Mehr als ein Monat seit dem letzten EBEL-Finale, etwa mehr als zwei Monate bis zum Trainingsstart Anfang August – abgetaute Eisflächen, aber keine Ruhezeit für Klubfunktionäre. Wie stehen die Planungen in der Off-Season und wie vergleicht sich diese mit denen der Vorjahre?
Diesen Fragen widmet sich EBEL-Scout Bernd Freimüller, der sich im 2. Teil des Artikels die Planungen jedes Klubs einzeln vornimmt:
Jede Transferzeit folgt eigentlich einem inoffiziellen Script. Erst geht es um die eigenen Spieler – will man sie halten oder nicht? Und unter welchen Voraussetzungen?
Optionen müssen eingelöst werden - Spielerverträge werden zu bestimmten Konditionen verlängert bzw. ein weiteres Jahr kommt unter gewissen Voraussetzungen automatisch zum Tragen. Das kann ein Team-Erfolg sein (z. B. Erreichen des Halbfinales, Top-6-Platzierung nach dem Grunddurchgang), oder auch ein persönlicher Meilenstein, etwa eine gewisse Anzahl von absolvierten Spielen bei einem verletzungsanfälligen Spieler.
Der Phantasie bei solchen Optionen sind keine Grenzen gesetzt, grundsätzlich sollen diese Möglichkeiten beiden Vertragsparteien eine faire Chance zur weiteren Zusammenarbeit geben. Allerdings kann man das Unheil oft schon von weitem kommen sehen.
Ben Gratton etwa riss in seiner vorletzten Caps-Saison gerade noch per absolvierter Spiele die Optionshöhe, um dann in seiner letzten Saison bei vollen Bezügen kein einziges Spiel mehr zu bestreiten. Und ich habe in diesem Sommer von einer aktiv gewordenen Option gehört, die schon die Saison 17/18 betrifft – wohl etwas zu viel der Vorausplanung.
Da ist etwas faul am System
Wie sieht’s aber um Spieler ohne Vertragsbindung aus? Da tut sich bei den österreichischen Teams heuer eine Kluft zwischen in- und ausländischen Cracks auf, die noch größer ist als sonst.
Zwar mussten sich schon in den letzten Jahren Österreicher aus Punktegründen aus der Liga verabschieden, doch da konnten noch gewisse Gründe (Charaktermängel bzw. ansteigendes Alter bei absteigender Leistung) angeführt werden. Doch wenn ein Spieler wie Marius Göhringer nach einer sehr ansprechenden Saison in Linz noch ohne Vertrag dasteht, zeigt das, dass etwas faul im EBEL-System ist.
Umgekehrt sucht Graz heuer verstärkt nach österreichischen Cracks, gilt aber in Spielerkreisen nach den Unruhen der letzten Jahre nicht gerade als begehrte Destination. So wartete der Steirer Michi Schiechl trotz eines durchaus interessanten Angebots der 99ers lieber eine gefühlte Ewigkeit auf ein Vertragsangebot aus Wien.
Diese Spieler sind noch zu haben
David Schuller, Philipp Pinter, Thomas Dechel, Rene Swette, Fabian Weinhandl, Sven Klimbacher, Florian Iberer oder Marco Brucker – die Liste langjähriger EBEL-Cracks ohne Verein ist sehr lang. Ob sich für sie in den nächsten Wochen noch Arbeitgeber finden?
Am Legionärsmarkt sieht es heuer etwas anders aus als sonst. Eine Tendenz ist spürbar: Viele EBEL-Cracks testen einmal den Markt aus, bevor sie sich wieder binden. John Lammers, Tyler Spurgeon, Nick Schaus, Ryan McKiernan, Jamie Arniel oder J-P Lamoureux – sie alle waren von ihren bisherigen Teams weiter begehrt, wollten sich aber in der weiten Eishockeywelt umschauen.
Lammers und Spurgeon mussten bald einsehen, dass kein Markt für sie besteht, gleiches dürfte für Jamie Arniel (lehnte ein NLB-Angebot ab) gelten. Schaus könnte da auf Umwegen in Deutschland eher fündig werden. McKiernan fühlte sich schon im letzten Sommer zu Höherem berufen, ehe er in Villach anheuerte.
Apropos Villach: Die Draustädter fragten Supergoalie Lamoureux vor seinem Abschied explizit, ob noch eine Chance zur Vertragsverlängerung bestünde. Heute, knapp zwei Monate nach seiner abschlägigen Antwort, erwiesen sich Geschichten wie die eines österreichischen Passes oder eines Engagements bei Färjestads als Luftschlösser – haben er und sein Agent Gary Seigo sich verpokert? Noch setzen sie auf die Karte Salzburg, doch das taten sie auch schon vor zwei Monaten...
Der Markt an neuen Legionären hat sich auch etwas verändert. Gleich wie zuvor: Die Preise für bisher in Europa tätige Legionäre sind bis etwa Ende Mai oft noch zu hoch, erst danach kommt der Markt etwas in Bewegung.
Spitzenkräfte wie der Ex-Hamburger Philippe Dupuis können Angebote wie vom KAC getrost ablehnen, mit Nürnberg fand der spielstarke Center einen finanziell potenten Klub. Andere ehemalige DEL-Cracks wie etwas Jared Ross oder Connor James werden sich aufgrund des hohen Alters da schon schwerer tun und könnten über kurz oder lang in unserer Liga landen.
Übersee-Imports sind schwieriger zu bekommen
Bei neuen Legionären aus Übersee hat sich der Markt im Laufe der Zeit gewandelt. Die Gehälter haben sich seit dem letzten CBA und der Abschaffung der „Re-Entry-Waivers“ nach oben gedreht.
Jetzt kommen aber noch andere Faktoren dazu: Fünf AHL-Teams übersiedelten im letzten Sommer nach Kalifornien, da läßt es sich natürlich um einiges leichter leben als in Gruselstädten wie Springfield oder Worcester. Dazu kommt noch eine absehbare NHL-Expansion mit zusätzlichen Arbeitsplätzen, für die sich die Cracks vor Ort qualifizieren wollen.
AHL-Cracks sind also schwerer nach Europa zu locken und das hat einen Sickereffekt auf die EBEL: Statt Spitzencracks müssen etwa schwedische oder finnische Teams auf die nächste Garnitur zurückgreifen, vor allem in Finnland ist das Gehaltsniveau dazu noch weiter abgesunken. So könnten also Cracks, die eigentlich für die DEL oder EBEL vorbestimmt waren, in diesen Ligen anheuern oder die Teams setzen vermehrt auf einheimische Cracks, was wiederum den skandinavischen Legionärsmarkt – für DEL und EBEL ohnehin kein großer – weiter einschränkt.
Lies in Teil 2 von Freimüllers großer Transfer-Analyse, wie jeder einzelne EBEL-Klub in Sachen Transfers vorgeht: