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Freimüllers Check: Ljubljana, Znojmo, Pustertal

von Bernd Freimüller Foto: © GEPA

Am Freitag, den 17. September, startet die ICE Hockey League in eine neue Ära.

Nach der Liga-Aufstockung gehen nun 14 Teams in der überregionalen Liga auf Puck- und Punkte-Jagd. LAOLA1-Scout Bernd Freimüller nimmt alle Teams unter die Lupe. Heute im Triple-Check: Orli Znojmo, Olimpija Ljubljana und der HC Pustertal.

Was hat sich bei den neuen Teams getan? Wo liegen die Stärken und Schwächen? Und was darf man vom Trio erwarten? Die Antworten:

Orli Znojmo:

Genau fünf Spiele dauerte die Rückkehr von Orli Znojmo in den tschechischen Ligabetrieb, die 2. Liga (= drittes Level) als Amateursport wurde Corona-bedingt durch die Regierung beendet.

Präsident Pavel Ohera entschied sich danach für eine Rückkehr in die ICE, nicht alle Teams und Ligagranden zeigten sich vom Comeback der streitbaren Tschechen begeistert. Nach neun EBEL-Jahren sind sie jedoch fast so etwas wie ein Liga-Urgestein.

Ohera sprach in einem Interview von nur mehr zwei bis drei Qualitätslegionären für die heurige Saison – Stand heute (und den Slowaken Jakub Köver eh schon weggerechnet) sind es sieben, wobei ich bei Defender Connor Walters eher nicht an einen längeren Aufenthalt glaube.

Ob das Duo Pavel Kantor/Dominik Groh die ewigen Goalieprobleme der Adler lösen wird? Ich habe da meine Zweifel. Kantor war in der tschechischen Extraliga über die Jahre eher ein Backup.

Jordan Southorn galt in der Slowakischen Extraliga als einer der besseren Defender, kann etwas Härte mit durchaus guten Puckskills vereinen. Ryan Culkin geht zwar nicht als absoluter Offensivbringer durch, überrascht mich jedoch immer mit genauen Schüssen durch den Verkehr. Adam Sedlak und Dominik Tejnor sind altbekannte Leute mit altbekannten Schwächen (Speed), Jan Bartko bringt etwas Mobilität ein, könnte aber körperlich an seine Grenzen stoßen.

Fragezeichen im Angriff

Die Kernfrage im Angriff: Können Tomas Svoboda und Vojtech Nemec das ICE-Tempo noch mitgehen? Svoboda sollte weiter für Tore gut sein, aber der 35-jährige Nemec kam in der Vorbereitung gar langsam daher. Von ihrem Linienpartner Filip Ahl sind zwar einige Punkte im Powerplay, jedoch keine läuferische Entlastung zu erwarten.

Anthony Luciani traue ich wieder eine Top-Scorer-Position in der Liga zu. Er agiert weiter nach dem Motto "Hinter mir die defensive Sintflut", seilt sich gerne vorzeitig aus dem Defensivdrittel ab. Hunter Fejes war in Linz und Graz einer der dynamischten Skater der Liga und kann auch scoren, ist aber wie Luciani kein defensiver Großmeister.

Wenn diese Pärchen nicht genügend scoren (oder mehr Tore hergeben als sie erzielen), könnte die Suppe schnell dünn werden. An vier Scorerlinien wie noch vor Jahren ist nicht zu denken, wenngleich Köver in der Vorbereitung durch seinen Speed aufzeigte. So könnte der eher grobschlächtige Josh Brittain nicht die letzte Nachverpflichtung bleiben.

Mit Jiri Beroun und Tomas Jakes traten zwei Ex-Spieler die Nachfolge des verstorbenen Miro Frycer an – beide ohne jedwede Head-Coach-Erfahrung. Sollte die Playoff-Teilnahme in Gefahr geraten (durchaus möglich, obwohl ein einstelliger Platz realistisch scheint), dürfen sie sicher nicht auf viel Geduld hoffen. Auf Linienexperimente in der Vorbereitung ließen sich die beiden gar nicht erst ein.

HK Olimpija Ljubljana:

Die EBEL-Bankrotteure kehren zurück! Nein, sagt die Liga, das ist ein völlig neues Team, das halt zufällig und unter fast identem Namen gleich nach dem Dahinscheiden von Vorgänger HDD in der AlpsHL mitmischen durfte und jetzt nach vier Jahren wieder in die ICE aufgenommen wurde. Die Schulden und ausstehenden Gehälter von früher – unter den Tisch gekehrt, jetzt wird alles wieder besser.

An der Spitze des Vereins – und für eine sorgenfreie Gegenwart und Zukunft stehend - steht Miha Butara, Vizedirektor der slowenischen Staatsbahn. Unter seiner Ägide gewann Olimpija zweimal die AlpsHL – sie werden damit ein interessantes Feldexperiment sein, wie sehr sich die beiden Spielklassen unterscheiden.

Solide, aber unspektakulär

Die Vorgangsweise im Sommer war bald evident – Olimpija kaufte die B-Ware auf dem heimischen Markt zusammen, in anderen Worten: Alle slowenischen Cracks, die im Gegensatz zu Leuten wie Urbas, Sabolic, Ticar, Jeglic und Gregorc keine großartigen Jobs außerhalb ihres Heimatlandes erwarten dürfen.

Das ergibt einen großen Kaderkern mit Leuten, die ICE-Tiefenposition gut ausfüllen und vor allem zuhause einen unangenehmen Gegner abgeben können. Zugegeben, Ales Music wird sich mit 39 Jahren schwertun, aber neben Routiniers wie Ziga Pance, Anze Ropret, Miha Stebic und Aleksandar Magovac stehen auch jüngere Cracks wie Miha Zajc (Ex-Innsbruck), Blaz Tomacevic, Nik Simsic oder Zan Jezovsek im Kader. Letzterer ist ein interessanter Mann mit sehr guten Scorerzahlen in der AlpsHL, sicher einer der größeren offensiven Hoffnungsträger. Um die Verhältnisse ins rechte Licht zu rücken: Im Mai bezwang die slowenische B-Auswahl ihr österreichisches Gegenstück.

Für Kadertiefe und große Hingabe ist sicher gesorgt – selbst bei ausstehenden Gehältern gaben slowenische Cracks immer alles, im Gegensatz zu ihren österreichischen Gegenstücken müssen sie für gute Gehälter ins Ausland schielen.

Kader-Qualität als Knackpunkt

Doch reicht das für eine gute Rolle in der ICE? Ich habe da meine Zweifel. Alleine die Punktewerte des großen Einheimischen-Kerns hätten schon eine große Anzahl an Legionäre verunmöglicht. Doch wenigstens etwas Qualität hätte gutgetan. Wer etwa noch an Sebastien Piche als großen PP-Dirigenten glaubt, hat ihn die letzten Jahre nicht mehr spielen gesehen. Sein finnischer Kollege Joona Erving war in der slowakischen Liga nicht mehr als biederer Durchschnitt. Zwei Legionäre leistet man sich im Sturm, der Franzose Guillaume Leclerc ist ein sicher auffälliger Skater, aber als Topscorer sehe ich ihn auch nicht.

Große offensive Ausbrüche erwarte ich in Laibach mit dieser Besetzung nicht – ob Goalie Paavo Hölsä von der AlpsHL in die ICE mitwachsen kann, kann ich nicht beurteilen. Durchschnitt wird auf seiner Position nicht genügen, da sich viele enge Spiele abzeichnen.

Mitja Sivic ist der neue Mann hinter der Bande, er übersiedelte mit einigen Cracks aus Jesenice in die Hauptstadt. Doch Butara bewies schon in den letzten Jahren, dass er mit Trainerwechseln nicht lange zuwartet. Wenn seine Erwartungen eine sichere Playoff-Qualifikation sind – und nicht etwa nur eine finanzielle ruhige Debütsaison – könnte das ebenso wie einige Legionärsrochaden schnell passieren. Für mich ist Laibach ein Anwärter auf die hintersten Plätze, der aber in fast jedem Match voll dagegenhalten wird.

HC Pustertal:

Derzeitige Hauptattraktion des ICE-Neulings: Die brandneue Halle, die den dringend notwendigen Abriss der grindigen und kalten Rienz-Barracke endlich ermöglichte.

Der HCP hat sich über die Jahre in der italienischen Liga und AlpsHL eine Reputation als gut geführte Organisation erarbeitet, die aber auf dem Eis im entscheidenden Moment regelmäßig abschenkt. Nun: Um den Meistertitel wird es heuer für die Brunecker ohne nicht gehen, höchstens um den Einzug in die Pre-Playoffs.

Interessant dabei die Personalauswahl für das erste ICE-Jahr: Einerseits wurden sehr viele Cracks aus der AlpsHL mitgenommen, andrerseits setzte man im Importsektor fast nur auf neue Namen ohne ICE-Erfahrung. Ein krasser Unterschied etwa zu einem Team wie Fehervar, das sehr gerne ligaerfahrene Spieler recycelt.

Aus dem nicht gerade üppig besetzten Goaliemarkt des Sommers kam Tomas Sholl, der die letzte Saison in der Slowakei begann, bevor er es noch einmal in Übersee versuchte. Im Eishockey-Dorf Detva war man mit seiner Einstellung sehr zufrieden und sah ihn nur ungern gehen. Bei meinem Viewing habe ich einen gut die Winkel bedienenden Torhüter mit durchschnittlichen Beinen gesehen, der in der ICE durchaus bestehen sollte. Wie viele seiner Kollegen wird der Spätentwickler aber zum Vielspieler werden müssen, was vor allem in der spielintensiven Zeit um Weihnachten immer die Spreu vom Weizen sondert.

Kein volles Legionärs-Kontingent

Die Maximalanzahl an Legionären war von Haus aus nicht möglich, zu hoch sind die Punktewerte der Ex-AlpsHL-Cracks. Neben Sholl finden sich neun weitere Legionäre im Kader. In der Defensive müssen Emil Kristensen und Shane Hanna für die Offensive sorgen. Kristensen kenne ich noch aus seiner Zeit in Finnland – ein durchaus beweglicher Defender mit guten Puckskills (keiner überragenden Produktion)  aber auch Problemen in den Zweikämpfen. Hanna kommt nach zwei punktestarken Saisonen in Dänemark in die ICE, überzeugte bis jetzt auch (gegnerische Coaches) in der Vorbereitung.

Mike Caruso (der einzige ligaintern gewechselte Import) und Reece Willcox sind dagegen reine Defensivdefender – da könnte es schon an genügend Puckmovement hapern, da auch von den einheimischen Kräften kaum Beiträge eingefordert werden dürfen.

Im Angriff stehen zwar 16 Leute auf dem Kaderblatt, aber Papier ist bei Jugendspielern halt geduldig. Auf der Centerposition war die Suche nicht nur für den HCP heuer besonders schwierig, am letzten Drücker stößt mit Brad Morrison noch ein AHL-Pivot zur Truppe, von dem man sich vor allem Speed verspricht. Das wird auch nötig sein, denn sowohl Zach Budish und Johan Harju sind wuchtige Körper, die ihre Stärken vor dem Tor haben, speedmäßig aber erst einmal dorthin kommen müssen. Harju verfügt über große Reichweite und einen harten Handgelenksschuss, war trotz 35 Jahren letzte Saison in der Allsvenskan noch eine positive Erscheinung. Lassen seine Beine – nie eine Stärke – noch eine Scorer-Rolle zu?

Jasse Ikonen ist ein Rollenspieler ohne Offensivpotential, er hört sich nach einem Mann für eine Saison an. Eine größere Offensivhoffnung ist natürlich der aus Bozen abengagierte Anthony Bardaro, dessen Punktwert einem Legionär fast gleichkommt. Seine 1-1-Fähigkeiten sollten auch in Bruneck ein Faktor werden.

Einstelliger Tabellenplatz nicht unmöglich

Die Gretchenfrage: Wieviel können jahrelange AlpsHL-Cracks wie Armin Hofer, Ivan Althuber und Raphael Andergassen auf ICE-Niveau noch weiterhelfen? Besonders bei Verletzungen werden sie in exponierte Rollen schlüpfen müssen. Daniel Glira, Ivan Deluca und Dante Hannoun kennen die Liga aus ihren Zeiten in Bozen, wo sie allerdings keineswegs Führungskräfte darstellten.

Wie viele seiner Spieler durfte auch Coach Luciano Basile den Weg in die ICE mitgehen, in der Vorbereitung musste er oft mit einem Rumpfteam auskommen. Ich freue mich schon auf das Auftaktspiel in Bratislava, Höchstform erwarte ich aber noch keine. Ein einstelliger Tabellenplatz wird für dieses Team nicht leicht zu erreichen sein.

Textquelle: © LAOLA1.at