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Das sind die Favoriten der Tour de France 2016

Das Favoritenfeld ist groß wie nie bei der Tour. Drei Mann stechen heraus:

Das sind die Favoriten der Tour de France 2016

Blut, Schweiß und der vielleicht härteste Kampf ihres Lebens.

All das erwartet ab Samstag 198 Fahrer, die sich der Herausforderung Tour de France stellen.

Zum bereits 103. Mal in ihrer Geschichte rollt die größte Rad-Rundfahrt der Welt durch Frankreich und begeistert Millionen Fans an den Straßen und vor den TV-Bildschirmen.

Während die Zuschauer stundenlang ausharren, um ihre Lieblinge für ein paar Sekunden zu Gesicht zu bekommen, haben diese keine Zeit, um die atemberaubenden Landschaften genießen zu können.

Für die einen geht es um Etappensiege, für die anderen um Bergpunkte. Die meisten wollen in erster Linie das Rennen am 24. Juli auf der Avenue des Champs Elysees in Paris beenden. Eine kleine Gruppe darf sich indes Chancen ausrechnen, nach drei harten Wochen die "Grande Boucle" auf dem Podest zu beenden.

Die Ausgangslage könnte spannender kaum sein, selten zuvor war es schwieriger, einen klaren Siegkandidaten ausfindig zu machen. Unser Favoritencheck erklärt, warum das so ist:

CHRIS FROOME -     

Der Sieg bei der 103. Auflage der Tour führt über den in Kenia geborenen Briten. Warum? Er ist nicht nur Titelverteidiger, er hat auch - wie schon vor seinen Tour-Triumphen 2013 und 2015 - das Criterium du Dauphine für sich entschieden.

Hinzu kommt, dass er über eine exzellente Helferriege verfügt, so wird der Sky-Kapitän u.a. von Mikel Landa, Mikel Nieve und Geraint Thomas unterstützt. Froome wird seiner Taktik treu bleiben und schon auf den ersten Bergetappen eine Vorentscheidung herbeiführen wollen.

Wenn er eine kleine Schwachstelle hat, dann könnte dies die dritte Woche sein. Schon bei seinen bisherigen Erfolgen beim wichtigsten Radrennen der Welt büßte der 31-Jährige auf den letzten Etappen Zeit auf Nairo Quintana ein. Froome weiß, dass ihm ein brutaler Kampf bevorsteht: "In diesem Jahr ist das Level höher als je zuvor."



NAIRO QUINTANA -     

Damit wären wir auch schon beim zweiten Topfavoriten. Der Kolumbianer führt die Equipe Movistar an und kann ebenfalls auf prominente und qualitativ hochwertige Domestiken bauen - allen voran Alejandro Valverde. Ebenfalls mit dabei sind Dani Moreno und Winner Anacona.

"Ich bin bereit für den Sieg bei der Tour", kündigte er vollmundig an, untermauerte seine großen Worte aber auch mit Taten. Siege bei der Katalonien-Rundfahrt, der Tour de Romandie und der Route du Sud machen schnell klar, dass er zurecht als kommender Tour-Sieger gilt.

Bislang musste er Froome stets den Vortritt lassen, doch der Giro-Sieger von 2014 hat an Erfahrung gewonnen und steuert seinem absoluten Leistungszenit entgegen. Auch das Streckenprofil dürfte ihm ein Lächeln ins Gesicht zaubern.

Insgesamt gibt es rund 54,5 Zeitfahr-Kilometer, aufgeteilt auf zwei Etappen (37,5 bzw. 17). Zunächst folgt ein mittelschweres Zeitfahren (Etappe 13), ehe am 18. Renntag ein Bergzeitfahren wie für ihn gemacht scheint. Aufpassen muss er in der ersten Woche, wenn es die Küste des Ärmelkanals entlang geht und die Angst vor Windkanten umgeht.

 

ALBERTO CONTADOR -     

"Ich denke, Froome sticht heraus als Top-Favorit, er hat auch ein sehr starkes Team. Nairos Team und seine Fähigkeit, wie er Grand Tours beendet, machen ihn aber zu einem fast genauso großen Favoriten." Alberto Contador schiebt die Rolle der Top-Contender ab, rechnet sich aber - natürlich - ebenfalls Chancen aus.

Mit 33 Jahren ist er der Älteste unter den Sieganwärtern und weist das prallste Palmares auf - als einziger aktiver Fahrer gewann er alle dreiwöchigen Rundfahrten jeweils mindestens zweimal. Mit Roman Kreuziger und Rafal Majka hat er zwei Top-Kletterer, die ihn unterstützen, zudem nimmt auch Peter Sagan Druck vom Spanier.

Bei der Algarve- und Baskenland-Rundfahrt trug er den Sieg davon, bei der Dauphine kam er allerdings nicht über Platz fünf hinaus. Viele Experten trauen ihm auch aufgrund seines Alters keinen weiteren Tour-Sieg zu. "El Pistolero" dürfte entsprechend motiviert sein, es seinen Kritikern noch einmal zu zeigen.

Ursprünglich hätte es seine Abschiedssaison werden sollen, inzwischen plant der Tinkoff-Star über die Saison 2016 hinaus. Angesichts der immer stärker werdenden Konkurrenz könnte es seine letzte Chance auf einen weiteren Tour-Erfolg sein. Wir sehen aber Froome und Quintana einen Tick stärker.



THIBAUT PINOT -  

Hinter dem Top-Trio klafft unserer Ansicht nach eine große Lücke, was die Chancen auf den Gesamtsieg betrifft. Stockerl ja, aber für ganz oben fehlt den folgenden Kandidaten wohl (noch) die Qualität. Aus französischer Sicht ruhen viele Hoffnungen auf Thibaut Pinot.

Der 26-Jährige fühlt sich im Hochgebirge am wohlsten, hat aber bekanntlich seine Schwächen, wenn es bergab geht. Der FDJ-Kapitän absolvierte in der Vergangenheit Angsttherapien, um dieser Schwäche Herr zu werden. Die Fortschritte waren unverkennbar, angreifbar bleibt er dennoch.

Ein großer Sprung gelang Pinot auch im Kampf gegen die Uhr, wie sein vor wenigen Tagen errungener Staatsmeister-Titel beweist. In einer Liga mit Froome und Co. befindet er sich aber deshalb noch nicht. Unsere Prognose: Pinot feiert wie 2012 und 2015 (Alpe d'Huez) einen Etappensieg, verpasst aber das Stockerl.

 

FABIO ARU -  

Sein Sieg bei der letztjährigen Vuelta sollte Signalwirkung haben und als "Dosenöffner" dienen. Der 25-Jährige gilt seither als große italienische Hoffnung für einen Tour-Sieg. In dieser Saison konnte er die in ihn gesetzten Erwartungen allerdings nicht ansatzweise erfüllen.

Kein einziger Podestplatz bei einer Rundfahrt steht zu Buche, immerhin gelang ihm zuletzt beim Criterium du Dauphine ein Etappenerfolg. Fraglich ist, ob er dem großen Druck, der auf seinen Schultern lastet, standhält.

Klar, der Formaufbau des Astana-Stars ist voll und ganz auf die "Grande Boucle" ausgerichtet, aber den Schalter so schnell umzulegen, wird eine Mammutaufgabe. Mit Giro-Sieger Vincenzo Nibali hat er den nominell wohl besten Adjutanten überhaupt an seiner Seite. Hinter dessen Form steht nach der harten Italien-Rundfahrt aber ebenfalls ein großes Fragezeichen.

 

RICHIE PORTE -  

Nach vier Jahren als Super-Domestike bei Sky hat sich der Australier entschieden, es auf eigene Faust zu versuchen. Diese Möglichkeit bietet ihm BMC Racing, wo er gemeinsam mit Tejay van Garderen eine gefährliche Doppelspitze bildet.

Portes Leistungen in dieser Saison lassen die US-Mannschaft auf einen Podestplatz hoffen, der Routinier wurde Zweiter bei der Tour Down Under, Dritter bei Paris-Nizza sowie jeweils Vierter bei der Katalonien-Rundfahrt sowie dem Criterium du Dauphine.

Die Leistungen stimmten, doch gewisse Zweifel bleiben. Einerseits, weil es in keiner Rundfahrt für den ganz großen Wurf reichte. Andererseits, weil Porte als Spezialist für sieben- bis zehntägige Rundfahrten gilt. Sein bestes Ergebnis bei einer großen Landesrundfahrt datiert weiterhin aus dem Jahr 2010, als er bei seinem Grand-Tour-Debüt Giro-Siebenter wurde.


ROMAIN BARDET -  

Was Thibaut Pinot für FDJ darstellt, ist Romain Bardet für Ag2r La Mondiale: Der große französische Hoffnungsträger. Im Gegensatz zur Konkurrenz verfügt der Rennstall allerdings insgesamt über mehr Qualität, was sich bei den Helfern bemerkbar macht.

Bardet kann auf Jan Bakelants und Domenico Pozzovivo bauen und soll die erhofften Erfolge - neben einem Etappensieg wünscht man sich eine Spitzenplatzierung im Gesamtklassement - einfahren.

Der 25-Jährige verfügt zweifellos über großes Potenzial, ihm fehlt aber möglicherweise der Killerinstinkt. Während Pinot etwa schon sieben Karriere-Siege sein Eigen nennen darf, hält Bardet "nur" bei vier.

 

VINCENZO NIBALI -  

Das Double aus Giro- und Tour-Sieg ist mittlerweile kaum noch machbar. Marco Pantani gelang dies als letztem im Jahr 1998. Seither sind zahlreiche Superstars daran gescheitert, darunter Alberto Contador in der vergangenen Saison.

Dennoch sollte man den "Hai von Messina", der offiziell als Helfer von Aru agiert, niemals frühzeitig von der Rechnung nehmen, wie er nicht zuletzt beim Giro vor wenigen Wochen bewies.

Nibali ist stark am Berg, gehört aber auch zu den besseren Zeitfahrern. Seine größte Waffe ist wohl sein Renninstinkt, denn der 31-Jährige ist taktisch raffiniert und kann so gut wie alles. Auch auf Kopfsteinpflaster und in Abfahrten macht dem Sizilianer keiner was vor. Der Kräfteverschleiß durch den Giro wird wohl dazu führen, dass er auf Etappensiege losgeht.

 

MIT ÜBERRASCHUNGS-POTENZIAL - 

Siegchancen räumen wir ihnen keine ein, ein Podestplatz ist - wenn wirklich alles zusammenpasst - eventuell möglich. In diese Kategorie gehören eine Handvoll Kandidaten. Dazu zählen der US-Amerikaner Tejay van Garderen (BMC), Alejandro Valverde (Movistar), Warren Barguil (Giant-Alpecin), Joaquim Rodriguez (Katusha) und Wilco Kelderman (LottoNL-Jumbo).

 

Christoph Nister

 

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