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Nadal nimmt seinen 21. Major-Titel im Visier

Superstar kann Geschichte schreiben. Medvedev erneut Spielverderber?

Nadal nimmt seinen 21. Major-Titel im Visier Foto: © getty

So schnell kann es im Tennis gehen.

Monatelang wurde davon gesprochen, dass Novak Djokovic in Melbourne den 21. Grand-Slam-Titel seiner Karriere holen und sich damit zum erfolgreichsten Spieler aller Zeiten krönen würde.

Einen Tag vor dem großen Finale in "Down Under" könnte nun wirklich bald Tennis-Geschichte geschrieben werden. Doch bekanntlich nicht vom neunfachen Melbourne-Sieger Djokovic, sondern von Rafael Nadal, der bislang erst einmal - 2009 - den Titel holen konnte.

Während der aus Australien ausgewiesene Serbe wegen seiner Weigerung sich impfen zu lassen das Geschehen nur aus der Heimat vor dem TV-Gerät verfolgen kann, spielte sich der spanische Superstar - durchaus etwas überraschend - in das sechste Australian-Open-Finale seiner Karriere, wo er es am Sonntag (ab 9:30 Uhr im LIVE-Ticker) mit dem Russen Daniil Medvedev zu tun bekommt. 

Nadal gegen alle Vorzeichen

Klar, mit einem Rafael Nadal muss auch mit 35 Jahren eigentlich immer und überall zu rechnen sein, doch die Vorzeichen standen alles andere als vielversprechend.

Nach monatelanger Turnierpause wegen einer komplizierten Verletzung am linken Fuß, stieg der Mallorquiner erst im Dezember bei einem Exhibition-Turnier in Abu Dhabi wieder ins Geschehen ein.

Dort handelte sich Nadal zudem noch eine Corona-Infektion ein. Wunderdinge waren in "Down Under" dementsprechend nun wahrlich nicht zu erwarten.

"Vor eineinhalb Monaten wusste ich nicht, ob ich es schaffe, wieder auf die Tour zurückzukommen, weil wir das Problem (die Fußverletzung, Anm.) nicht lösen konnten", erzählte Nadal bei der Pressekonferenz nach dem Halbfinal-Sieg über Matteo Berrettini über seine Leidensgeschichte.

"Finale bedeutet mir eine Menge"

Umso überraschter sei er nun, am Sonntag sein erstes Melbourne-Endspiel seit drei Jahren bestreiten zu dürfen. "Es bedeutet mir eine Menge, hier wieder im Finale zu sein. Es ist ein Geschenk, einfach hier zu sein und Tennis zu spielen. Ich nehme die Sachen nun ein bisschen anders", so Nadal, der den persönlichen Stellenwert des 21. Major-Titels gar nicht so hoch ansiedeln würde.

"Am Ende des Tages, ich bin ehrlich, ist es für mich wichtiger, wieder die Chance zu haben, Tennis zu spielen als den 21. zu gewinnen", stehe für ihn die Liebe zum Tennis-Sport im Vordergrund.

Djokovic betonte im Vorfeld der Australian Open mehrmals, wie wichtig es ihm wäre, sich mit dem 21. Grand-Slam-Titel an die Spitze des ewigen Rankings setzen zu können.

Medvedev scherzt über Djokovic

Dementsprechend würde es kaum überraschen, wenn der Serbe am Sonntag im Endspiel Nadals Gegner Medvedev die Daumen würde. "Ich denke, Novak wird dieses Match in zwei Tagen auch anschauen", grinste der Russe, der Djokovic vor wenigen Monaten im Finale der US Open schlug und dem Belgrader den Traum vom "Grand Slam" – alle Majors in einem Jahr zu gewinnen – zerstörte.

Vor drei Jahren bestritt Medvedev bei den US Open gegen Nadal das erste Grand-Slam-Finale seiner Karriere. Im Head-to-Head liegt er zwar mit 1:3 zurück, das letzte Duell bei den ATP Finals 2020 gewann allerdings der Russe.

"Wir haben seit dem US-Open-Finale 2019 einige Male gegeneinander gespielt und ich fühle mich bereit für ihn. Ich weiß, dass Rafa ein starker Spieler ist und werde mein bestes Tennis zeigen müssen, um gegen ihn gewinnen zu können", so Medvedev, der auf Grand-Slam-Ebene von seinen letzten 37 Hartplatz-Partien beeindruckende 33 für sich entscheiden konnte.

Medvedev übernimmt Weltranglisten-Führung

Dank seiner in den letzten Monaten an den Tag gelegten Konstanz wird der Russe in den kommenden Wochen auf jeden Fall auch Djokovic vom Tennis-Thron stürzen können. Gewinnt Medvedev am Sonntag das Finale, wird es am 21. Februar so weit sein, bei einer Niederlage muss er sich noch eine weitere Woche gedulden.

Der verspätete Sprung an die Spitze erklärt sich durch den im Vorjahr verschobenen Tour-Kalender und die durch die Corona-Pandemie eingeführten Ausnahme-Regeln: Djokovic fallen die 2.000 Punkte seines letztjährigen Australian-Open-Siegs erst am 21. Februar aus der Wertung. Wenige Tage danach verliert der Serbe weitere 500 Punkte von seinem Dubai-Titel aus dem Jahr 2020.

Geldstrafe für Medvedev

Angesichts dieser Umstände wird Medvedev auch nicht stören, dass er am Samstag von den Veranstaltern der Australian Open für seinen Ausraster im Halbfinale gegen Stefanos Tsitsipas zu einer Geldstrafe von umgerechnet 10.750 Euro verurteilt worden ist.

Medvedev beleidigte Schiedsrichter Jaume Campistol während einer Schimpftirade mehrfach: "Are you stupid? ("Bist du dumm?") Sein Vater darf bei jedem Punkt sprechen! Darf er das?", verlangte Medvedev eine Bestrafung seines Gegners wegen unerlaubten Coachings.

Vor allem die Aussage "Nächstes Mal solltest du eine Verwarnung geben, sonst bist du – wie soll ich sagen – eine kleine Katze", sorgte in sozialen Netzwerken für globale Unterhaltung.

Schon im Viertelfinale beschimpfte Medvedev den Unparteiischen als "stupid". Ob am Sonntag im Endspiel aller schlechten Dinge drei werden?

Medvedev schiebt Druck Richtung Nadal

Medvedev gibt sich cool: "Ich bin nicht derjenige, der seinen 21. Grand-Slam-Titel holen und einen ewigen Rekord brechen kann. Ich bin noch weit von so etwas entfernt. Für mich geht es erst um den zweiten", meinte der Russe, der schon im vergangenen Jahr im Finale der US Open davon profitierte, dass sein Gegenüber Djokovic aufgrund des großen Drucks, Tennis-Geschichte schreiben zu können, nicht sein bestes Tennis abrufen konnte.

"Ich will nicht lügen. Ich weiß, was los ist. Ich weiß, dass Rafa danach strebt und Novak danach gestrebt hat. Ich versuche einfach, mich auf meinen Job zu konzentrieren", so Medvedev. "Ich weiß, was ich kann und dass ich jeden schlagen kann. Ich habe viel Selbstvertrauen und kann sieben Spiele in Folge bei einem Grand-Slam-Turnier gewinnen.

Nadal erwartet in jedem Fall ein neuerlich denkwürdiges Finale: "Das wird sehr schwierig werden. Ich habe hier schon einige großartige Finali gespielt. 2012 gegen Novak, 2017 gegen Roger – ich war einige Male knapp dran am zweiten Titel in Melbourne. Ich habe mich immer als sehr glücklich geschätzt, dass ich hier 2009 gewinnen konnte. Ich hätte aber nie daran gedacht, dass ich 2022 die Chance auf meinen zweiten Titel bekommen würde."

So schnell kann es im Tennis gehen.

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