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Warum NHL-Teams bei Trades ihre Draft-Picks schützen

"Conditional"? "Protected"? Draft-Picks werden heutzutage nicht einfach so abgegeben. LAOLA1-Experte Bernd Freimüller erklärt die Begriffe und ihre Bedeutung:

Warum NHL-Teams bei Trades ihre Draft-Picks schützen Foto: © getty

Gerade bei der letzten NHL Trade-Deadline fiel es auf: Draft Picks werden heutzutage nicht einfach so bei Trades inkludiert, sie kommen oft mit gewissen Bedingungen daher.

Was bedeuten die oft angeführten Zusätze "conditional" und "protected"?

LAOLA1-Scout Bernd Freimüller erklärt es:

Unterschied zwischen "conditional" und "protected"

"Protection" kann im (US)-Englischen so einiges bedeuten – von Kondomen bis zur Sonnencreme, jedenfalls sollen sie dich zu einem großen Teil vor unliebsamen Folgen bewahren. Was in der NBA schon länger Bestand hat, wurde in den letzten Jahren auch in der NHL zur Gewohnheit – Draft Picks werden "protected", also abgesichert. Ein Beispiel:

Die Boston Bruins erhielten von den Detroit Red Wings Tyler Bertuzzi im Tausch für ihren Erstrunden-Pick 2024 und ihren Viertrunden-Pick 2025. Der Erstrunden-Pick ist "Top-10 protected."

Was das heißt: Sollten die Boston Bruins in der nächsten Saison schlecht abschneiden und ihr Pick (nach der Lotterie) unter den Top-10 landen, schiebt sich dieser Pick um ein Jahr nach hinten, da aber ohne Konditionen.

Soviel zu einer klaren "Protection", hier ein weiteres Beispiel, kombiniert mit "Conditions":

Die Ottawa Senators erworben von den Arizona Coyotes Defender Jakob Chychrun. Die Coyotes erhielten im Gegenzug einen Erstrunden-Pick 2023 (conditional), einen Zweitrunden-Pick 2024 (ursprünglich von den Washington Capitals, conditional) und einen 2026 Zweitrunden-Pick (ursprünglich von den Ottawa Senators).

Der Erstrunden-Pick 2023 ist "Top-5 protected" – sollten die Senators also (wieder einmal) schlecht abschneiden und zu einem hohen Pick kommen, verschiebt sich dieser um ein Jahr nach hinten, dann wieder ohne Schutz. Also analog zum Bertuzzi-Deal.

Beim Zweitrunden-Pick 2024 wird es schon schwieriger: Sollten die Senators heuer das Eastern Conference Final schaffen (eher unwahrscheinlich, sie liegen derzeit auch sechs Punkte außerhalb der Playoff-Plätze), wird aus diesem Pick ein Upgrade zu einem Erstrunden-Pick 2024, allerdings "Top-10 protected". Das heurige Abschneiden beeinflusst also den Pick ein Jahr später.

Zusammengefasst: Schaffen die Senators heuer das Eastern-Conference-Finale und die Capitals hätten im Jahr 2024 einen Top-10-Pick, bekämen die Coyotes 2025 den Erstrunden-Pick von den Senators, egal an welcher Stelle. Der Zweitrunden-Pick 2024 verbleibt bei den Senators.

Also bereits zwei Konditionen bei einem Pick und diese sind sowohl vom heurigen Abschneiden der Senators als auch dem der Capitals abhängig!

Es wird komplex

Wer jetzt noch nicht genug und sich mit einem Aspirin in ein abgedunkeltes Zimmer zurückgezogen hat, kann sich mit einem noch komplizierteren Deal auseinandersetzen.

Die New York Rangers erwarben von den Chicago Blackhawks Superstar Patrick Kane. Die Blackhawks erhielten unter anderem zwei Picks von den Rangers: Einen Zweitrunden-Pick 2023 (conditional) und einen Viertrunder 2025. Der 2025er erfolgte ohne Konditionen, der von 2023 hängt davon ab, ob die Rangers heuer das Eastern Conference Final schaffen. Wenn ja, wird aus dem Pick ein 2024 Erstrunder, der wiederum Top-10 Protected ist. Sollte diese beiden Klauseln zum Schlagen kommen, wird ein 2025 Erstrunder daraus.

Das ergibt wieder zwei Konditionen in einem Pick und eine mögliche Verschiebung um zwei Jahre! Wie die Coyotes würden auch die Blackhawks von einem guten Abschneiden ihres Trade-Partners profitieren.

Noch nicht genug: Im Kane-Trade waren ja auch die Coyotes involviert, indem sie die Hälfte seines Gehalts in einer Retention übernahmen. Für dieses Entgegenkommen bekamen sie von den Rangers einen 2025-Drittrunden-Pick (conditional).

Die Konditionen bei diesem Pick: Die Coyotes erhalten entweder den Original-Pick der Rangers oder den der Dallas Stars (natürlich inzwischen im Besitz der Rangers) in derselben Runde, welcher auch immer höher (und damit besser für die Coyotes) ausfällt.

Kann man schon drüber diskutieren, ob man für einen Drittrunden-Pick so einen Aufwand betreiben muss, aber damit ist noch längst nicht alles erledigt: Die Rangers erhielten diesen Pick ursprünglich im Tausch für den Schweden Nils Lundkvist und dieser hat auch noch ein Sternderl (="conditional") dabei: Macht Lundkvist in der heurigen und nächsten Saison gemeinsam 55 Punkte, ist das nämlich erst der Drittrunden-Pick wie oben beschrieben. Ohne diese Scorerzahlen wäre es nur ein Viertrunden-Pick, dann würden die Coyotes automatisch nicht diesen, sondern den Original-Pick der Rangers bekommen.

Konditionen führen also zu Konditionen und wieder zu Konditionen, eine Art Matruschka-System also. Es gäbe natürlich noch Dutzende anderer solcher Beispiele (und die können durchaus noch komplizierter ausfallen), aber sie erklären die gebräuchlichen Beweggründe:

Was bedeutet "conditional" und "protected" nun konkret?

"Protected" - Ein Team gibt einen (meist hohen) Pick her, will aber am Draft-Tag nicht völlig mit heruntergelassenen Hosen dastehen. Der GM sichert sich wenigstens bei einer schlechten Saison ab, verschiebt den Pick auf die darauffolgende Saison. Natürlich kann das schiefgehen, sein Team lässt einer schwachen Spielzeit eine noch schwächere folgen (oder das Glück in der Lotterie wird zum eigentlichen Pech) und der Trade-Partner profitiert davon.

Was ebenso passieren kann: Aus einem Pick in einem schwachen Draft wird ein Jahr später ein Pick in einem starken Draft, wovon nur der Trade-Partner profitiert.

"Conditional" – das gibt es mittlerweile in vielen Schattierungen. Ein Team hofft, dass der Partner eine gute Saison spielt, damit sich der Pick erhöht. Ein Spieler wird getradet und schlägt beim Gegner ein – immer unangenehm, aber wenigstens schaut ein höheres Draftrecht heraus. Hier will man sich nicht gegen das eigene schlechte Abschneiden, sondern gegen das gute des Partners oder des getradeten Spielers ein bisschen absichern.

Vor allem in der ersten Runde spielt es – im Durchschnitt der Jahre – eine große Rolle, wo ein Pick angesiedelt ist. Natürlich variieren die Stärken der einzelnen Jahrgänge, aber als Faustregel gilt, dass meistens an der Stelle 10-12 ein Bruch kommt, die nachfolgenden Spieler schwächer werden.

Natürlich gibt es Ausreißer, aber um die geht es ja nicht – auch ein Siebtrunden-Pick kann einen Erstrunder in seiner Karriere übertrumpfen. Doch im Schnitt unterscheiden sich die Spieler am Ende der ersten Runde nicht von denen der zweiten Runde, sehr wohl aber krass von den Top-Picks. Daher oft die Top-5 oder Top-10 Protection.

Wie so vieles in der NHL sind auch die Bedingungen bei Trades über die Jahre immer komplizierter geworden. Natürlich sind die Fans nicht verpflichtet, sich mit solchen Details auseinanderzusetzen. Aber wer es tut, findet so manch interessante Absprache, die oft erst Jahre nach dem eigentlichen Deal schlagend wird...


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