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Welchen Zweck die NHL-Preseason erfüllt

LAOLA1-Experte Bernd Freimüller kennt den Nutzen hinter den "Testspielen":

Welchen Zweck die NHL-Preseason erfüllt Foto: © getty

Am 2. Oktober startet die NHL - auf's Eis zurückgekehrt sind die Teams aber schon jetzt, denn bis dahin stehen natürlich noch einige Preseason Games an.

Aber wofür sind diese Spiele "außer Konkurrenz" eigentlich gut? Gibt es abseits von ersten Kostproben für die Fans auch einen konkreten Nutzen für die Teams? Natürlich! Und LAOLA1-Experte Bernd Freimüller hat auch die Antworten.

Ein Blick auf die Bedeutung der Camps und Vorbereitungsspiele:

Können die Teams in der Vorbereitung eigentlich jeden Spieler testen?

Ja und nein. Er muss entweder auf der Reserve List des jeweiligen Teams stehen (Draft Picks ohne Vertrag) oder einen Vertrag mit dem Team haben. Dazu kommen noch die Spieler auf PTOs.

 

PTO – Was ist das?

Ein "Professional Try-Out (Agreement)" – ein Spieler unterschreibt also einen Tryout-Vertrag. Das ist im Gegensatz zur AHL in der NHL eigentlich nur in der Preseason möglich, Torhüter ausgenommen. "Eigentlich" deswegen, da ich mich an zumindest einen Fall während der Saison erinnerte, der sogar einen erfahrenen Agenten vor ein Rätsel stellte.

Diese PTOs können von beiden Seiten jederzeit bis zu Saisonbeginn wieder gelöst werden.

 

Diese PTOs können sich also für einen NHL-Vertrag empfehlen?

Theoretisch ja, aber weit mehr die Ausnahme denn die Regel. Es passiert auch ab und zu, dass ein Spieler anschließend einen AHL-Vertrag in derselben Organisation unterschreibt. In vielen Fällen erfüllen sie aber den Zweck, eine Regel für die Vorbereitungsspiele zu erfüllen.

 

Eine Regel für Testspiele – welche wäre das?

Die, dass jedes Team in jedem Preseason Game mindestens acht "Veterans" einsetzen muss. Die Voraussetzungen für diese Kategorie:

  • Mindestens 30 NHL-Spiele in der Vorsaison oder
  • 100 NHL-Spiele gesamt
  • Ein Torhüter, der entweder 30 NHL-Spiele gespielt hat oder bei 50 Spielen auf dem Spielbericht gestanden ist
  • Ein Erstrunden-Pick des letzten Drafts (nicht gerade das erste, das einem beim Wort "Veteran" einfällt)

 

Braucht es da wirklich dieser Regel? Setzen die Teams nicht ohnehin ihre besten Spieler ein?

Weit davon entfernt: Vor allem bei den ersten Spielen (von maximal acht per Kollektivvertrag CBA gestatteten) geben die Teams jungen Spielern, die sich im Camp bewährt haben, gerne eine Chance, schonen ihre Stars. Einige Teams bestreiten sogar zwei Spiele an einem Tag - Arizona und Los Angeles etwa spielten in beiden Heimhallen zur gleichen Zeit zwei Spiele. Da bedarf es schon dieser künstlichen Auffüllung dieser Kader. Mehr als drei Spiele in Folge darf ein Spieler auch nicht bestreiten.

Grundsätzlich gilt: Bei den Heimspielen ist immer ein besserer Kader zu erwarten als auswärts. Gegen Ende der Vorbereitung, wenn die Juniorenspieler wieder zu ihren Teams zurückgekehrt sind, ältere Cracks zu den AHL-Teams geschickt wurden bzw. ihre PTOs wieder aufgelöst wurden, ähneln die Line-ups dann denen zu Saisonbeginn.

Dass ein Spieler wie Ryan Suter über 29 Minuten in einem Preseason-Game spielt, ist natürlich die Ausnahme, allerdings ist der Minnesota-Defender immer ein Mann mit übermäßig viel Eiszeit und konnte sich so wieder darauf einstimmen.

 

Zurück zu den PTO's – wie viele gab's da heuer und hat jemand von ihnen einen Vertrag bekommen?

Insgesamt rückten 32 PTO-Spieler in die Camps ein. Dazu gehörten natürlich einige, die von Haus aus wenig Chancen hatten. Corey Elkins etwa, der letzte Saison in Wolfsburg aus Verletzungsgründen kein einziges DEL-Spiel bestreiten konnte. Scotty Upshall oder Kevin Lynch, ebenfalls letzte Saison untätig. Chris Stewart oder Luc Snuggerud, letzte Saison in der EIHL bzw. norwegischen Liga aktiv. In die Kategorie "Minor Leaguers" fallen Cracks wie Alexandre Grenier, Ryan Bourque oder Landon Ferraro.

Am anderen Ende der Skala und mit besseren Chancen: In der NHL etablierte Spieler, die noch ohne Vertrag dastehen, wie etwas Tobias Rieder, Luca Sbisa, Andrew MacDonald, Zac Rinaldo oder Drew Stafford.

Von den 32 PTOs konnte sich bis jetzt einzig der schwedische Defender Fredrik Claesson (Carolina) einen Vertrag erspielen, der Rest wartet noch oder wurde bereits wieder entlassen. Defender Eric Gryba beendete seine Karriere. Nicht alle dieser PTOs erfüllten die Veteranen-Regelung, einige von ihnen dienten auch als Kaderauffüllung zum Training bzw. machen General Manager öfters auch einigen Agenten einen Gefallen.

 

Können sich Spieler im Camp einen NHL-Platz erspielen?

Natürlich, obwohl ich sagen würde, dass etwa 80-90 Prozent der Kaderplätze immer vergeben sind. Doch der Deutsche Lean Bergmann etwa machte mit guten Leistungen bei San Jose auf sich aufmerksam – jeder Tag, den er im Camp verbringt, bringt ihn näher an die NHL heran. Ich erinnere mich an den Schweden Jesper Bratt, der vor zwei Jahren im Camp von New Jersey überraschte und bis heute im Kader der Devils steht, nie ein AHL-Spiel bestritten hat.

Der letzte Cut erfolgt jedenfalls knapp vor Saisonstart, mehr als 23 Spieler dürfen nicht auf der Kaderliste stehen.

 

Die Leistungen in den Testspielen sind also ausschlaggebend, ob es ein Spieler in die NHL schafft oder nicht?

Ja, aber nur im Gesamtkontext. Spieler mit Zwei-Weg-Verträgen sind immer leichter in die AHL zu schicken als Spieler mit One-Way-Contracts - vor allem bei Teams, die am Upper Limit der Cap angesiedelt sind und auf jeden Cent aufpassen müssen. So gaben die Dallas Stars zwar ihrem Erstrunden-Pick vom Juni, Defender Thomas Harley, nach guten Leistungen im Camp einen Kontrakt, Coach Jim Montgomery hatte ihn zuvor auch über den grünen Klee gelobt. Auch wenn ihn Medien und Fans schon im NHL-Team sahen, muss er in die OHL zurück. Die Stars eiern so knapp am Upper Limit herum, dass jeder Cent zum Thema wird. Ein Einsatz Harleys hätte auch bedeutet, dass sie einen anderen Spieler auf Waivers setzen müssen und diesen dann möglicherweise verlieren – auch das ein Paramater, der Leistungen in der Preseason oft aussticht.

 

Kann man von der Preseason auf die Regular Season schließen?

Nur auf eigene Gefahr, ich habe mir das schon lange abgewöhnt, verfolge weder die Resultate noch einzelne Leistungen. Zu unterschiedlich sind immer die Kader, um Rückschlüsse auf die wahre Leistungsstärke zu ziehen. Und ob etwa Michael Grabner oder Michael Raffl in der Vorbereitung treffen oder nicht, hat auf deren Status im Kader natürlich auch kaum Einfluss.

 

Wenigstens können sich die Fans in der Vorbereitung ihre Teams und einige junge Spieler zu Testspielpreisen anschauen, oder?

Ein netter Gedanke, aber auch die Preseason-Games sind Big Business. Top-Preis für ein Spiel der Toronto Maple Leafs gegen Montreal: 600 (Kanadische) Dollar...

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