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Eisspeedway: Der letzte Ritter hat keine Nachfolger

Die "Urgesteine" des mit langer und erfolgreicher Tradition verbundenen Eisspeedway-Sports in Österreich stehen ohne Nachfolger da.

Eisspeedway: Der letzte Ritter hat keine Nachfolger Foto: © Jörg Mitter/Red Bull Content Pool

Der 55-jährige Waldviertler Harald Simon beendete mit der abgelaufenen Saison seine aktive Laufbahn, der 52-jährige Pinzgauer Franz "Franky" Zorn schwankt noch, ob es eine 31. Saison für ihn geben soll.

Fakt ist: Nach den Wartbichlers, Hörl, Schiefer, Skarbraut und eben Simon und Zorn fehlen die Erben. Letzterer gibt zu: "Ich sehe da keinen Nachwuchs."

Harald Simon war seit 1987 auf den Ovalen von St. Johann im Pongau bis Berlin, von Russland bis Schweden genauso unterwegs wie Zorn. Gemeinsam waren sie sieben Mal Team-Vizeweltmeister und vier Mal WM-Dritte in einer Motorsportdisziplin, die bis 2022 eine russische Domäne war, ehe auch hier politische Sanktionen vor der Saison 2022/23 umgesetzt und die Russen ausgeschlossen wurden.

Dennoch: Die Österreicher setzten sich wiederholt gegen Schweden, Tschechen usw. durch. Für Simon war wohl der Europameistertitel 2022 der Höhepunkt. Ein Erfolg, den Zorn zwei Mal, jeweils im polnischen Sanok, schaffte: 2008 und heuer. In der Einzel-WM, für die sich der Saalfeldner Mechaniker erstmals 1999 qualifiziert hatte, holte Zorn schon 2000 den Vize-WM-Titel hinter dem Russen Kyril Drogalin und wiederholte das Kunststück vor wenigen Wochen in Inzell nochmals, als er nur vom Schweden Martin Haarahiltunen bezwungen wurde. Davor gab es eine Covid-Zwangspause, die Zorns Form sicher nicht verbesserte. Dennoch: Am WM-Finaltag ging Zorn "all in" und wurde mit Silber belohnt. Simon wurde hinter seinem Teampartner WM-Dritter, holte seine erste Einzel-WM-Medaille.

2009 war Zorn WM-Dritter trotz eines zuvor erlittenen Halswirbelbruchs. Wie viele Verletzungen der maßgeblich von Red Bull unterstützte Haudegen in den 30 Jahren mit 70-PS-Maschinen auf Eis erlitten hatte, weiß er wohl selbst nicht mehr. Bemerkenswert war für Zorn aber auch die WM 2011 mit seinem neunten Endrang – vor ihm waren acht Russen platziert, so viel zum Leistungsverhältnis.

"Der Sport lebt in Russland, als wäre nichts passiert"

"Auch nach dem Ausschluss aus den internationalen Rennen lebt der Sport in Russland, als wäre nichts passiert", erzählt der Salzburger, der weiß: „Beim Finale der russischen Meisterschaft in Moskau waren 20.000 Fans im Stadion.“

"Der Vize-WM-Titel zum Saisonabschluss war ein richtig schöner Erfolg. Der war auch ohne russische Gegner keine 'gmahte Wiesn'", sagt Zorn. Der zugibt: "Ich würde gern noch weitermachen, aber davor muss die Finanzierung gesichert werden, es werden also Gespräche mit den Sponsoren den Weg weisen."

Das passiert üblicherweise im Mai. Die Kostensteigerungen waren für die Cracks, vor allem die Mitteleuropäer, zuletzt enorm, da das Training im Herbst aus Witterungsgründen nur in Schweden stattfinden kann. Zorn rechnet vor: "Mit meinem Transporter hinauf zu fahren kostet allein mindestens 900 Euro für Treibstoff. Und zurück nochmals. Ohne Aufenthalt, Verpflegung, Ersatzteilen. Die Kosten explodierten buchstäblich während der vergangenen Saison. Aber meine Sponsoren zeigten sich da sehr kooperativ."

Zorn landete fast im Rollstuhl

Zorn landete fast im Rollstuhl

Zorns Verträge sind immer jährlich abgeschlossen: "Ich verarbeite jetzt einmal diese Saison, und in einigen Wochen sehe ich weiter." Nachsatz: "Ich würde schon gern weiterfahren."

Nach Verletzungen schaffte es der Salzburger immer wieder, zurückzukommen: "2022 stürzte ich in Sanok schwer. Nach einem Lendenwirbelbruch war ich schon fast im Rollstuhl. Ich lernte danach neue Helfer bei uns in Saalfelden kennen. Es war unglaublich, wie mich die wieder mittels Kinesiologie fitmachten. Zu Beginn hatte ich Schmerzen, konnte mir nicht einmal die Schuhbänder binden. Und plötzlich konnte ich wieder gerade gehen und trainieren. Ich schaffte im vorigen Sommer Fitnesswerte, die 15 Prozent besser waren als zuvor."

Dass die heurigen Erfolge durch das Fehlen der Russen abgewertet seien, sieht Zorn nicht so: "Es gab ja zuvor die Vergleiche mit den Russen, in denen wir sehr gut abschnitten. Und dass sie heuer nicht dabei waren, dafür konnten wir westeuropäische Fahrer ja nichts."

Mit dem Schweden Stefan Svensson war ein einziger Konkurrent mit ungefähr gleich langer Karriere wie Simon und Zorn noch unterwegs. Der 64-Jährige (!) hört nun endgültig auf. Doch in Schweden gibt es keinen Nachwuchsmangel bei den "Eisrittern".

Als Zorn Verstappen traf

Als Mitglied der Red-Bull-Familie gibt es für Zorn immer wieder Highlights abseits der Wettkämpfe: "Dass ich mit Max Verstappen 2022 beim Zeller Ice GP zusammentraf (siehe Bild) und wir uns über das Fahren auf Eis austauschten, war schon ein tolles Erlebnis. Max hatte mir erzählt, dass er mit Vater Jos schon öfters Eisspeedwayrennen in den Niederlanden besucht hatte. Da war auch Didi (Mateschitz, +Oktober 2022) noch dabei. Leider ist ein Projekt heuer, bei dem ich eine MotoGP-KTM steuern sollte, durch die Absage wegen Tauwetters nicht zustande gekommen."

Mit Gönner Mateschitz hatte Zorn ein besonders freundschaftliches Verhältnis: "Wenn Didi auf seinem Landsitz in Maria Alm war, trafen wir uns öfters im Wald."

Zorn hofft, dass Eisspeedway auch weiterhin auf Natureisbahnen möglich sein wird: "Witterungsbedingte Absagen hat es immer schon gegeben, aber auch Wochen, in den es zwei Mal schneite. Aber die größeren Probleme zuletzt waren die Pandemie und der Krieg in der Ukraine."

Was dem Sport in Österreich mehr fehlt, sei die Nachwuchsförderung: "Die gibt es nicht. Daher sehr ich keine Nachfolger für uns. Aber vielleicht interessieren sich einmal Motocrosser oder SuperMoto-Fahrer für Eisspeedway."

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