Artikel auf LAOLA1
news

Die kleinen und großen Verhandlungs-Hürden

von Bernd Freimüller Foto: © getty
{literal}

Die Transferzeit in der EBEL geht dem Ende zu, auch wenn der VSV, der Dornbirner EC, der HC Bozen, Fehervar und Medvescak Zagreb noch einige wenige Kaderlücken zu füllen haben.

Transferperioden sind eine nervenaufreibende Zeit für Spieler, Agenten und Manager, und das liegt nicht nur an den vielzähligen Möglichkeiten, die sich allen Parteien eröffnen. Oft werden Verhanldungen durch ganz besondere Umstände verzögert oder gar beendet, die außerhalb in dieser Form gar nicht erahnt werden.

LAOLA1-Experte Bernd Freimüller wirft einen Blick darauf, welche Probleme bei den Teams oft zu Frustrationen führen können:

 

{/literal}

Der Teufel steckt im Detail

Die Grunddaten der Verträge sind ja immer gleich: Das Jahresgehalt, Bonusse (meist nur für die Playoffs, einige Teams belohnen Spieler auch für statistische Werte), Wohnung und Auto sowie die Hin- und Rückflüge für den Spieler und seine unmittelbare Familie.

So weit, so gut, klar wird auch an den Zahlen länger herumgefeilt, einige Agenten setzen gerne zuerst Mondpreise an, Teams wiederum lassen sich bei ihrem Erstangebot auch noch etwas Spielraum nach oben. Doch wenn beide Seiten vernünftig auftreten - und das ist meist der Fall - gibt es hier bald eine Einigung oder eben nicht.

Dass der Agent 100.000 Euro (alle Zahlen netto) verlangt, das Team zuerst 20.000 bietet und man sich auf 60.000 einigt, ist kein Fall aus der Realität. Meist nähert sich man sich in 5.000- oder  maximal 10.000-Euro-Schritten an. Bei Österreichern sind die Schritte meistens kleiner, da können auch 2.000 Euro auf oder ab über einen Vertragsabschluss entscheiden.

Doch sagen wir, das ist alles abgesprochen, ein Vertragsangebot ausgeschickt und vom Spieler auch unterschrieben retourniert. Wenn vorher Extrawünsche geäußert wurden, sollten diese auch schon festgehalten sein, leider tauchen sie erst zu diesem Zeitpunkt auf. Und derer gibt es viele:

Ein Diener vieler Herren

Ein besonders "beliebtes" Ratespiel für die Vereinsmanager: Wer vertritt den Spieler, an dem man interessiert ist, eigentlich? Dabei geht es weit seltener darum, dass der Agent nicht bekannt ist, viel mehr, dass mehrere Agenten ein- und denselben Spieler anbieten. Und dabei spreche ich gar nicht davon, dass nordamerikanische Spieler oft einen Vertreter für Übersee und einen für Europa haben.

Ein häufiger Grund: Ein Agent wird zum Trittbrettfahrer. Der Spieler kommt nicht weiter, ein anderer Agent bietet ihn - mit oder ohne dessen Wissen - bei den Vereinen an. Wenn nichts passiert, ist nichts verhackt, wenn aber ein Angebot eintrudelt, legt der Agent das dem Spieler vor, so nach dem Motto: "Siehst du, was ich für dich tun kann, wenn du mich lässt." Peinlich kann es nur werden, wenn ein Team dieses Wirrwarr auflösen will und den Spieler direkt kontaktiert. Auf die Frage "Repräsentiert dich X oder Y?" kommt dann manchmal die Antwort: "Ich habe mit Y noch nie gesprochen, kenne ihn gar nicht."

Aber umgekehrt wird auch oft ein Schuh daraus: Der Spieler wird aufgrund ausbleibender Angebote nervös, wendet sich an Agent B, dann C, dann D, hat aber A auch nie das Vertrauen entzogen. Da haben dann Teams Listen von verschiedenen Agenten mit den gleichen Namen vorliegen, was einerseits reizvoll (suchen sich halt den Agenten aus, mit dem sie am besten können), andererseits auch wieder frustrierend sein kann. Vor allem, wenn dann nach Vertragsabschluss mit Agent C die Kollegen A und D auftreten und ihre Vermittlungsgebühr einfordern. Im Gegensatz zur NHL, wo jeder Agent bei der Players' Association registriert ist, gilt in Europa: "Erlaubt ist, was gefällt."

Realitätsfern und ein Markt in Bewegung

Grundsätzlich gilt: Jeder Agent kann fordern, was er will, jedes Team kann ein Angebot in jeder Höhe abgeben. Selbst wenn eine Seite realitätsfremd auftritt - eine kurze Absage und das Leben sollte weitergehen. Profis unter den Agenten und den Vereinsmanagern sehen das auch so, aber es gibt auch das eine oder andere "Zornbinkerl", das schnell in die Höhe geht. Das sind dann auch immer die gleichen Pappenheimer, über die sich beide Seiten beklagen.

Baumgartner und Payr: ÖEHV-Zukunftsaktien in Davos Eishockey - International LAOLA1-Experte Bernd Freimüller klärt über Benjamin Baumgartner und Julian Payr auf:

Ich denke mir auch oft meinen Teil, etwa als im letzten Sommer ein EIHL-Team einem DEL-Crack, dessen Stern bereits im Absinken war, ein Angebot machte. Seine Antwort: "Mir liegen mehrere Angebote aus der KHL, SHL und DEL vor." Kostete mich nur ein Lächeln, schlussendlich landete dieser Crack in der DEL2. Ein einfaches "habe kein Interesse" hätte es natürlich auch getan, aber selbst so realitätsferne und einfach zu durchschauende Aussagen kommen vor.

Ein ähnliches Beispiel aus diesem Sommer: Ich empfahl einem Team einen Defender, der in der finnischen Liga einen soliden, aber keineswegs überragenden Part hingelegt hatte. Dessen Antwort auf eine Anfrage: "Warte auf NHL-Vertrag, wenn nicht, dann AHL-One-Way. Letzte Alternative wäre Rückkehr nach Finnland, SHL oder DEL." Bin wirklich gespannt, ob seine Wünsche in Erfüllung gehen, aber einer von uns beiden hat seinen Wert auf jeden Fall falsch eingeschätzt.

Was man auch wissen muss: Was im April gesagt wird, hat oft im Juli keine Gültigkeit mehr und sollte von beiden Seiten nicht auf die Goldwaage gelegt werden. Spieler, die zuerst noch sechsstellige Summen forderten und die EBEL eh nie ins Auge fassen würden, nehmen dann ein Angebot doch gerne wahr. Umgekehrt wenden sich Teams, die angeblich von interessierten und preisgünstigen Spielern nur so überrannt wurden, nach Monaten doch noch mit einem neuen Angebot an bereits abgelehnte Cracks.

Das gehört einfach zum Business, der Spielermarkt ist dauernd in Bewegung und jeder Spieler hat andere Parameter. Die einen wollen frühe Planbarkeit (z.B. David Fischer), andere wiederum suchen die besten Lebensumstände. Andere wie Nick Petersen suchen aufgrund einer besonderen Familiensituation nach den besten Umständen, was aber im Umkehrschluss auch nicht heißt, dass sie dann für Haselnüsse spielen.

Der Transfersommer geht langsam aber sicher dem Ende zu - nach meinem Dafürhalten sind heuer noch mehr gute Cracks ohne Verträge als etwa im letzten Sommer. Die Probleme und Holprigkeiten bleiben aber von Jahr zu Jahr gleich...

Textquelle: © LAOLA1.at