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Freimüller erklärt die NHL-Draftrechte

Wie lange dürfen die NHL-Teams ihre Draftpicks hinhalten? Der LAOLA1-Scout klärt auf.

Freimüller erklärt die NHL-Draftrechte Foto: © GEPA

Im Gegensatz zur großen Trading-Deadline ist der 1. Juni ein weniger beachtetes Datum in der NHL. Doch an diesem Tag laufen jährlich die NHL-Rechte einiger Draft Picks ab. So etwa heuer die von Benjamin Baumgartner, dem die New Jersey Devils keinen Vertrag anboten.

LAOLA1-Scout Bernd Freimüller wirft einen Blick auf die etwas komplizierten Regeln zu diesem Datum:

Benjamin Baumgartner ist seit 1. Juni kein (kleiner) Teil der Devils-Organisation mehr. Ähnliches gilt für den Deutschen Justin Schütz, in der ICE seit seinem Gastspiel bei Red Bull Salzburg bekannt – die Florida Panthers ließen seine Rechte verfallen. Dagegen darf Thimo Nickl noch zwei weitere Jahre auf einen Vertrag bei den Anaheim Ducks hoffen, obwohl er im selben Jahr wie Baumgartner gedraftet wurde. Gelten für jeden Spieler also eigene Regeln? Nicht ganz, aber einfach sind sie nicht. Hier einige Beispiele:

Justin Schütz

Wurde 2018 aus der Red Bull Academy von den Florida Panthers gedraftet. Schütz war damals erstmals draftberechtigt. Als Spieler aus einem europäischen Land mit einem Transferabkommen zur NHL hält die jeweilige Organisation die Rechte bis zu fast vier Jahren, in seinem Fall eben bis zum 1. Juni 2022. Schütz war eigentlich ein typisches Beispiel für einen aus Europa gedrafteten Spieler, dem ein NHL-Team über vier Jahre keinen Vertrag anbot.  

Thimo Nickl

Ein äußerst komplizierter Fall, der sogar bei Fachleuten Nachfragen nötig machte. Auch Nickl war ein Draftpick im ersten möglichen Jahr, galt als 18-jähriger im Sinne der NHL. Er spielt in seinem Draftjahr in der kanadischen Juniorenliga CHL.

Zwei oder vier Jahre? Bernd Freimüller klärt auf:

Für solche Spieler (egal ob gebürtige Europäer oder Nordamerikaner) gilt grundsätzlich: Die NHL-Teams müssen ihnen innerhalb von zwei Jahren einen Vertag anbieten.

Nickls Rechte bei den Anaheim Ducks wären also heuer parallel zu Baumgartner ausgelaufen. Allerdings: Durch Corona konnte Nickl nicht mehr nach Drummondville zurückkehren, spielte stattdessen in Europa (Rögle BK). In solchen seltenen Fällen – also Spieler, die aus Übersee gedraftet werden, dann aber nach Europa gehen – werden die Rechte auf drei oder vier Jahre ausgedehnt, im Falle von Nickl auf vier (da er im Draftjahr 18 Jahre alt war).

Benjamin Baumgartner

Auch kein alltäglicher Fall, allerdings nicht aufgrund seiner Herkunft, sondern wegen seines Alters. Baumgartner wurde in seinen ersten zwei möglichen Jahren nicht gedraftet, erst im dritten möglichen Jahr zogen ihn die New Jersey Devils in der sechsten Runde. Der gebürtiger Zeller galt damals als 20-jähriger im Sinne des Drafts und für diese gilt, dass das jeweilige Team die Rechte nur für zwei statt für vier Jahre hält. Die Devils hätten ihm daher bis Mittwoch einen Vertrag anbieten müssen, taten dies aber nicht.

Schauen wir in die Zukunft – wie wird es mit den zwei nächsten österreichischen Draftpicks aussehen?

Marco Kasper

Der Klagenfurter kletterte nicht zuletzt aufgrund einer sehr guten WM die Draft Charts hinauf, die Rechtefrage wird sich aber nicht vom wesentlich tiefer gezogenen Justin Schütz unterscheiden. Kasper wird aus Europa gedraftet, Schweden hat ein (brandneues) Abkommen mit der NHL. Da er als 18-jähriger gilt, wird sein Team die Rechte an ihm für vier Jahre halten.

Vinzenz Rohrer

Ich halte die zweite oder dritte Runde als Draft Spot für den Vorarlberger wahrscheinlich. Er spielt in der OHL bei den Ottawa 67s, gilt damit trotz seiner europäischen Herkunft als nordamerikanischer Spieler.

Als 18-jähriger würde sein NHL-Team die Rechte für zwei Jahre halten (so er nicht wie Nickl nach Europa wechselt). Voraussetzung dazu ist, dass ihm das Team bis zum 1. Juni 2023 ein sogenanntes "Bona-Fide Offer" unterbreitet. Dieses Angebot ist das Minimum für einen Entry-Level-Vertrag und gilt für mindestens 30 Tage.

Das Ganze ist eine reine Formsache, um die Rechte am Spieler nicht zu verlieren. Meistens raten die Agenten gegen eine Unterzeichnung, da hier etwa keine Performance und Signing Boni inkludiert sind und das Gehalt eben das Minimum in der NHL ausmacht.

Bleibt ein solches Angebot aus (passiert höchst selten), geht der Spieler in den nächsten Draft. Rohrers Rechte werden aber höchstwahrscheinlich mit dem 1. Juni 2024 auslaufen, so er nicht schon früher unterschreibt.

Wie lange NHL-Teams also die Rechte an gedrafteten Spielern halten, hängst also von drei Faktoren ab:

Alter beim Draft

Aus Übersee (im College gelten noch andere Regeln) oder aus Europa gedraftet?

Wird ein Bona-Fide-Offer gelegt? (der am wenigsten wichtige Punkt)

NHL-Karriere nicht ausgeschlossen

Was bedeuten die ausbleibenden Offerte also jetzt für Baumgartner und Schütz? Beide sind ab sofort Unrestricted Free Agents im Sinne der NHL, könnten theoretisch bei jedem Team unterschreiben. Das wird in absehbarer Zukunft aufgrund ihrer letzten Entwicklung nicht passieren, aber wer weiß, was die Zukunft bringt.

Es gibt eine Reihe von europäischen Spielern, die erst in späteren Jahren den Sprung in die NHL schafften, allerdings nicht bei den Teams, die sie ursprünglich gedraftet hatte. Joonas Donskoi wäre so ein Beispiel – die Florida Panthers (drafteten ihn 2010) ließen seine Rechte auslaufen, er unterschrieb 2015 bei den San Jose Sharks und spielt noch heute in der NHL (inzwischen Seattle Kraken).

Die Verträge von Baumgartner und Schütz in Europa laufen natürlich unabhängig von NHL-Rechten. Beide müssen aber natürlich noch mächtig zulegen, um an einen eventuellen Vertag in Übersee denken zu können.   

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