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Melzer: "Hätte nichts gegen fünf Challenger"

ÖTV-Sportdirektor Jürgen Melzer über Ausbau der Turnierlandschaft und Potenziale:

Melzer: Foto: © GEPA

Es tut sich was in Tennis-Österreich.

Erstmals gingen bzw. gehen im Jahr 2022 gleich drei Challenger-Turniere über die Bühne.

Neben Salzburg, das Anfang Juli ausgetragen wurde, und Tulln, das in der ersten September-Woche (4. bis 10. September) auf dem Plan steht, wurde heuer auch erstmals im Mai in Mauthausen ein derartiges Event ausgetragen, das insbesondere für jene Spieler gedacht ist, die eine Grundlage für den Sprung in die Top 100 schaffen wollen.

Zudem werden bei Männern und Frauen gleich 19 Future-Turniere gespielt, bei denen vor allem ganz junge Spieler ihre ersten Weltranglistenpunkte sammeln und dadurch ihre ersten Schritte im internationalen Tennis-Zirkus der Erwachsenen machen können.

Für ÖTV-Sportdirektor Jürgen Melzer gibt es freilich trotzdem noch genug zu tun. Sowohl bei den Männern als auch den Frauen sind die Top 100 aktuell weiterhin ohne rot-weiß-roter Beteiligung.

Der ehemalige Weltranglisten-Achte ist zu Jahresbeginn 2021 angetreten, um den heimischen Tennis-Nachwuchs auf Vordermann und das heimische Spitzen-Tennis zukunftstauglich zu machen.

Coaches wie Günter Bresnik und Wolfgang Thiem haben zuletzt bei LAOLA1 angemerkt, dass vor allem bei der Trainer-Ausbildung Hand angelegt werden sollte.

Im LAOLA1-Interview verrät Melzer seine Sicht der Dinge und er spricht auch darüber, wie man die österreichische Turnierlandschaft noch weiter verbessern könnte.

LAOLA1: Die Turnierlandschaft in Österreich wird immer größer. Mittlerweile gibt es in Tulln, Salzburg und Mauthausen drei Challenger-Events, hinzu kommen 19 Future-Turniere. Bist du zufrieden mit dieser Entwicklung? Es war immerhin eines deiner ganz großen Ziele vor deinem Amtsantritt, die Turnierlandschaft in Österreich zu vergrößern.

Jürgen Melzer: Ja, damit bin ich definitiv zufrieden. Ich glaube schon, dass es extrem wichtig ist, dass wir viele Turniere haben. Vor allem die Future-Turniere sind wichtig, da dort die breite Masse von unten nach oben kommen will. An der Spitze sind wir mit drei Challenger-Turnieren bei den Herren und einem 60er-Event bei den Damen sowie zwei ATP-Turnieren gut aufgestellt. Die Tennis-Landschaft schaut mittlerweile sehr gut aus. Die Jungen müssen das nun nützen. Sinja Kraus hat in Kärnten beispielsweise heuer zwei Turniere auf Future-Ebene gewonnen. Das sind die ersten Erfolge, die man verzeichnen kann und wo man sich als Verband auch freut, dass man die richtigen Wege gegangen ist. Das ist ja nicht nur allein unser Erfolg, da gehören auch die Veranstalter dazu. Ich glaube, dass wir eine gute Basis geschaffen haben, um den jüngeren Spielern eine gute Chance zu geben, um sich nach oben zu spielen.

LAOLA1: Wieviel Potenzial gibt es deiner Meinung noch in der heimischen Turnierlandschaft?

Bei den Herren würde Österreich meiner Meinung fünf Challenger-Turniere schon vertragen.

Ein Ausbau ist noch möglich

Melzer: Natürlich ist noch mehr möglich. Drei Turniere bei den Herren sind okay. Man muss aber auch ehrlich sagen, dass wir nicht mehr Spielermaterial haben, das diese Turniere bestreiten kann. Es bringt uns ja nichts, wenn wir sieben Damen-Turniere von den 125ern aufwärts haben, weil uns im Moment einfach die Spielerinnen dazu fehlen. Deshalb ist es auch ganz wichtig, dass wir in den unteren Kategorien viele Events wie die Futures haben. Bei den Herren würde Österreich meiner Meinung fünf Challenger-Turniere schon vertragen. Drei sind aber schon mal super. Wir dürfen da nicht „größenwahnsinnig“ werden. Das muss wachsen. Mauthausen gab es heuer zum ersten Mal und Tulln und Salzburg finden in diesem Jahr zum zweiten Mal statt. Wir sind auf einem guten Weg und ich hätte nichts dagegen, wenn wir fünf hätten.

LAOLA1: Filip Misolic hat in Kitzbühel sensationell das Finale erreicht. Ansonsten haben Österreicher auf der großen ATP-Tour aber kaum eine Rolle gespielt.

Melzer: Derzeit fehlt uns halt einfach die Spitze, was allerdings auch an der Verletzung von Dominic liegt. Ansonsten hatten wir in Österreich in den letzten 30, 40 Jahren immer ein bis zwei Top-100-Spieler. Das hätten wir jetzt auch, wenn er sich nicht am Handgelenk verletzt hätte. Da muss man realistisch sein. Die anderen haben die Möglichkeit, sich dort reinzuspielen. In der Spitze fehlt uns aber sowohl bei den Herren als auch den Damen der oder die Spielerin, die uns das Ganze anführt.

LAOLA1: Bei den Damen hat es schon seit sieben Jahren keine Spielerin mehr in die Top 100 geschafft. Mit Julia Grabher klopft seit einigen Monaten eine Spielerin an dieser Tür kräftig an und Sinja Kraus hat mit ihren 20 Jahren gezeigt, dass man in Zukunft mit ihr rechnen kann. Trotzdem ist die Durststrecke nun schon recht lang, oder?

Melzer: Julia und Sinja haben sicherlich das Zeug dazu, sich in die Top 100 reinspielen zu können. Sinja hat bereits auf Challenger-Ebene bewiesen, dass sie auch dort Viertelfinali spielen kann. Das ist schon einmal ein gutes Zeichen. Sinja ist noch sehr jung und spielt sich gerade von unten hoch. Ich wüsste keinen Grund, warum sich das nicht für die ersten 100 ausgehen sollte. Ansonsten müssen wir im ÖTV natürlich gute Arbeit leisten. Ich habe bei meinem Antritt gesagt, dass es sich nicht von heute auf morgen ändern lässt. Das ist ein Projekt, das über fünf Jahre geht. Wir haben unten mit einer Anna Pircher eine Spielerin, die international sehr viel gewinnt. Auch Lilly Tagger ist eine Spielerin, die mir sehr gut gefällt und viel Potenzial hat. Ganz blind stehen wir nicht da, aber natürlich wäre es schön, wenn wir von solchen Spielerinnen in jedem Jahrgang zehn hätten. So realistisch muss man aber auch sein, dass das für ein kleines Land wie Österreich nicht möglich ist. 

LAOLA1: Was sind denn deine Ansätze beim ÖTV, die erst längerfristig Früchte tragen werden?

Melzer: Ich glaube, dass es ganz wichtig ist, dass wir die Trainer gut ausbilden, die mit den ganz Jungen arbeiten. Da haben wir einige Überlegungen angestellt und ein diesbezügliches Projekt ist gerade im Entstehen. Die Mühlen mahlen da leider ein bisschen langsam. Das kann man nicht von heute auf morgen aufbauen, aber wir sind da dran, dass wir an der Basis, wo die Kinder das spielen lernen, Verbesserungen angehen. Natürlich müssen auch die Zentren ausgebaut werden, damit sie die Möglichkeit haben, die Spieler länger zu unterstützen.

Wir haben grundsätzlich eine sehr gute Trainer-Ausbildung. Ich glaube nur, dass sie zu selten aufgefrischt wird, wenn ich das einmal so sagen darf.

Melzer über Verbesserungen bei der Trainer-Ausbildung

LAOLA1: Günter Bresnik und Wolfgang Thiem haben bei uns bereits ähnliche Wünsche geäußert. Kannst du da schon etwas präzisieren, in welche Richtung es in Zukunft laufen soll?

Melzer: Wir haben grundsätzlich eine sehr gute Trainer-Ausbildung. Ich glaube nur, dass sie zu selten aufgefrischt wird, wenn ich das einmal so sagen darf. Wir haben den Goldstatus von der ITF, was die Trainerausbildung betrifft – also den höchsten Status. Danach müssten die Trainer aber noch weiter öfter geschult werden. Es ist nicht einfach, dass man danach noch öfter Zugang bekommt. Für die Trainer ist das auch eine sehr harte Arbeit, da wirklich sehr viele Kinder durchlaufen. Wer selbst Kinder hat, weiß wie anstrengend das ist, wenn man den ganzen Tag mit Kindern am Platz steht. Nichtsdestotrotz muss da einfach noch mehr Augenmerk auf die Technik gelegt werden, damit wir technisch gut ausgebildete Spieler bekommen. Schauen wir mal, ob wir das hinbekommen.

LAOAL1: Von welchem Alter sprechen wir da?

Melzer: Ich spreche von einem Alter von 7 bis 12 Jahren. Wenn die dann mit 12 Jahren in ein größeres Leistungszentrum kommen, sollen die dann eben schon ein bisschen weiter sein als bislang bzw. sollten gute Muster schon da sein, damit man die dann weiterentwickeln kann.

LAOLA1: Wer ist bei diesem Projekt aller beteiligt?

Melzer: Wir haben einmal die Grundlage eruiert. Mit dabei ist Harry Mair, der Chef-Ausbilder bei der ÖTV-Trainerausbildung. Wir hatten da ein langes Gespräch in Tirol. Zudem haben wir zwei andere Projekte, die noch nicht ganz fertig bzw. im Rohr sind.

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