Anna Fenninger hat ein turbulentes Jahr hinter sich. Besondere Momente, große Siege und Highlights, aber auch Aufreger und Rückschläge prägten 2015.
„Es war so viel dabei - emotional, positiv, negativ. Man denkt sich immer, es kann nichts Anderes, Schlimmeres, oder Besseres kommen. Dann passiert wieder etwas Neues und man steht vor neuen Herausforderungen“, so die 26-Jährige.
Angefangen mit drei Medaillen bei der WM in Beaver Creek (Gold Super-G und RTL, Silber Abfahrt), den zweiten Gesamtweltcupsieg in Folge, über den intensiven Streit mit dem ÖSV hin zur schwersten Verletzung ihrer Karriere. Inzwischen kann sie schmerzfrei ohne Krücken gehen und befindet sich mitten in der intensiven Reha.
„Ein Wahnsinns-Jahr“
„Es war ein Wahnsinns-Jahr und sehr lehrreich“, fasst die Salzburgerin die letzten Monate zusammen.
"Es war ein Schock zu wissen, dass ich neun Monate nicht Skifahren kann. Aus so einem Tief herauszukommen, ist eine große Überwindung."
Was genau sie gelernt hat? „Es war ein Schock zu wissen, dass ich neun Monate nicht Skifahren kann. Aus so einem Tief herauszukommen, ist eine große Überwindung“, blickt sie auf ihre fatale Knieverletzung (Riss von Patellasehne sowie Kreuz- und Seitenband) zurück.
„Daraus kann man mehr holen, als aus einem Rennsieg. Das hat mich sehr geprägt. Ich muss neue Dinge zulassen und neue Herausforderungen annehmen.“
Vorbild Kira Grünberg
Ihre schwere Verletzung samt neun Monaten Ski-Pause sei zwar hart, überdramatisieren will Fenninger aber nicht. Auf die Frage, ob ihre Verletzung ein Schicksalsschlag sei, antwortet sie ohne zu zögern: „Das ist sicher überreagiert. Alles passiert aus einem Grund, das ist kein Schicksal.“
„Ich finde Kira Grünberg bewundernswert, wie sie mit ihrer Situation umgeht. Wenn man an Vorbilder in Bezug auf Comebacks denkt, fällt immer wieder der Name Lindsey Vonn. Für mich ist es eher Kira Grünberg. Sie zieht aus solchen Dingen viel Kraft, das ist toll. Ich habe ihren Auftritt bei der Galanacht des Sports gesehen, das war sehr berührend.“
Außerdem könne man auch aus einem Rückschlag positive Dinge hervorstreichen. Den ganzen Dezember zuhause zu verbringen, den Advent mitzuerleben, an Weihnachten nicht gestresst von einem Rennen nach Hause kommen sondern besinnlich zu feiern – all das war Fenninger in den letzten Jahren nicht möglich.
„Christkindlmarkt ganz oben auf der Liste“
„Ich war vor kurzem seit langem wieder einmal auf einem Christkindlmarkt, das schafft man sonst nicht. Das Programm ist so dicht, speziell der Dezember ist sehr anstrengend“, nickt die Olympiasiegerin.
„Das sind Dinge, auf die ich mich von Anfang an gefreut habe. Der Christkindlmarkt stand ganz oben auf der Liste. Einfach den Advent mitzuerleben, jeden Sonntag eine Kerze am Adventkranz anzuzünden“, sagt sie mit einem Funkeln in den Augen, nur um lächelnd anzufügen: „Einen Adventkranz im Weltcup mitzuschleppen, das tut sich keiner an.“
Nach einem turbulenten Jahr freut sie sich auf besinnliche Tage. Also genau das, was Weihnachten ausmacht. Ob dabei auch der Glaube eine Rolle spielt?
"Ich gehe nicht jeden Sonntag in die Kirche. Ich habe eher den Glauben daran, dass alles aus einem gewissen Grund passiert. Nichts passiert umsonst."
„Nichts passiert umsonst“
„Ich gehe nicht jeden Sonntag in die Kirche. Ich habe eher den Glauben daran, dass alles aus einem gewissen Grund passiert. Nichts passiert umsonst“, so die 14-fache Weltcupsiegerin. „Es ist kein Zufall oder Schicksal, sondern einfach eine Aufgabe, der ich mich stellen muss und sie überwinden muss. Das hat nichts mit Weihnachten zu tun.“
„Die Weihnachtszeit ist neu für mich, ich habe sie zuletzt als Kind erlebt. Ich bin immer nach Hause gekommen, habe mit meiner Familie eine ruhige Zeit verbracht und konnte an andere Dinge denken. Es war immer schön, vom Weltcup wegzukommen. Jetzt kann ich das alles viel intensiver und ganz anders erleben.“
Eine ruhige Zeit, in der Anna Fenninger Kraft für das nächste turbulente Jahr sammeln kann. Reha, Training, Rückkehr in den Weltcup und Comeback-Sieg stehen an. Es mögen noch viele aufregende Jahre folgen.
Matthias Nemetz