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Kritische Stimmen vor Dakar in Saudi-Arabien

Fans fiebern der 43. Auflage der legendären Rallye entgegen.

Kritische Stimmen vor Dakar in Saudi-Arabien Foto: © getty

Vor dem Auftakt der Wüsten-Rallye hielt Chalid bin Sultan al-Faisal, Vorsitzender des Motorsportverbands (SAMF) in Saudi-Arabien, eine feierliche Ansprache.

Das Königreich am Arabischen Golf sei ein "regionales und internationales Drehkreuz für den Motorsport" und habe seine "Fähigkeit als Ausrichter globaler Sportwettkämpfe" unter Beweis gestellt, sagte der Prinz per Video.

Mit dieser Haltung lädt Saudi-Arabien zur ab dem Wochenende bis zum 15. Jänner dauernden Rallye Dakar.

Die Fans fiebern dem Start der 43. Auflage des Klassikers entgegen, denn die quer über die Halbinsel führende Strecke hat es in sich. Sie führt vom Küstenort Dschidda zunächst in den Süden, dann über die Hauptstadt Riad zu den Dünen der Nafud-Wüste im Norden und entlang der Küste des Roten Meeres schließlich zurück nach Dschidda. Im Jänner 2020 hatte Saudi-Arabien das legendäre Rennen erstmals ins Land geholt, nachdem es elf Jahre in Südamerika zu Hause war.

"Reise ins Unbekannte"

Rallye-Direktor David Castera hatte beim Wechsel in den Mittleren Osten 2019 von einer "Reise ins Unbekannte" gesprochen. Dabei war die Kritik an dem ultrakonservativen Königreich davor bekannt gewesen: Fast nirgendwo auf der Welt sind die Frauen- und Menschenrechte so stark eingeschränkt wie in Saudi-Arabien. Der Weltöffentlichkeit vor Augen geführt wurde das mit dem brutalen Mord am regierungskritischen Journalisten Jamal Khashoggi im saudischen Konsulat in Istanbul im Oktober 2018.

"Sportswashing", beklagen Kritiker, die Saudi-Arabien eine Imagepolitur auf dem Rücken des Sports vorwerfen. Mit Stars und Millionengagen wolle das Land sich mit der Rallye und anderen Sportereignissen in ein freundlicheres Licht rücken, so der Vorwurf. Nach Einschätzung von Human Rights Watch tragen Sponsoren und Sender, die Wettkämpfe finanzieren und übertragen, eine Mitschuld. "Fans und Zuschauer müssen jenseits des Glamours dieser Ereignisse blicken", forderte die Organisation.

Opposition wird mundtot gemacht

Der autoritär regierte Wüstenstaat geht unter der faktischen Herrschaft von Kronprinz Mohammed bin Salman mit äußerster Härte gegen Kritiker vor. Dabei wird jegliche Opposition gegen die Regierung und die Herrscherfamilie mundtot gemacht, Aktivisten und Blogger müssen wegen kritischer Tweets die Festnahme fürchten. Erst am Montag wurde für die bekannte Aktivistin Ludschain al-Hathlul eine mehr als fünfjährige Haftstrafe verkündet. Sie hatte unter anderem für ein Ende des Frauen-Fahrverbots plädiert.

(Text wird nach VIDEO fortgesetzt)

In Saudi-Arabien wurden 2019 mit 184 Verurteilten so viele Menschen hingerichtet wie sonst nur im Iran und China. Im benachbarten Jemen bombardiert Saudi-Arabien mit Verbündeten Stellungen der Huthi-Rebellen, die vom Iran unterstützt werden. Der Krieg hat in dem verarmten Land die schwerste humanitäre Krise weltweit ausgelöst.

Nach Dakar folgen weiter Sport-Groß-Events

Das Offroad-Spektakel in der Wüste ist nur der Anfang. Unter den international beworbenen Sport-Events in Saudi-Arabien waren auch die Formel E, Golfturniere und ein Boxkampf, bei dem Anthony Joshua sich zum Weltmeister im Schwergewicht kürte. Für diese Ereignisse im Rahmen der teilweisen gesellschaftlichen Öffnung nimmt die Regierung in Riad viel Geld in die Hand. Boxer Joshua allein soll umgerechnet mehr als 65 Millionen Euro Gage kassiert haben.

 

Massenhaft Fans dürfte Saudi-Arabien auch in knapp einem Jahr erreichen, wenn am 28. November das erste Formel-1-Rennen im Land steigt. Der Weltverband (FIA) hatte dafür Mitte Dezember die Freigabe erteilt. Die Organisation Amnesty International sprach dabei von einem "anhaltenden Versuch, die katastrophale Menschenrechtsbilanz" reinzuwaschen. Das Land würde sich dann einreihen mit altbekannten Formel-1-Gastgebern wie Großbritannien, Italien und Monaco.

Einige Pläne scheitern

Bei der ganz großen Party - der Fußball-WM, die 2022 im benachbarten Kleinstaat Katar steigt - konnte die streng islamische Monarchie bisher nicht mitmischen. Die Hoffnung der Regierung, einige Matches auszurichten, wurde enttäuscht. Auch die geplante Übernahme des englischen Fußball-Clubs Newcastle United durch ein Konsortium mit saudischer Beteiligung scheiterte - offiziell wegen wirtschaftlicher Unsicherheit durch die Corona-Pandemie.

Ein fast Olympia-artiges Großereignis ist dafür schon in Planung, das im März 2020 nur wegen Corona verschoben wurde: Wettkämpfe in Leichtathletik, Schwimmen, Basketball und rund 40 weiteren Sportarten sollten bei den "Saudi Games" die Schaulustigen locken. Teilnehmen sollen 6.000 Athleten aus allen Teilen des Landes.

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