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Malaysia: Abschied eines modernen Klassikers

Wasserschlachten, Triumphe, Tragödien - Abschied vom GP von Malaysia:

Malaysia: Abschied eines modernen Klassikers

"Guten Morgen liebe Formel-1-Fans in Österreich aus Malaysia! Es ist der exotischeste [sic!] Grand Prix, es ist ein sehr, sehr malerischer und es geht um sehr, sehr viel."

Ab der Saison 1999 hieß es für alle heimischen Motorsport-Freunde früh aufstehen mit Heinz Prüller für einen neuen WM-Lauf.

Der Sepang International Circuit war die zweite von Hermann Tilke designte Rennstrecke nach dem A1 Ring in Spielberg. Während spätere Kurse dem Deutschen einige Kritik von Fahrern und Fans einbrachte, kann Malaysia als gelungen bezeichnet werden.

Die Mischung aus schnellen und langsamen Kurven sowie langen Geraden stimmte, dazu forderten Temperaturen von bis zu 35 Grad kombiniert mit einer Luftfeuchtigkeit von über 75 Prozent die Piloten körperlich extrem heraus. Im Cockpit herrschen Temperaturen um die 50 Grad, weshalb manche Fahrer bis zu acht Liter Flüssigkeit vor dem Rennstart zu sich nehmen.

2017 findet der Grand Prix von Malaysia zum letzten Mal statt. Ein Rückblick auf die emotionalsten Momente:


Video: Heinz Prüller begrüßt die Formel-1-Fans im Jahr 2000


Zum Auftakt ein Skandal

Die Saison 1999 war geprägt von einem engen WM-Kampf und vom Unfall Michael Schumachers in Silverstone, bei dem sich der Kerpener das rechte Schien- und Wadenbein brach und für sechs Rennen ausfiel. Ausgerechnet beim ersten Rennen in Malaysia feierte er sein überraschendes Comeback.

"Ich will dafür sorgen, dass Ferrari Weltmeister wird", sagte er. Denn während er selbst natürlich keine Chance mehr auf den Titel hatte, war Teamkollege Eddie Irvine mitten im WM-Duell mit McLaren-Pilot Mika Häkkinen. Schumacher holte sensationell die Pole Position und ließ im Rennen den Iren gewinnen, damit dieser die WM-Führung übernehmen konnte.

Riesenjubel bei Ferrari, doch die Enttäuschung folgte. Die Deflektoren am Auto von Schumacher und Irvine waren laut FIA nicht regelkonform. Beide Autos wurden disqualifiziert, Häkkinen war Weltmeister. "Raus mit den Schuldigen, dieser Schwachsinn ist nicht zu tolerieren", schimpfte tags darauf die "Gazzetta dello Sport" und forderte Konsequenzen bei Ferrari.

Das letzte Wort war aber noch nicht gesprochen. Die Scuderia legte Protest ein, fünf Stunden lang kämpften Ferrari und Irvine um ihre WM-Chance in Paris - mit Erfolg. Die FIA hob die Disqualifikation auf, weil eine Prüfung ergab, dass die Windabweiser innerhalb einer fünf Millimeter Toleranzgrenze lagen. Ferrari argumentierte damit, keinen Vorteil im Rennen gehabt zu haben. "Ein katastrophales Fehlurteil. Es macht die Entscheidung um die Weltmeisterschaft zur Farce", polterte Niki Lauda.

Sportlich schlug Häkkinen beim Finale in Suzuka zurück. Er sicherte sich dank eines Traumstarts den Sieg und seine zweite WM-Krone.


Strecke Sepang International Circuit
Länge 5,543 km
Runden 56
Kurven 15
Bisherige Rennen 18
Siege von der Pole Position 9 (50%)
Anzahl der Sieger 10
Erfolgreichster Fahrer Sebastian Vettel (4 Siege)
Erfolgreichstes Team Ferrari (7 Siege)

Regenchaos par excellence

Langeweile bot der GP von Malaysia in den vergangenen 18 Jahren nur in den seltensten Fällen. Hauptverantwortlich dafür war zumeist der Niederschlag in Südostasien. Wenn es einmal zu regnen begann, konnte man sich auf große Unterhaltung freuen. Das Rennen 2001 stellte in dieser Hinsicht aber alle anderen in den Schatten.

Beim Start war die Strecke noch trocken. Dann nahmen die Dinge ihren Lauf. Erst suchte Giancarlo Fisichella vergeblich seine Startposition während die Ampeln bereits das Rennen freigeben wollten, dann drehte sich Ralf Schumacher in der ersten Kurve von der Strecke. In Runde zwei erlitt Olivier Panis (BAR) einen Motorschaden. Und dann wurde es richtig nass. Auf von Panis' Boliden verteiltem Öl und dem einsetzenden Monsunregen rutschte das führende Ferrari-Duo Schumacher/Barrichello von der Strecke.

Der Wolkenbruch überflutete den Asphalt, das Safety-Car übernahm die Führungsarbeit. Für manche Fahrer kam das schon zu spät und sie drehten sich unter grenzwertigen Bedigungen teilweise synchron von der Piste. Die Boxencrews waren bei diesem Wetter völlig überfordert. Ferrari suchte ewig nach einem vierten Regenreifen für Barrichello, dahinter wartete Schumacher. Die gute Entscheidung der Italiener: Beide Fahrer bekamen Intermediate-Reifen.

Aus einer zwischenzeitlich aussichtslosen Situation arbeiteten sich Schumi und Barrichello auf auftrocknender Strecke nach vorne und holten einen Doppelsieg. Der war zu dieser Zeit nichts Besonderes, das Chaos in Malaysia 2001 allerdings schon.


"Multi 21, Seb! Multi 21!"

Sebastian Vettel tut alles für den Erfolg. Besonders gut hat man das am 24. März 2013 gesehen, als der damalige Red-Bull-Pilot wohl den umstrittensten Sieg seiner Karriere feierte. Vettel startete von der Pole Position, wegen Regens vor dem Rennen fuhren alle auf Intermediates los. Nach wenigen Runden - inklusive eines spektakulären Ausfalls von Fernando Alonso im Ferrari - kam Vettel an die Box, zwei Runden später folgte sein Teamkollege Mark Webber.

Der Australier überholte den Deutschen durch diese Taktik und zog davon. Red Bull schien am besten Weg zu einem ungefährdeten Doppelsieg. Webber musste gegen Ende des Rennens seinen Spritverbrauch drosseln, wodurch Vettel und beide Mercedes-Piloten dem Führenden wiedern näher kamen. "Get Mark out of the way, he's to slow", fauchte Vettel am Funk. Webber wurde aufgefordert, schneller zu machen, was er auch tat.

Als Hamilton die Red-Bull-Doppelführung mit einem Undercut noch einmal sprengen wollte, holte Red Bull Vettel vor Webber an die Box. Eine ungewöhnliche Strategie, da für gewöhnlich der besser platzierte Fahrer entscheidet, wer wann an die Box kommt. Webbers Vorsprung war weg, Vettel verhinderte den Angriff von Mercedes und befand sich im DRS-Fenster des Australiers.

Dann entschied der Red-Bull-Kommandostand, die Positionen einzufrieren - und zwar mit dem Code "Multi 21". Dies war die Anweisung, dass Startnummer zwei vor Startnummer eins bleibt und der Motor in den Schongang versetzt werden soll. So wollte man auch sicherstellen, dass die sensiblen Reifen bis zum Schluss halten. Nur: Vettel hielt sich nicht daran, hatte mit Medium-Pneus einen Reifenvorteil, da Webber mit einer älteren Hard-Mischung unterwegs war und attackierte.

"Was auch immer er sich dachte - als er mich überholte, war ich eher traurig als wütend, dass wir als Team so tief gesunken sind", schilderte Webber später rückblickend auf die Aktion. "This is silly Seb, come on!", mischte sich sogar Teamchef Christian Horner am Funk ein. Es half nichts. Vettel zog vorbei, gewann und war der Buhmann. Er meinte, er habe erst nach dem Rennen vom Funkspruch erfahren und sei abgelenkt gewesen.

"Letztendlich traf Seb heute seine eigenen Entscheidungen und erhielt dafür wie üblich Unterstützung. So läuft es eben...", sagte Webber auf dem Podium. In seinem Buch "Aussie Grit" schrieb er später, Vettel zeigte eine Woche darauf in China keinen Ansatz von Reue - im Gegenteil: "Er meinte, dass es ihn ankotze, was ich in Malaysia gesagt habe und dass er mich zwar als Fahrer respektiere, aber nicht als Mensch. Das war für mich ein starkes Stück." Am Ende der Saison war die F1-Karriere von Webber zu Ende.


Das Drama in Runde 41

Weltmeister Nico Rosberg? Ohne den Grand Prix von Malaysia 2016 wohl nur eine Wunschvorstellung für den Deutschen. Lewis Hamilton war im Vorjahr am besten Weg zum Sieg. Damit wäre die WM wieder komplett offen gewesen. In der 41. Runde dann plötzlich Rauchentwicklung aus dem Heck des Mercedes auf der Start-Ziel-Gerade. "Oh no, no!", schrie ein verzweifelter Brite. 25 Punkte, die er sich nur noch abholen musste (22,6 Sekunden Vorsprung), waren weg. Im ersten Frust glaubte Hamilton sogar an eine Verschwörung.

Nach einem dritten Platz in Japan schlug Hamilton noch einmal zurück und gewann die vier letzten Rennen der Saison, es sollte nichts mehr am WM-Endstand ändern. Fünf Punkte fehlten auf seinen Teamkollegen Rosberg, der kurz nach dem WM-Finale im Rahmen der FIA-Gala in Wien zurücktrat.

Heuer kommt Hamilton mit 28 Punkten Vorsprung auf Sebastian Vettel nach Sepang. Viele meinen, die Fahrer-WM sei bereits entschieden. Aber wenn ein Rennen für eine Überraschung gut ist, dann der Grand Prix von Malaysia. Warum nicht auch beim letzten Mal?

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