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"Olympischer Gedanke ist abhandengekommen"

Ski-Legende Hermann Maier spricht im "Audi Talk" über Kitz und Olympia.

Foto: © Carl Riedl

2003 sorgte Ski-Legende Hermann Maier mit seinem Comeback-Sieg in Kitzbühel für einen der wohl emotionalsten Momente in der Hahnenkamm-Geschichte. 17 Monate nach seinem schweren Motorrad-Unfall triumphierte der Flachauer in seinem erst fünften Rennen nach seinem Comeback bei heftigem Schneetreiben im Super-G und brach im Zielraum in Tränen aus.

19 Jahre später spricht der sechsfache Kitzbühel-Sieger im Vorfeld der Hahnenkamm-Rennen 2022 über diesen speziellen Moment seiner Karriere.

Der 49-Jährige hat im "Audi Talk" zudem Tipps für Nachwuchstalente parat, verrät, wie er zu den Olympischen Spielen in Peking steht und was der "Herminator" von den sozialen Medien hält.

Frage: Hermann, wie intensiv verfolgst du das Geschehen im Weltcup?

Hermann Maier: Ich probiere so viele Rennen wie möglich anzuschauen, speziell die Klassiker sind Pflicht. Wenn schönes Wetter ist, bin ich aber schon lieber draußen in der Natur.

Frage: Du hast hier in Kitzbühel einen Sieg gefeiert, der fast einem Wunder gleichkam. Wie hast du den Tag damals wahrgenommen? War es der schönste Sieg deiner Karriere?

Maier: Schwer zu sagen, ob es der schönste Sieg war, aber es war mitunter die größte Herausforderung, das nach dem Unfall wieder so hinzubekommen. Die Strapazen waren in kurzer Zeit doch relativ hoch.

Frage: Olympia in Peking steht vor der Tür. Im Vorfeld gab es zur Austragung in China viel Kritik: Wie stehst du dazu?

Maier: Aus Sicht der Sportler muss man das weglassen, das darf dich nicht berühren. Das ist einfach so. Du kannst dich mit der Politik auseinandersetzen, aber wenn du daran teilnehmen willst, musst du dich auf das Rennen fokussieren und den Rest ausblenden. Weil sonst musst du von vornherein sagen, da fliege ich nicht hin. Die Vergabe der Spiele ist ein anderes Thema, das driftet wohin, wo halt Geldzahlungen oft höher sind. Wenn ich an Lillehammer 1994 zurückdenke, das ist eigentlich unvorstellbar. In einer kleinen Kommune Olympische Spiele zu veranstalten, im Vergleich dazu wo wir jetzt sind, in den großen Städten, wäre es schön, wenn es wieder in diese Richtung zurückginge. Das ist für mich fast nicht vorstellbar. Der Olympische Gedanke ist da schon abhandengekommen, nur als Sportler muss ich das beiseite schieben, sonst brauche ich nicht teilnehmen.

Frage: Nach Pyeongchang und Peking kehren die Winterspiele 2026 nach Europa zurück, hältst du eine Ausrichtung in unserem Land für prinzipiell möglich und glaubst du an eine weitere Bewerbung Österreichs?

Maier: Aus Sicht von Nachwuchsathleten wäre es toll und sicherlich die größte Motivation, wenn sie sich das anschauen könnten. China wird von den Uhrzeiten her eh schon wieder schwierig. Aber die Frage ist, ob wir das wirklich ausrichten sollen. Ich weiß nicht genau, es fällt mir schwer, das Ganze zu beurteilen, in welche Richtung die Reise gehen soll.

Du kannst dich politisch auseinandersetzen, aber wenn du daran teilnehmen willst, musst du dich auf das Rennen fokussieren und den Rest ausblenden. Weil sonst musst von Vornherein sagen, da fliege ich nicht hin.

Hermann Maier über die Olympischen Spiele in Peking

Frage: Was würdest du Nachwuchstalenten und angehenden Spitzensportlern aus deiner Erfahrung heraus raten?

Maier: Was es braucht ist einfach ein skifahrerisch absolut tolles Fundament. Man muss richtig gut Skifahren können und das lerne ich einfach nur beim Freifahren, das sollte einem Spaß bereiten und nicht das "Hindrillen" so viele Tore, diesen Skischuh, diesen Ski. Das finde ich schwachsinnig. Man muss sich vorstellen, richtig entscheidend wird es dann so mit 15 Jahren, wenn man wirklich kapiert, wo will ich hin. Bis dahin - so in einem Alter von 7, 8 Jahren weg – ist das eine ewig lange Zeit. Körperliche Entwicklungen, Wachstum und so weiter, das sind Riesenunterschiede und das muss man alles einrechnen. Was ich nie verlieren sollte, ist die Freude und das kriege ich einfach nur übers Skifahren und dann Schritt für Schritt schauen: Material, Stangenfahren, aber nicht hauptsächlich nur Stange, Stange, Stange. Davon halte ich gar nichts.

Frage: Während viele Ex-Sportler und ehemaligen Kollegen auch nach ihrer Karriere in den sozialen Medien omnipräsent sind, hast du dich nie dieser Plattformen bedient. Wie stehst du zur digitalen Kommunikation? 

Maier: Mich findet man da nicht, das ist gar nicht meins, ich bin froh, dass ich vor dieser Zeit gefahren bin. Für mich ist da ein bisschen ein Grunzen dahinter, es wird mir von allen Seiten etwas zu viel Senf dazu gegeben. Das geschriebene Wort hat wahnsinnig viel Wert, ich glaube da sollte man schon zweimal überlegen, was man schreibt. Meine Empfehlung ist oft weniger ist mehr. Man muss nicht das ganze Leben auf Social Media präsentieren und seine ganzen Geheimnisse herzeigen. Ich bin schon froh, dass nicht jeder über alle meine Hobbies Bescheid weiß.

Frage: Zum Abschluss: Wie lautet dein Tipp für die beiden Abfahrten, wir haben heute noch nicht über Beat Feuz oder Dominik Paris geredet.

Maier: Beat Feuz hat letztes Jahr stark dominiert, Dominik Paris hat auf der Streif auch schon gewonnen. Schwer zu sagen wie es sich entwickeln wird, aber normaler Weise sagt man immer, der Beste soll gewinnen. Ich hoffe auf ein halbwegs gutes Wetter und dass alles passen wird.

 

Den kompletten Audi Talk mit Hermann Maier kannst du dir hier ansehen:



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