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ÖEHV-Spiele während ICE-Betrieb: Wie absurd ist der Termin?

Das Eishockey-Nationalteam und die ICE Hockey League spielen praktisch zeitgleich. Teams müssen auf Spieler verzichten. Experte Bernd Freimüller ordnet ein:

ÖEHV-Spiele während ICE-Betrieb: Wie absurd ist der Termin? Foto: © GEPA

ÖEHV-Länderspiele im Dezember - ein seltenes Ereignis und ein noch kurioseres dazu: Parallel zum zweiten Spiel gegen Ungarn am Freitag finden in der win2day ICE Hockey League gleich drei Spiele statt.

Dienstag, Mittwoch und Samstag kommen noch drei weitere dazu. Wie kann so etwas passieren und wie sieht es in anderen Ländern mit diesen Länderspielterminen aus?

LAOLA1-Experte Bernd Freimüller ordnet ein:

VSV und Co. müssen auf etliche Spieler verzichten

Mit welcher Seite man auch spricht, jede hat ihre eigene Version dieser Terminkollision. Der ÖEHV verweist auf den Kooperationsvertrag, veröffentlichte diesen jetzt sogar auszugsweise, die Liga darauf, dass sie viel zu spät von diesen Spielen erfahren hätte.

Hört sich so konträr an wie die Aussagen nach einem Banküberfall, wo ein Zeuge einen großen, kräftigen, dunkelhaarigen Mann, der andere eher einen kleinen, androgynen Blonden ausgemacht hätte.

Jedenfalls muss der VSV am Freitag in Szekesfehervar auf Ali Schmidt, Benjamin Lanzinger und Felix Maxa (dazu noch U20-Teamcrack Johannes Tschurnig), die Black Wings Linz am Freitag in Bozen (und vielleicht auch Samstag in Asiago) auf Niklas Bretschneider, Jakob Mitsch und Julian Pusnik (bei der U20: Patrick Söllinger und Lorenz Lindner) verzichten.

Im österreich-internen Duell zwischen den Graz99ers und dem HC Innsbruck fehlen Michael Kernberger, Jacob Pfeffer, Clemens Krainz bzw. Lukas Bär (Senna Peeters, Dario Winkler und Nico Feldner sagten verletzungsbedingt ab).

Red Bull Salzburg verlegte sein Spiel in Ljubljana vom Freitag auf Februar, hielt sich aus den Zwistigkeiten damit heraus. Laut Kooperationsvertrag ist das ab vier Abstellungen möglich, nur: Bei Nachnomierungen (es gab vier am Montag) wird das Ganze haarig. Was passiert, wenn da ein Team von drei auf vier Abstellungen kommt – wird das Spiel kurzfristig verschoben? Oder umgekehrt? Was ist, wenn einer der vier Salzburger abgesagt hätte? Hätten sie dann ihr Spiel in Laibach doch bestreiten müssen? Ist Leon Sommer ein Spieler der Linzer Black Wings oder der Steel Wings? Alles sehr angreifbar...

Der internationale Vergleich

Aber wie sieht es international aus? Können Länderspiele einfach nach Belieben angesetzt werden? Und wie halten es die anderen Nationen?

Die IIHF hat jede Saison vier Länderspielpausen während den Ligazeiten geschaffen, völlig unabhängig von den Weltmeisterschaften. Die Daten der heurigen Saison:

  • 22. – 28. August (wird von kaum einem Land wahrgenommen, Spiele finden nur im Falle einer Olympia-Quali statt)
  • 7. – 13. November (hier spielen alle Nationen)
  • 12. – 18. Dezember (also von Montag bis Sonntag)
  • 6. – 12. Februar (wieder fast alle Nationen im Einsatz)

Im Dezember spielte der ÖEHV in den letzten Jahren nur im Dezember 2018 (Swiss Hockey Challenge). In den letzten beiden Saisonen verwehte Corona ohnehin fast alle Länderspiele.

Zu den anderen Nationen: Von den 14 A-Gruppen-Teilnehmern der nächsten WM (Kanada und die USA weggelassen) spielen in dieser Woche:

  • Die Schweiz, Tschechien, Schweden und Finnland bei den Swiss Hockey Games
  • Die Slowakei, Norwegen und Lettland beim Kaufland-Cup in Bratislava
  • Kasachstan beim Channel One Cup und Frankreich bei einem Heimturnier
  • Österreich und Ungarn eben Donnerstag und Freitag in Kapfenberg

Nicht im Einsatz: Slowenien, Dänemark und Deutschland. Das DEB-Team spielt nie im Dezember und nimmt als einzige Nation auch den Februar-Termin nicht für Länderspiele wahr. Die DEL wird aber im Februar trotzdem unterbrochen und ein Camp für jüngere Cracks abgehalten, während im Dezember durchgespielt wird.

Es gibt eine internationale Abstellungspflicht, aber mit einer Einschränkung: Ein Spieler muss für maximal neun Spiele während der Saison abgestellt werden. Der Kooperationsvertrag schränkt das auf zwei Turniere pro Spieler ein.

Ein Teamchef könnte also nur dann jeweils mit seinem besten Team antreten, wenn die Klubs zustimmen. Das ist aber hypothetisch: Alle Coaches testen so viele Cracks wie möglich, am ehesten war Russland gefühlt stets mit dem besten Team unterwegs.

Droht ein Zwist zwischen ÖEHV und ICE?

Was ist, wenn ein Spieler wegen Verletzung absagt? Nach den IIHF-Bestimmungen (rätselhafterweise in den "IIHF Transfer Regulations" versteckt) dürfte dieser dann am Freitag nicht antreten (Sonntag sollte kein Problem sein, da das Camp am Freitagabend endet). Bei Zuwiderhandlung droht eine Strafe, Teamsuspens und/oder eine Strafverifizierung.

Dieses Theater - der ÖEHV müsste damit Sanktionen in der ICE Hockey League einleiten - würde ich gerne fünfte Reihe fußfrei verfolgen. Präzedenzfälle gab es bisher keine, da eben nie parallel Spiele anstanden.

Allerdings: Was ist, wenn Dennis Sticha, der wegen Krankheit absagte, bis Freitag wieder gesundet und die ohnehin schon geschwächten Black Wings verstärken soll?

Wie sehr die IIHF-Regularien wasserdicht sind, darf auch hinterfragt werden: Es ist nämlich die Rede davon, dass ein Nationalcoach sein Team drei Wochen vor dem Turnier nominieren muss - das gibt es in keinem Land.

Parallele Spiele zwischen Nationalteam und der Liga sind nicht unbedingt etwas Neues - allerdings war das bisher nur in den Playoffs der Fall. Zwischen Graz und Kapfenberg finden jetzt in 65 Kilometer Entfernung ein Länder- und ein Ligaspiel statt, wobei an beiden Orten kein Massenansturm zu erwarten ist.

Von einer angeblich guten Kooperation des groß herausposaunten gleichnamigen Vertrags kann angesichts der verbalen Scharmützel der letzten Tage allerdings keine Rede sein…


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