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Acht Fragen zum Saisonfinish der Formel 1

Genug Pause! Wohin schwingen die Pendel der "Königsklasse" nach dem Sommer aus?

Acht Fragen zum Saisonfinish der Formel 1 Foto: © getty

Vier Wochen Sommerferien sind genug! Schülerinnen und Schüler unter den Lesern mögen nicht auf die Barrikaden steigen - es geht einzig um die Formel 1.

Immerhin ist ein knapper Monat Pause in der "Königsklasse" beim straffen Kalender eine ungewöhnlich lange Verschnaufpause, die mit einem anstehenden Triple-Header schnell vergessen wird. Den Beginn macht der vorerst womöglich letzte Grand Prix von Belgien in Spa-Francorchamps an diesem Wochenende (alle Sessions im LIVE-Ticker>>>).

Und der Begriff "Ferien" ist ohnehin nicht treffsicher. In den Fabriken der zehn Teams wurde genug gearbeitet, während sich nur die Fahrer die Sonne auf den Bauch scheinen ließen. Die Sommerpause war die größte Möglichkeit, an den Kräfteverhältnissen vor dem Saisonfinish noch etwas zu verändern. Und so bieten die nächsten Wochenenden noch einen neuen Spannungsfaktor.

Die acht Fragen, um die sich in den verbleibenden Monaten der Saison 2022 alles drehen wird, hat LAOLA1 - auch zum Mitvoten:

Wird der WM-Kampf noch spannend?

Max Verstappen geht mit satten 80 WM-Punkten Vorsprung in die letzten neun Rennen der Saison. WM-Stand >>>

Es ist sogar ein Rekord: So viel Guthaben hatte in der Geschichte nach 13 Grand Prix noch nie ein Fahrer. Und noch nie haben acht Siege aus so wenigen Rennen nicht zum Titel gereicht.

Aber ein Ausruhen auf dem Polster wird es nicht geben, wie der Weltmeister und Red Bull Racing nicht müde werden zu betonen. Immerhin drehten die "Bullen" die 46 Zähler Rückstand auf Charles Leclerc nach drei Rennen selbst erst. Es brauchte nur zwei Ausfälle bei Ferrari. Die können schnell geschehen, sah doch Verstappen selbst in diesen ersten drei Läufen zweimal das Ziel nicht.

Schlüssel, um überhaupt noch eine Chance zu haben, wird für Rot aber ein Einstellen der Eigenfehler sein. Und mehr technische Zuverlässigkeit. Hier müsste in der Sommerpause viel passiert sein.

Selbst wenn diese beiden Faktoren eintreten, wird es Schützenhilfe brauchen. Die Zeichen stehen Ende August nicht gut: Red Bull Racing hat im Saisonverlauf aus Fehlern gelernt, gut weiterentwickelt und auch bei schwierigen Ausgangssituationen fast immer das Maximum herausgeholt.

Aber: Die Formel 1 hat in den letzten eineinhalb Jahren mit wilden Wendungen nicht gegeizt.


Was "dürfen" die Zweier-Piloten?

Ein weiterer Faktor, der in der Fahrer-WM für Verstappen spricht: Sein Standing als klare Nummer 1 im Team.

Während sich Leclerc und Carlos Sainz in Österreich sogar ein direktes Gefecht lieferten, ist Sergio Perez als Wasserträger deklariert, der auch nicht die Konstanz mitbringt, um Verstappen regelmäßig gefährlich werden zu können.

Ein Fakt, der in der WM-Diskussion schon vor Saisonbeginn aufgezeigt wurde. Bis dato war es aber nicht Sainz, der Leclerc die großen Punkte kostete.

Wieder verstärkt in den Fokus rücken könnten die "Zweier" der beiden Top-Teams dann, wenn die Fahrer-WM doch schnell zugunsten Verstappens entschieden sein sollte. Die 100 Punkte Vorsprung von Red Bull in der Konstrukteurswertung scheinen für Ferrari noch bewältigbar, dafür wird es aber konstant gute Teamergebnisse brauchen.

Wird der teaminterne Fight dabei zum Störfaktor in Rot? Oder die siegfähige Form beider Fahrer zum Trumpf in dieser Hinsicht?

Wird Mercedes wieder zum Gewinner-Team?

Die Sommerpause kam für Mercedes zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt. Immer näher rückte der amtierende Konstrukteurs-Weltmeister an die Pace der beiden Top-Teams. Mit dem Doppel-Podest in Frankreich und der Pole von George Russell in Ungarn wurden auch Beweise abgeliefert, dass die Lücke kleiner wird.

Mit den beiden Weltmeisterschaften werden die Silberpfeile nichts mehr zu tun haben, das eigens deklarierte Ziel sind Siege in der verbliebenen Saison. Die letzten Wochen werden der entscheidende Faktor gewesen sein, ob dieses Ziel noch erreicht werden kann.

Schon für Spa sind weitere Updates angekündigt, Mercedes dürfte im Vergleich zur Konkurrenz auch noch mehr am etwas hakenden Konzept des "W13" nachbessern.

Im WM-Kampf könnte die stolze Marke so zu mehr als einem Zünglein an der Waage werden, denn Ferrari käme ein weiterer siegfähiger Kontrahent bei einer angestrebten Aufholjagd ungelegen.

Mehr noch: Der Rückstand in der Konstrukteurs-WM auf die Scuderia beträgt nur 30 Punkte, jener von George Russell auf Leclerc bei den Fahrern nur 20 Zähler. Zumindest auf die Vize-Titel könnte Mercedes also noch Anspruch geltend machen. Der Faktor Standfestigkeit steht in dieser Hinsicht klar auf ihrer Seite.


Wer investiert noch in 2022?

Der Herbst naht – und mit ihm wie jedes Jahr die Frage, ab wann sich die Entwicklungsarbeit auf das kommende Jahr konzentriert.

Die Budgetgrenze hat die Voraussetzungen bei großen wie kleinen Teams in dieser Hinsicht etwas angeglichen. Große Sprünge sind nur mehr in Ausnahmefällen zu erwarten, die Geldreserven waren schon früher in dieser Saison großer Gesprächspunkt.

Mit Haas kündigte bereits ein Team an, nach dem aktuellen großen Update keine weiteren mehr folgen zu lassen. Eine Herangehensweise, die angesichts der umkämpften Lage des Teams in der WM überrascht.

Auch hier wird ein Faktor sein, wie schnell sich die WM entscheidet. An Learnings aus dem ersten Jahr des neuen Reglements, die es baldigst für 2023 umzusetzen gilt, wird es nirgends mangeln.

Wer wird "Best of the Rest"?

In Wahrheit kann sich aber kein Team leisten, den Blick zu früh von 2022 abzuwenden. Der Fight an der Spitze neigt sich einem Dreikampf zu, dahinter wird es auch bunt.

Zwar genießen Alpine (99 WM-Punkte) und McLaren (95) noch einen gewissen Vorsprung auf den Rest des Feldes (Alfa Romeo folgt mit 51 Zählern), gerade diese beiden Rennställe haben durch die Personalien Fernando Alonso und Daniel Ricciardo aber keineswegs an interner Ruhe dazugewonnen. Wie viel werden die beiden für ihre Bald-Ex-Teams noch investieren? Speziell der Spanier hat viel verbrannte Erde hinterlassen.

Rechnerisch können sich noch fast alle Teams hinter dem Top-Trio für den Titel "Best of the Rest" anmelden. Besonders Haas hat zuletzt neue Stabilität gezeigt und könnte noch einen Sprung nach vorn machen, während Alfa Romeo und AlphaTauri schwächelten. Wer hat in der Sommerpause am effizientesten nachgebessert?

Wohin dreht sich das Fahrerkarussell?

Die "Causa Oscar Piastri" ist zur Genüge durchdiskutiert, auch der nahende Rücktritt von Sebastian Vettel und der überraschende Wechsel von Fernando Alonso zu Aston Martin haben Schwung in den Fahrermarkt gebracht, der vor dem Belgien-GP durch die Abgangsbestätigung von Daniel Ricciardo aufrecht gehalten wird.

Der Australier ist der begehrte Fahrer bei allen Teams, die nach einem erfahrenen und siegerprobten Mann suchen. Die Rückkehr zu Alpine ist die wahrscheinlichste, aber nicht die einzige Variante. Zuletzt wurde berichtet, dass Haas-Boss Günther Steiner schon in Ungarn Kontakt zum "Honey Badger" aufnahm.

Nicht nur damit stellt er Mick Schumacher die Rute ins Fenster, auch der Einsatz von Antonio Giovinazzi als Freitagsfahrer ist nicht als bloßer Kavaliersakt zu werten. Schumi jr. muss noch mehr Punkte abliefern und steht unter Druck, um überhaupt in der Formel 1 zu bleiben, seine Verhandlungsposition ist schwierig.

Auch hinter anderen Fahrern stehen Fragezeichen. Auch wenn Verlängerungen unterschiedlich wahrscheinlich sind, stehen aus aktueller Sicht Yuki Tsunoda (AlphaTauri), Lance Stroll (Aston Martin), Nicholas Latifi (Williams) und Zhou Guanyu (Alfa Romeo) Ende 2022 noch ohne Vertrag da. Zusammen mit den beiden Plätzen bei Alpine und McLaren macht das sechs mehr oder weniger freie Cockpits, genug Raum für Bewegung.


Kommt es nochmal zum Finanz-Streit?

Schon im Frühjahr schrillten die Alarmglocken: Durch die Inflation und insbesondere gestiegene Transportkosten sei der Budgetdeckel für die Saison 2022 von 141,2 Millionen US-Dollar pro Team nicht einzuhalten.

Alle Beteiligten einigten sich in Spielberg auf den Kompromiss eines Zuschusses von rund vier Millionen US-Dollar, der niemand glücklich zurückließ. Die Debatte wurde mit der einstweiligen Lösung eher nach hinten geschoben als beigelegt.

Mit dem nahenden Finish der Saison könnte das Thema wieder in den Fokus rücken, immerhin schienen einige Teams sehr weit von den gesteckten finanziellen Vorgaben entfernt.

Als "Worst Case" wurde die Möglichkeit angedroht, dass sich einige Rennställe eine Teilnahme an den letzten Läufen nicht mehr leisten können werden. Zweifelhaft, dass es so weit kommt. Aber das Budgetthema wird ein Wegbegleiter der letzten Monate.

Welche Zukunftsweichen werden noch gestellt?

Mit der neuen Motorenformel 2026 wurde die wichtigste Zukunftsfrage vor Kurzem geklärt und damit die Tür für den Einstieg von Audi, Porsche und mittelfristig auch weiteren Herstellern weit geöffnet.

Unmittelbar vor dem Belgien-Wochenende ist mit Audi der erste große Stein offiziell gefallen. Die Ingolstädter werden 2026 einsteigen. Dass Porsche eine Ehe mit Red Bull eingehen wird, ist schon länger ein offenes Geheimnis. Allein: Verkündet ist es noch nicht. Es wird nur mehr eine Frage der Zeit sein und fast garantiert noch 2022 steigen.

Auch das Hin und Her um einen möglichen Einstieg von Andretti schreibt laufend neue Schlagzeilen, die sich in den nächsten Monaten zu einem definitiven "Ja" oder "Nein" schieben könnten.

Abseits von diesen Fragen ist die Zukunft einiger Rennen offen, neue drängen nach. Das zeichnet sich schon an diesem Wochenende ab – es könnte der Grand Prix von Belgien der vorerst letzte sein und damit das Schicksal des Frankreich-GPs teilen, der bereits aus dem Kalender gerutscht ist.


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