwar dürfte er am Papier noch einige gute Jahre vor sich haben - Kjetil Jansrud feierte etwa mit 26 Jahren seinen ersten und mit 28 seinen zweiten Weltcup-Erfolg - doch sein Körper hat schon vieles mitgemacht. Zahlreiche Verletzungen musste er auf seinem steinigen Weg überwinden.

Bereits 2007, mit gerade einmal 18 Jahren, setzte ein Oberschenkeltrümmerbruch den geborenen Klagenfurter 18 Monate außer Gefecht. Nach einer mehrwöchigen Pause im Jänner 2009 (Kreuzbandzerrung) folgte im Dezember des selben Jahres der nächste große Rückschlag: Beim Training in Beaver Creek, bei seinem erst zweiten Weltcup-Einsatz, riss das Kreuzband - die Saison war beendet.

Drei Jahre später, im Dezember 2012, erwischte es ihn auf der "Birds of Prey" erneut, diesmal im Super-G. Franz krachte in ein Tor, zog sich dabei eine Gehirnerschütterung, einen Nasenbeinbruch, und Abschürfungen im Gesicht zu.

Das ÖSV-Lazarett

In der Reha könnte Franz nun auf einen seiner besten Freunde im Team treffen. Matthias Mayer, der ihm im Februar 2015 in Saalbach seinen ersten Weltcup-Sieg um zwei Hundertstel vor der Nase wegschnappte, musste seine Saison nach seinem Sturz in Gröden (Wirbelbrüche) ebenfalls beenden.

Läufer/Läuferin Verletzung Ausfalldauer
Max Franz Syndesmoseband-Riss, Handgelenk-Absprengung 8 Wochen (Saison-Aus)
Matthias Mayer Wirbelbrüche Saison-Aus
Joachim Puchner Patellasehne Saison-Aus
Thomas Mayrpeter Kreuzbandriss Saison-Aus
Markus Dürager Schien- und Wadenbeinbruch Saison-Aus
Daniel Danklmaier Kreuzbandriss, Meniskus Saison-Aus
Anna Fenninger Bänderrisse im Knie Saison-Aus
Elisabeth Kappaurer Knorpelschaden im Knie Saison-Aus
Kerstin Nicolussi Kreuzbandriss Saison-Aus
Ramona Siebenhofer Syndesmoseband 2-3 Wochen

Mit Anna Fenninger fällt ein weiteres Aushängeschild der rot-weiß-roten Armada seit Saisonbeginn aus. Daneben fehlen bei den Damen noch Elisabeth Kappaurer (Knorpelschaden im Knie) und Kerstin Nicolussi (Kreuzbandriss). Ramona Siebenhofer dürfte nach ihrem Zauchensee-Abflug schon bald ihr Comeback feiern. Ein schwacher Trost für den ÖSV.

Denn bei den Herren schlug der Verletzungsteufel noch härter zu: Neben Mayer und Franz sind Joachim Puchner (Patellasehne), Thomas Mayrpeter (Kreubandriss), Markus Dürager (Schien- und Wadenbeinbruch) und Daniel Danklmaier (Kreuzbandriss, Meniskus) noch weit von einer Rückkehr entfernt.

Speed-Trainer erklärt den Sturz

"Das ist ein bisschen verhext. Hoffentlich hat das bald ein Ende mit der Serie", schüttelte Hannes Reichelt nach dem Sturz von Franz im Zielraum den Kopf. Herren-Speedchef Florian Winkler bläst ebenfalls durch: "Mittlerweile ist es fast so, dass jeder Sturz eine Verletzung ist, das tut schon weh. Wir haben vielleicht ein bisschen eine Pechsträhne."

"Bei dieser Stelle hat es mich auch etwas überrascht. Die Anfahrt auf den Linksschwung in die Traverse ist ziemlich unruhig, da fährt man in ein dunkles Loch rein, da wird es ihm wahrscheinlich den Ski verschlagen haben", rätselte Otmar Striedinger über den Crash seines Teamkollegen.

Coach Winkler klärt auf: Dem Sturz sei ein "Fahrfehler" vorausgegangen, dazu sei "ein bisschen Pech" gekommen: "Er war in der Traverse ein bisserl spät dran, hat den Außenski nicht richtig erwischt, und dann ist er noch ein bisschen nach innen gegangen, draufgestiegen auf den Ski und weggerutscht. Und infolge hat es ihn gedreht und den Fuß auch."

Die Verletzungen selbst kann man seiner Meinung nach noch als Glück im Unglück bezeichnen: "Es könnte auch noch schlimmer sein."

Ob es so eine Un-Serie mit derart vielen Rekonvaleszenten jemals gab? "Das letzte Mal glaube ich 2011", erinnert Reichelt an die Situation vor fünf Jahren, als sich neben Marcel Hirscher einige ÖSV-Läufer verletzten.

Wie diverse Athleten bestätigen, präsentiert sich die Streif heuer bereits beim ersten Training äußerst unruhig. Vor allem im unteren Teil, wo es Franz erwischte, sind viele Schläge in der Strecke. Erfahrungsgemäß werden diese bis zum Rennen eher mehr als weniger. Bleibt zu hoffen, dass Franz der einzige Verletzte an diesem Wochenende bleibt.

"Dieser Hunger ist auch der Grund, warum viele Sportler nach einer Verletzung oft besser drauf sind, als vorher."

Max Franz vor zwei Jahren

"Viele Sportler nach einer Verletzung besser drauf"

Wer den Kärnter kennt, der weiß, dass er von so einer Verletzung noch besser zurückkommen kann. Zu oft musste er bereits Rückschläge hinnehmen. Jeder davon machte ihn stärker.

"Das mit dem Oberschenkel war sehr mühsam. Zuerst hat es geheißen, ich bin nach sechs Monaten wieder fit. Aber dann ist eine Bruchheilstörung dazu gekommen und es hat länger gedauert", beschrieb er seine erste schwere Verletzung einst, nur um damals anzufügen:

"Im Kopf bin ich aber immer weitergefahren und war richtig heiß auf das Comeback. Dieser Hunger ist auch der Grund, warum viele Sportler nach einer Verletzung oft besser drauf sind, als vorher."

Ein Satz, den sich die "rasende Wildsau" jetzt zu Herzen nehmen muss. Wieder einmal...

Aus Kitzbühel berichtet Matthias Nemetz

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