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CHL: Tendenzen und die Bedeutung für Scouts

Das sagt Experte Freimüller zur Bedeutung der Champions Hockey League:

CHL: Tendenzen und die Bedeutung für Scouts Foto: © GEPA

Die Vienna Capitals und die Graz99ers sind bereits ausgeschieden, der KAC braucht beim Gastspiel in der Schweiz gegen den EHC Biel ein kleines Eishockey-Wunder und/oder Schützenhilfe aus Norwegen, um aufzusteigen – die Champions Hockey League 2019/20 könnte für die heimischen Teams bereits heute Dienstag ein Ende nehmen.

LAOLA1-Scout Bernd Freimüller wirft einen Blick auf einige Tendenzen der internationalen Liga und analysiert deren Bedeutung für die Scouts:

Gestiegene Ernsthaftigkeit

Ich kann mich noch an die ersten CHL-Jahre oder noch viel mehr an ihren Vorgänger, die European Trophy, erinnern – für einige Teams oder vielmehr deren Coaches waren die Spiele oftmals eine lästige Verpflichtung.

Schwedische oder finnische Mannschaften gaben gerne einigen Juniorenspielern oder den Backup-Goalies eine Chance, die Teams aus Deutschland und der Schweiz agierten überhaupt oftmals desinteressiert.

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Das allerdings hat sich in den letzten Jahren geändert, sei es durch erhöhte Preisgelder (allerdings immer noch meist nicht kostendeckend), das reduzierte Teilnehmerfeld oder den Modus, der die Spiele unmittelbar an den Meisterschaftsstart heranrückt.  

Bei den Spielen im Sommer - die ich gesehen habe - wurden immer die besten Teams aufgeboten. Für mich daher die Frage: Sollten die Organisatoren nicht alle Gruppenspiele im Sommer unterbringen? Denn die zwei Spiele im Oktober stehen sowohl für die Zuseher als auch für die Teams bereits im Schatten der nationalen Ligen.

Wer will es Biel verdenken, dass angesichts zweiter NL-Spiele am Freitag oder Samstag beim Mittwoch-Spiel in Klagenfurt gleich sieben Spieler (Hiller, Forster, Rathgeb, Kreis, Künzle, Gustafsson, Tschantre) daheimbleiben durften – der 6:3-Sieg bestätigte dann auch noch diese Maßnahme. Vor allem bei den Gruppenspielen ohne Bedeutung ist diese Woche zu befürchten, dass vor allem die Auswärtsteams mit Rumpftruppen anreisen.

Ein Blick auf die kleineren Teams

Während ich die größeren Ligen aus jahrelanger Scouting-Erfahrung kenne bzw. genügend Kontakte habe, ist das bei den kleineren Ligen dann schon nicht mehr so leicht. Gehört der norwegische Überraschungs-Meister Frisk-Asker wirklich zu den besseren Teams? Was kann man vom dänischen Meister Rungsted erwarten? Gibt das polnische Vereins-Eishockey mit Tychy etwas her?

Alles eher allgemeine Fragen, für die die CHL doch Antworten aufweist: Mit den Cardiff Devils und Yunost Minsk haben nur noch zwei Teams aus dem Vierer-Topf Chancen auf den Aufstieg. Das überrascht mich auch nicht – Minsk kann auf einige ehemalige KHL-Spieler zugreifen und die Erfolge der britischen Teams (Nottingham gewann 2017/18 sogar seine Gruppe) beweisen, dass die britische Liga in den letzten Jahren enorm zugelegt hat.

Von Seiten der CHL wurde über eine weitere Reduzierung des Teilnehmerfeldes nachgedacht. Nur: Würde das eben diese kleineren Ligen und Nationen treffen oder würde man etwa die finnischen oder schwedischen Starterfelder reduzieren, obwohl deren Teams sicherlich besser sind? Der Status Quo schreit für mich nicht unbedingt nach einer Änderung.

Die Bedeutung der CHL für die Scouts

NHL-Scouts haben in der Champions Hockey League natürlich die Chance, mit geringerem Reiseaufwand einige interessante Spieler bereits im Sommer zu sehen.

Das deutsche Supertalent Tim Stützle etwa lockte beim Gastspiel seiner Mannheimer Adler einige tschechische bzw. slowakische NHL-Scouts nach Wien – von Trencin etwa ist es dorthin natürlich um einiges näher als nach Mannheim. Auf die Frage, ob bei den Capitals auch irgendwer interessant wäre (kein Scout will nur einen Spieler in einem Match beobachten), musste ich leider sagen: "Nicht einmal annähernd."

Auch der schwedische Sniper Alexander Holtz war mit Djurgarden in Kagran zu Gast. JJ Peterka war mit München in der Slowakei zu sehen (Banska Bystrica), das schwedische Supertalent Lucas Raymond (Frölunda) spielte in Hradec Kralove vor. Umsonst machten einige tschechische Scouts allerdings die Reise nach Liberec, der talentierte, aber nicht leicht zu handelnde Winger Noel Gunler stand nicht im Aufgebot von Lulea, obwohl er zwei Tage zuvor noch getroffen hatte. Ärgerlich, aber wenigstens kein großer Reiseaufwand.

Schön natürlich auch für mich, diese Prospects zu sehen, vor allem in einem Draft-Jahr, wo sie in der Nachbarschaft von Marco Rossi gezogen werden können. Doch das gehört eigentlich nicht zu meinem eigentlichen Aufgabengebiet, auch wenn ich das Scouting-Magazin Red Line Report so mit einigen Berichten aus erster Hand versorgen konnte.

"Ein-Team-Spiele"

Für mich viel wichtiger, Teams zu sehen, deren Spieler über kurz oder lang in Europa wechseln könnten. Die Belfast Giants schickten in den letzten Jahren Cracks wie Sebastien Sylvestre, Josh Roach oder Kyle Baun in die EBEL, daher stand für mich auch ihr Gastspiel in Liberec auf dem Programm.

Im Sommer nahm ich sieben von acht möglichen Terminen wahr. Gut, dass die CHL ihre Spiele immer auf zwei Tage aufsplittet. HPK und Lahti (Finnland), Djurgarden, Lulea und Frölunda (Schweden), dazu noch Mannheim und eben Belfast waren die Teams, die für mich interessant waren. Nicht in der CHL, aber bei Testspielen bzw. dem Red Bull Salute zu sehen: Kookoo, IFK Helsinki, Malmö und Red Bull München – es war ein Sommer mit sehr interessanten Teams und wenig Reiseaufwand.

Die CHL-Spiele in Wien, Liberec, Trinec, Pilsen und Hradec Kralove waren für mich "Ein-Team-Spiele" – ein Luxus, den Scouts nur selten haben. Ich konnte mich auf das jeweilige Auswärtsteam konzentrieren, die tschechischen Teams bzw. die Vienna Capitals kenne ich aus der Vergangenheit bzw. sehe ich noch sehr oft während der Saison.

Ein großer Vorteil dieser Spiele: Man kann den Rhythmus eines Teams weit besser verfolgen, verliert keine Zeit bei Linienwechseln und die Hierarchie im Team (Wer spielt im PP und im PK? Wer ist in wichtigen Phasen am Eis?) ist so schnell nachzuvollziehen. Vor allem bei einem Team wie den Pelicans aus Lahti, die ich schon länger nicht gesehen habe, hilft das ungemein, noch dazu, wo deren Cracks erschwinglich sind. Das gilt natürlich nicht für ein schwedisches Spitzenteam wie Frölunda, wo höchstens die Tiefenspieler eines Tages in niedrigere Ligen wechseln könnten.

Durch die Absage des EBEL-Spiels Linz gegen VSV steht heute noch das Gastspiel von GKS Tychy in Wien an – ein Blick auf ein Team aus einer Liga, die ich so gar nicht kenne. Allerdings: Wegen polnischen Spielern gibt es auch nie Anfragen. Es wird wohl eher ein wenig stressvoller Eishockeyabend…

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