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Ein Sommer, der zu denken gibt

WM-Ergebnisse nicht berauschend. Trimmel: "Gibt Änderungen im Projekt Rio."

Ein Sommer, der zu denken gibt

Zuerst die vielen leblosen Blätter. Dann die fallenden Temperaturen. Und zu guter letzt auch noch der lästige Nebel.

Es hilft nicht, die Realität bläst uns mit steifer Brise ins Gesicht: Der Sommer ist passé.

Und wer schon ein wenig auf das nächste Jahr vorausschaut, der weiß, dass der vergangene der letzte Sommer vor den Olympischen Spielen 2016 war. Jenen Olympischen Spielen, die uns nicht nur TV-Bilder von der Copacabana und vom Cocovado, sondern vor allem Medaillen bescheren sollen.

Der Durst nach der historischen Pleite von London ist groß. Doch ging es seit 2012 tatsächlich in die richtige Richtung?

Die diversen Weltmeisterschaften, die in den einzelnen Sportarten als Generalproben einzustufen sind, verheißen jedenfalls nichts Gutes.

Einzig die Segler lassen uns aktuell wahrhaftig von brasilianischem Edelmetall träumen. Lara Vadlau und Jolanta Ogar verteidigten vor der Küste Haifas (ISR) trotz kurzfristigen Trainer-Wechsels und Erkrankung der Vorschoterin ihren WM-Titel. Die Gesamt-Weltcupsieger im 49er, Nico Delle-Karth und Niko Resch, haben ihre WM indes noch vor der Brust.

Abseits davon hielt der rot-weiß-rote Olympia-Fan aber vergeblich Ausschau nach weiteren sogenannten „Medaillen-Banken“, die den Ausblick auf Rio erheblich angenehmer gestalten würden.

Selbst im Wildwasser-Kanu, wo Rot-Weiß-Rot mit der zweifachen Weltmeisterin Corinna Kuhnle und der Olympia-Bronzenen Violetta Oblinger-Peters über ausgewiesene Kapazunder verfügt, musste man sich mit Rang 14 zufrieden geben. Wobei Kuhnles zweiter Gesamtweltcup-Triumph freilich nicht unterschlagen werden darf.

Anmerkung zur Tabelle: Dies sind die Einzelsportler im Medaillenkader des Projekts Rio. Es gibt in diversen Sportarten bereits qualifizierte Sportler, die sich jedoch nicht in diesem Kader befinden.

 

Nicht das Gelbe vom Ei

Im eigens geschaffenen Förder-Programm Projekt Rio fällt die Bilanz des Sommers ebenfalls alles andere als euphorisch aus.

„Es stimmt, dass wir uns das eine oder andere bessere Ergebnis gewünscht hätten“, räumt Clemens Trimmel im Gespräch mit LAOLA1 ein. Der frühere Sportdirektor des Tennis-Verbands arbeitet seit April dieses Jahres in der Beratungs-Kommission des Projekts Rio.

„Aber auch wenn es sicherlich nicht der beste Sommer für uns war, ist es mir lieber, wenn uns das in einem nicht-olympischen Jahr passiert. Denn letztlich ist und bleibt das große Ziel Rio.“

Trimmel (li.) ist Berater im Projekt Rio

Als Nachfolger von Harald Horschinegg soll Trimmel gemeinsam mit Christoph Sieber engen Kontakt mit Sportlern und Verbänden pflegen, um für bestmöglichen Mitteleinsatz und in weiterer Folge für Leistungsoptimierung zu sorgen. Darüber hinaus sammelt er Informationen, auf deren Basis Adaptierungen im elitären Förder-Kader vorgenommen werden.

Wer reinkommt und wer schon bald seinen Platz räumen muss, entschied sich in einer Sitzung der Strategie-Kommission Anfang November neu. Am Mittwoch werden die Änderungen der Öffentlichkeit präsentiert.

„Es wird die eine oder andere Änderung geben“, meint Trimmel, ohne konkret vorgreifen zu wollen. Große Überraschungen gebe es nicht.

Derzeit befinden sich 28 Athleten im Medaillen- sowie 26 im Hope-Kader (plus dem Landhockey-Team der Herren). Dazu kommen vier Mannschaften sowie 15 Paralympics-Sportler.

Dabei ergeben sich einige Adaptionen alleine schon aufgrund der verpassten Qualifikation. Die vom Schicksal gebeutelte Kira Grünberg scheint aktuell im Hope-Kader auf.

Ausgelutscht, aber wahr

Je näher es Richtung Olympia geht, desto mehr trennt sich sportlich die Spreu vom Weizen, wobei eines deutlich wird: Das Projekt Rio konnte Österreichs Breite an internationalen Spitzen-Athleten nicht spürbar vergrößern. „Wir haben im Augenblick zwar einige Athleten, die in der Weltspitze mitmischen, jedoch nur ganz wenige, die bei EM und WM praktisch fix unter den ersten Drei landen“, bestätigt Trimmel.

Letztlich läuft es auf die abgedroschene Sport-Weisheit hinaus, dass Geld alleine noch keine Medaillen gewinnt. Etwas, das dem ehemaligen Tennis-Profi freilich nicht neu ist. „Insofern können wir vom Projekt Rio nur hergehen und überlegen, wie unsere Besten in der einen oder anderen Sportart noch professioneller arbeiten können. Abgerechnet wird in Medaillen – und die machen die Athleten.“

Bei der Professionalisierung der Rahmenbedingungen richten Trimmel und Co. ihren Fokus neben der Beschickung von Trainingslagern und Wettkämpfen auf sportwissenschaftliche Unterstützung, Physiotherapie, regenerative Maßnahmen und je nach Sportart auf das Material. „Da wollen wir, dass alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden.“

Erfahrungen gesammelt

Trimmel selbst habe sich nach einem halben Jahr einen Überblick über die verschiedenen Sportarten verschaffen können. „Ich versuche, die Arbeitsweise der Trainer und Sportler kennenzulernen und zu verstehen.“ Das bedeutete eine Horizont-Erweiterung für den 37-Jährigen.

„Am Ende sollen alle das Gefühl haben, dass da jemand sitzt, der zuhört und eine Ahnung hat, der aber auch Dinge hinterfragt“, lautet seine sich selbst gegebene Marschroute. Um ein besseres Gefühl für Sportarten zu bekommen, hat Trimmel sogar den einen oder anderen Selbstversuch eingestreut. Ein paar Ballwechsel mit Tischtennis-Europameister Robert Gardos sowie ein angeblich unsanfter Schulterwurf von Judo-Ass Sabrina Filzmoser inklusive.

Abgeschreckt habe ihn das nicht. Im Winter stehen die nächsten vertiefenden Treffen mit Sportlern und Verbänden auf dem Programm.

Auf das der nächste Sommer ein besserer werde.

Reinhold Pühringer

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