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Die NBA abseits der Warriors

Auch abseits des überragenden Teams tut sich in der NBA Bedeutendes. Das "Ost-West-Gefälle" neu zum Beispiel.

Die NBA abseits der Warriors

Die ersten eineinhalb Monate der NBA-Saison 2015/16 wurden von den Golden State Warriors geprägt.

Der Startlauf erst nach 24 Siegen gestoppt, Steph Curry im Videospiel-Modus und das Ganze ohne den Head Coach - klar, dass die Schlagzeilen bislang dem amtierenden Champion gehörten.

Im Schatten der Kalifornier - und der breitgetretenen "Abschieds-Tour" von Kobe Bryant - tat sich allerdings genügend Interessantes, das ohne den überragenden Run der Warriors vielleicht um einiges mehr an Beachtung gefunden hätte.

Vier Themen rücken bei uns in den Fokus:

San Antonio Spurs so gut wie eh und je

San Antonio Spurs so gut wie eh und je
LaMarcus Aldridge (M.) passt perfekt zu den Spurs

Die Texaner sind mit einer 22:5-Bilanz mit Respektabstand auf die Konkurrenz das zweitbeste Team der Liga. Pro Spiel erzielen Tim Duncan und Co. um 13,4 Punkte mehr als ihr Gegner, dieser Wert ist nur um 0,1 Zähler geringer als der der Warriors. Auf das erste der vier direkten Duelle müssen die Fans übrigens noch bis 25. Jänner warten.

Die Verpflichtung von LaMarcus Aldridge, der auf 15,7 Punkte und 8,6 Rebounds kommt, hat sich bislang voll bezahlt gemacht. Die Offensivlast ist bestens verteilt, von den neun wichtigsten Spielern wirft nur einer (Danny Green, 33,7 Prozent) weniger als 46,7 Prozent aus dem Feld. Tony Parker ragt mit 56,1 Prozent heraus, Topscorer Kawhi Leonard besticht (unter anderem) von der Dreier-Linie mit 49,5 Prozent. Letzterer ist der einzige Spieler, der auf über 30 Minuten pro Partie kommt.

Defensiv ist die Popovich-Truppe in mehreren Kategorien ohnehin Nummer eins der Liga. San Antonio ist quasi die Antithese zu der von Golden State perfektionierten Small-Ball-Revolution: Mit einer recht großen Aufstellung und der viertlangsamsten "Pace" der Liga sind sie erfolgreich und effizient wie eh und je.

Es ist nur eine Zahlenspielerei, doch wenn die Spurs ihren Siegprozentsatz (81,5) beibehalten würden, hätten sie am Ende der Regular Season einen 67:15-Bilanz zu Buche stehen, was Klub-Rekord bedeuten würde.

Rebound-Monster Andre Drummond

Rebound-Monster Andre Drummond
Andre Drummond ist eine Double-Double-Maschine

Wenn man von einem 22-jährigen Big Man hört, der die NBA-Zukunft prägen wird, denkt jedermann in erster Linie an Anthony Davis. Doch während der vor der Saison als MVP-Kandidat gehandelte Pelicans-Star mit seinem Team noch strauchelt, macht Andre Drummond immer mehr von sich reden.

Der Center der Detroit Pistons gehört schon seit über zwei Jahren zu den Top-Reboundern der Liga, heuer setzt er noch einen drauf. Mit 16,2 Rebounds pro Spiel führt der 2,11-Meter- und 127-Kilogramm-Mann mit drei Abprallern pro Spiel Vorsprung auf DeAndre Jordan die Liga an. Der Abstand zum drittplatzierten Dwight Howard (11,6) ist ebenso groß wie der von Howard zu Rang 49 der Rangliste ...

Ob Offensiv-Rebounds (hier ist der Unterschied mit 5,5 gegenüber 3,8 des zweitplatzierten Jordan am beeindruckendsten), Defensiv-Rebounds oder Rebounds pro Minute: Drummond dominiert alle Kategorien. Kein Wunder, dass er mit 23 Double-Doubles in 27 Spielen auch in dieser Rubrik deutlich voranliegt. 17,7 Punkte, 2,0 Steals und 1,4 Blocks werden nur durch eine miserable Freiwurfquote (36,8 Prozent) getrübt.

In den ersten sechs Saisonspielen legte er im Schnitt gar 20,3 Punkte und 20,3 Rebounds auf. Das schaffte seit Wilt Chamberlain im Jahr 1970 niemand. Auf den Titel "Bester Rebounder der Neuzeit" fehlt dem Nummer-9-Pick aus dem Jahr 2012 allerdings noch etwas: Ein gewisser Dennis Rodman kam in den Neunzigern auf unglaubliche Saisonschnitte von 18,7, 18,3 oder 17,3 Rebounds pro Spiel.

Im Vorjahr noch mit Greg Monroe im Team, gehört Drummond heuer die Mitte bei den Pistons praktisch alleine: Mit Ersan Ilyasova spielt Detroit nun mit einem klassischen "Stretch Four" und darf sich mit 15 Siegen aus 27 Spielen Hoffnungen auf die Playoffs machen.

Was Drummond bei den Rebounds ist, ist Hassan Whiteside bei den Blocks: Der Heat-Center räumt 3,92 Würfe pro Partie ab, sein erster Verfolger Anthony Davis "nur" 2,64.

Das schlechteste Team aller Zeiten?

Das schlechteste Team aller Zeiten?
Richaun Holmes und die 76ers haben es nicht leicht

Übertreibungen aller Art kommen einem bei (Negativ-)Läufen wie dem der Philadelphia 76ers schnell in den Mund. Doch auch wenn sich der eine oder andere hochtalentierte Spieler im Philly-Trikot abmüht und man Anlagen und die gute Arbeit von Coach Brett Brown in Ansätzen durchaus erkennen kann, ist die Eingangsfrage im Falle der Sixers wohl berechtigt.

Die über zwei Saison andauernde Serie von 28 Niederlagen war die längste in der Geschichte der großen US-Profi-Ligen, der 0:18-Saisonstart gemeinsam mit dem der New Jersey Nets 2009/10 der schlechteste in der NBA-Geschichte. Wenigstens konnten Jahlil Okafor und Co. zumindest die L.A. Lakers bezwingen.

Derzeit halten die 76ers bei einer 1:26-Bilanz und sind relativ weit davon entfernt, die Marken der schlechtesten Teams der Geschichte zu überbieten. Mit 9:73 Siegen (11,0 Prozent Siege) erreichte die 76ers-Mannschaft von 1972/73 den schlechtesten Record einer 82-Spiele-Saison. Unterboten wurde dieser Prozentsatz nur von den Charlotte Bobcats in der durch den Lockout verkürzten Saison 2011/12 mit 7:59 Siegen (10,6 Prozent).

Von einem Team, in dem keiner der besten acht Scorer über 46 Prozent aus dem Feld trifft (man vergleiche die Zahlen mit denen der Spurs oben) und ein ungedrafteter Rookie-Point-Guard in mehr als der Hälfte der Spiele in der Starting Five steht und zu den Besten gehört, sind leider keine großen Sprünge zu erwarten.

Dass Topscorer Jahlil Okafor wegen Schlägereien außerhalb der Hallen gesperrt werden musste, war ebenso wenig förderlich.

Nach der 68:119-Niederlage gegen San Antonio brachte es Spurs-Coach Gregg Popovich auf den Punkt: "Das ist kein fairer Kampf, wenn man das Talent beider Teams gegenüberstellt."

Die überraschende Verpflichtung des 76-jährigen Jerry Colangelo für die Position des Sport-Vorstands im Dezember macht zumindest Hoffnung auf eine vernünftige sportliche Planung.

Ost-West-Gefälle dreht sich

Ost-West-Gefälle dreht sich
Al Horfords Hawks müssen um die Playoffs bangen

Noch in der abgelaufenen Saison war es in der Western Conference mit einer ganz klar positiven Bilanz nicht selbstverständlich, in die Playoffs einzuziehen. Die Oklahoma City Thunder, die mit einem 45:37-Record die Postseason verpassten, sind der Beweis.

Im Gegensatz dazu landeten die Milwaukee Bucks in der Eastern Conference mit 41:41 auf dem sechsten Rang, selbst die Brooklyn Nets durften mit ganzen 38 Siegen an den Playoffs teilnehmen.

Der über lange Zeit andauernde Trend scheint heuer sehr plötzlich zu enden und in die andere Richtung umzuschlagen: Während im Osten die Atlanta Hawks mit einer 15:12-Bilanz nur auf dem neunten und die Boston Celtics (14:12) auf dem zehnten Platz liegen, nehmen die Dallas Mavericks im Westen mit 14:12 den fünften Rang ein. Und selbst die Denver Nuggets (11:14) stehen derzeit auf einem Playoff-Platz.

Die direkten Duelle zwischen den beiden Conferences verliefen bis zum aktuellen Zeitpunkt mit je 75 Siegen zwar genau ausgeglichen, doch ohne die beiden großen Ausreißer Golden State und Philadelphia sieht die Sache schon ganz anders aus: In den Spielen der restlichen Teams führt der Osten sehr deutlich mit 73:57.

Mit einem Aufholen der Eastern Conference war zwar zu rechnen, mit einer Steigerung in diesem Ausmaß sicher nicht. Der Osten ist bislang extrem ausgeglichen: Gleich fünf Teams, die im Frühjahr die Playoff-Plätze verpassten, liegen derzeit unter den Top Acht: Indiana, Miami, Charlotte, Detroit und Orlando. Selbst die im Vorjahr letztplatzierten Knicks sind im Rennen.

Auch im Westen hat sich so mancher Nachzügler aus der letzten Saison verbessert, aber nicht annähernd so stark wie die Ost-Teams. Dafür sind einige Mannschaften wie Portland, New Orleans, Houston und zumindest bislang auch Memphis massiv schlechter geworden.

Die Dominanz der Western Conference scheint Geschichte zu sein.


Hubert Schmidt

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