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Als Marco Rossis große Stunde im NHL-Draft schlug

Vor gut zwei Jahren wurde Rossi gedraftet. 67's-GM James Boyd blickt auf ihn zurück:

Als Marco Rossis große Stunde im NHL-Draft schlug Foto: © GEPA

Nicht einmal zwei Jahre ist es her, dass Marco Rossi als erst dritter Österreicher nach Michael Grabner und Thomas Vanek in der ersten Runde des NHL-Drafts gewählt wurde.

Am 6. Oktober 2020 entschieden sich die Minnesota Wild an neunter Stelle für den damals 18-jährigen Vorarlberger und machten den Center zum zweiten Top-10-Pick der ÖEHV-Historie. Nur Thomas Vanek gelang dies zuvor im Draft 2003, die Buffalo Sabres zogen ihn sogar an fünfter Stelle.

In der Nacht auf Freitag wird aus dem Erstrunden-Trio mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein Quartett, wenn der 18-jährige Marco Kasper unter den ersten 32 Spielern über den Tisch geht. Auch für ihn ist ein Platz unter den zehn besten Talenten möglich, wenngleich die Prognosen ab der vierten Position stark variieren.

Während der Sohn von KAC-Legende Peter Kasper genauso wie Ottawa-Legionär Vinzenz Rohrer der Talenteziehung entgegenfiebert, kennt Rossi dieses Gefühl bereits - obwohl sein Draft ein wenig anders über die Bühne ging, als dem in Montreal der Fall sein wird.

"Er war der beste Spieler"

Denn der Mann aus Feldkirch war an diesem 6. Oktober nicht etwa in Nordamerika live vor Ort, sondern er verfolgte den Draft in der Heimat vor dem Fernseher. Die Corona-Pandemie zwang die NHL nämlich dazu, die in Montreal geplante Veranstaltung abzusagen und den Draft per Videokonferenz in den Studios von "NHL Network" abzuhalten.

Der NHL-Draft 2020 per Videokonferenz
Foto: © getty

Dadurch verlor dieses einmalige Erlebnis etwas an seinem Flair, trotzdem war der ÖEHV-Teamspieler überwältigt, als er seinen Namen gehört hat. Ebenfalls digital lief der Import-Draft der CHL ab, in dem Rossi schon 2018 von den Ottawa 67's gewählt wurde.

Das OHL-Team aus der kanadischen Hauptstadt beobachtete den Youngster schon "ein paar Jahre vor dem Import-Draft", wie 67's-GM James Boyd im LAOLA1-Interview erzählt. Erstmals aufgefallen ist Rossi dem 46-Jährigen schon in seinen Anfangszeiten in Zürich, wo er zwischen 2014 und 2018 spielte.

Als Boyd während Rossis letzter Saison in der Schweiz nach Europa reiste, war er sofort begeistert. "Ich konnte Marco in der NLB (Anm: zweithöchste Schweizer Spielklasse) sehen. Ich fand ihn herausragend. Er war der beste Spieler", schwärmt Boyd.

Boyd erkannte Rossis Star-Potenzial früh

Im ersten Spiel, welches der Kanadier in Zürich gesehen hat, "spielte auf der Gegenseite mit Marek Zagrepan ein ehemaliger First-Round-Pick der NHL. Und es war offensichtlich, das Marco in diesem Spiel nicht außerhalb seines Elements war. Es war also schon klar, dass er ein Star werden wird", erkannte Boyd schon damals das große Potenzial.

Der General Manager wollte den 18-Jährigen unbedingt in seinem Team haben, erste Gespräche führten schnell zum gewünschten Erfolg und Rossi übersiedelte nach dem Import-Draft von Zürich nach Ottawa. Dort wurde er auf Anhieb zum Publikumsliebling und war nicht mehr aus dem Team wegzudenken.

"Ich bin mir sicher, dass er ein sehr guter NHL-Spieler sein wird."

Ottawa 67's-GM James Boyd

Boyd war besonders von Rossis "Cleverness und Fähigkeit, das Spiel zu verarbeiten" begeistert. "Er ist immer in Position. Und die Tatsache, dass er Punkte machen kann, aber immer auch defensiv verantwortlich ist. Das war in seinem Spiel augenscheinlich", meint Boyd.

Rossi ließ in seinem Draft-Jahr den First-Overall-Pick hinter sich

Nach einer starken Rookie-Saison in der Ontario Hockey League avancierte der Feldkircher in seinem Draft-Jahr zu einem absoluten Superstar der übergreifenden Canadian Hockey League (CHL). Diese führte der Center zum Saisonende mit 120 Scorerpunkten deutlich vor dem späteren First-Overall-Pick Alexis Lafreniere (112 Punkte) an.

Doch während es für viele eine Sensation war, war Boyd alles andere als überrascht. Schließlich offenbarte der Österreicher sein Talent schon früh, war in der zweiten Saison auch schon an die Gegebenheiten in Nordamerika gewöhnt. Ein wichtiger Umstand, empfindet Boyd.

"Spieler, die aus Europa kommen, müssen ihr Spiel erst auf die kleinere Eisfläche umstellen. Dazu kommt der Spielplan: Wir haben sechs Testspiele, 68 Regular-Season-Begegnungen und dann noch die Playoffs. Das ist eine Umstellung und der Wettbewerb in unserer Liga ist enorm."

Manche würden diese Umstellung schneller als andere schaffen und Rossi war einer von ihnen. Der Vorarlberger ließ die Konkurrenz mit seinem ständigen Lern- und Arbeitswillen hinter sich und zog damit das Interesse zahlreicher NHL-Teams auf sich.

Rossis erste NHL-Schritte beeindruckten den GM

Letztendlich ging es mit Minnesota sogar zu einem der besseren Teams, das zu diesem Zeitpunkt allerdings ein kleines Tief erlebte und zweimal in Folge die Playoffs verpasste.

Trotzdem waren sich viele einig, dass der Vorarlberger perfekt zu den Wild passt. Minnesota war und ist weiterhin nicht von großen Talenten auf der Center-Positon gesegnet, Rossi wird die Franchise in dieser Hinsicht wohl über Jahre hinweg anführen.

Marco Rossi bei seinem NHL-Debüt gegen Boston
Foto: © GEPA

Boyd freute sich ebenfalls für seinen Schützling, der aufgrund gesundheitlicher Probleme in Folge einer Corona-Infektion jedoch lange auf sein Debüt in der besten Eishockey-Liga der Welt warten musste. Doch nach hervorragenden Leistungen für das AHL-Farmteam Iowa Wild sowie einer Verletzungsserie bei den "Großen" war es endlich soweit.

Am 6. Jänner 2022, genau 15 Monate nach seinem Draft, stand der Vorarlberger für die Minnesota Wild erstmals auf dem Eis. Gegen die Boston Bruins gab er sein Debüt und holte in seiner ersten Sekunde in der NHL gleich eine Strafe heraus.

Die ersten Schritt Rossis auf der großen Bühne verfolgte Boyd vor dem heimischen Fernseher - und war beeindruckt. "Ich fand, dass er bemerkenswert gelassen war. Er sah ziemlich cool aus, überhaupt nicht nervös."

"Nur eine Frage der Zeit, ehe er einen sehr guten Eindruck hinterlassen wird"

Seine unfassbar hohe Intelligenz auf dem Eis spiegelte sich sofort wider.

"Wenn diese Spieler auf ein höheres Niveau kommen, ist es für sie manchmal einfacher, mit besseren Spielern zu spielen. Ich weiß nicht, ob das bei Marco der Fall war, aber es sah auf jeden Fall so aus, als ich ihn beobachtete", erklärt der 46-Jährige, der sich immer freut, wenn seine ehemaligen Cracks den großen Sprung schaffen.

Nach zwei Spielen war das NHL-Abenteuer zwar vorerst wieder vorbei und Rossi wurde wieder nach Iowa in die AHL geschickt, wo er die Saison nach einer Handgelenksverletzung im Finish frühzeitig beenden musste. Im kommenden Jahr will der 20-Jährige aber voll durchstarten und sich einen Fixplatz im Minnesota-Kader erkämpfen.

Und Boyd ist sich sicher, dass ihm das nachhaltig gelingen wird. "Ich bin mir sicher, dass er ein sehr guter NHL-Spieler sein wird. Zuverlässig, jemand, auf den sich der Trainer wirklich verlassen kann. Es ist nur eine Frage der Zeit, ehe er in der NHL einen sehr guten Eindruck hinterlassen wird."

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