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Plötzlich vorn! Die Gründe für Aston Martins Aufschwung

Binnen eines Winters vom Nachzügler zum ersten Red-Bull-Herausforderer: Wie die Briten die Weichen doch auf Erfolg stellen konnten.

Plötzlich vorn! Die Gründe für Aston Martins Aufschwung Foto: © getty

Die ersten beiden Rennen der Formel 1 2023 haben nur zwei Fragen aufgeworfen: Ob es Red Bull Racing gelingen kann, alle 23 Grand Prix zu gewinnen. Und falls nicht, welchem Team es gelingt, das zu verhindern.

Dass der Favorit in der zweiten Frage Aston Martin ist, wäre vor ein paar Monaten für den Gelegenheitsbetrachter unmöglich gewesen.

Der Nachzügler hat mit enormen Ressourcen im Rücken still daran gearbeitet, sich als Top-Team aufzustellen.

Dass sich nun langsam Erfolg einstellt, hat klare Gründe - und die hat LAOLA1:

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Keine Angst vor Fehlerkorrekturen

Der Saisonstart 2022 war ein krasses Gegenteil zu diesem Jahr und gerade der anstehende Grand Prix von Australien eignet sich bestens für einen Standortvergleich.

Am dritten Wochenende stand noch kein Punkt für Sebastian Vettel und Lance Stroll zu Buche, der Deutsche sah in Melbourne nicht einmal das Ziel.

Obwohl die Performance-Parameter im Winter zuvor stimmten, musste sich das Team nach der ersten realen Konfrontation mit dem neuen Reglement eingestehen, auf die falschen Konzepte gesetzt zu haben.

Und scheute sich nicht vor einer Kurskorrektur. Lediglich fünf Rennen lang wurde zugesehen, ehe radikale Änderungen initiiert wurden. Seither arbeitet das Team in Sachen Auto auf der "Red-Bull-Schiene", die sich angesichts der späteren Dominanz von Max Verstappen als goldrichtig erweisen sollte.

So wurde eine völlige Katastrophensaison noch abgewendet, stellten sich in der zweiten Hälfte des Jahres doch noch regelmäßige Punkte ein.

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"Trial and Error" führt zu neuem Konzept am Auto

Vor allem konnte die mehr oder weniger abgeschriebene Saison 2022 im weiteren Verlauf als "Versuchslabor" genutzt werden. Die Erkenntnisse schlagen sich gesammelt im "AMR23" nieder, der Alonso in der neuen Saison schon zweimal auf das Podest brachte.

Es lässt sich so mancher Unkenruf vernehmen, dass es sich beim aktuellen Aston Martin um einen "grünen Red Bull" handle. Wenngleich der Vorwurf einer kompletten Kopie auf den ersten Blick verworfen werden kann, die Designphilosophie nähert sich stark an.

In Wahrheit lässt sich der AMR23 am besten als eine Ansammlung von Ideen beschreiben, die von den drei Top-Teams zusammengetragen wurde - zusammengeschnürt mit einigen eigenen Ansätzen.

Dass sich Ähnlichkeiten feststellen lassen, ist aber nicht weiter verwunderlich. Das neue Reglement galt schon im Vorfeld als restriktiv. Für Fehlschläge lässt es trotzdem genug Raum. Und Aston Martin hat nun den richtigen Weg gefunden, der für das Team funktioniert.

Wenn überhaupt, muss sich der AMR23 auch nur an seinem Pendant bei Mercedes - dem "W14" - messen, der eine auffällig andere Designphilosophie verfolgt. Durch Motor und Getriebe sind gewisse Dimensionen eines Autos nämlich vorgegeben.

Letzten Endes hatte Aston Martin auch einfach mehr Luft nach oben, um aufzuholen. Und Ressourcen: Als Siebter der letzten Konstrukteurs-Weltmeisterschaft hatten die Briten mehr Zeit im Windkanal zur Verfügung als die Top-Teams. Und mit einem neuen Konzept gibt es mehr zu lernen.

Speziell Mercedes konnte so abgehängt werden, denn das ehemalige Serienweltmeister-Team hielt stur an seinem Ansatz fest, der an allen Ecken und Enden Nachbesserung verlangt.

Dan Fallows war ein Wegbereiter für Verstappens Erfolge
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Neue Leute bringen Ideen und Motivation in das Team

Fernando Alonso mag nach außen die prominente Personaländerung verkörpern - als Altmeister, der es noch einmal allen zeigen will, brachte auch er genug neuen Spirit ins Team ein.

Auch hinter den Kulissen finden sich aber neue Träger des Erfolgs. Mit dem neuen Technischen Direktor Dan Fallows und seinem Stellvertreter Eric Blandin wurden zwei Schlüsselfiguren direkt von Red Bull Racing und Mercedes abgeworben.

Dadurch verwundern Ähnlichkeiten im Fahrzeugkonzept auch nicht weiter. Fallows war zuvor Aerodynamik-Chef bei den "Bullen" und quasi "Ziehsohn" von Mastermind Adrian Newey. Blandin bekleidete dieselbe Rolle während der gesamten Erfolgsphase bei Mercedes.

Natürlich brachte das Duo jede Menge fremdes Know-How mit, etablierte aber ganz im Gegenteil den so deklarierten "Aston-Martin-Weg" und eine veränderte Arbeitsatmosphäre, geprägt von Eifer, Führung und positivem Feedback, wie es von Tom McCullough - dem Performance-Direktor des Teams - beschrieben wird.

"Das ist etwas, was Dan gut beherrscht: Sich anzuschauen, was die anderen machen, aber es auf seine eigene Art tun, wenn man sie dann auch schlagen will", sagt McCullough.

Der anfängliche Misserfolg sorgte nicht für hängende Köpfe, sondern schweißte zusammen. Fallows und Blandin wurden schließlich zum Schlüssel, der die Kräfte, die Motivation und die hohen Ressourcen in die richtige Richtung bündelte.

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Fernando Alonsos richtiges Bauchgefühl/die Transferposse

Es war die Transfer-Überraschung des letzten Jahres: Fernando Alonso beendete die Zusammenarbeit mit Alpine, um zu Aston Martin zu gehen. Eine Entscheidung, die in Form der Fehde zwischen Alpine und McLaren auch einen Rattenschwanz nach sich zog.

Der Schritt sorgte für Verwunderung, wirkte er auf den ersten Blick doch wie ein eklatanter sportlicher Rückschritt - und es wäre nicht das erste Mal gewesen, wenn sich der Spanier bei seiner Teamwahl verspekuliert hätte.

Anfang 2023 sieht die Welt anders aus. Während die Franzosen auf der Stelle treten, ist Aston Martin zu Podesten fähig. Nach dem Rücktritt von Sebastian Vettel ist Alonso auch ein Schlüsselfaktor hinter dem Lenkrad, der das notwendige Wissen, die Einstellung und das Talent eines routinierten Mehrfach-Weltmeisters mitbringt.

"Fernando hat riesigen Einfluss: Seine Motivation, sein Verlangen, Erfahrung und Wissen. Das treibt uns noch mehr an", sagt auch McCullough.

Der Spanier bekam früh vom Potenzial seines neuen Teams Wind. Vor allem war Aston Martin aber gewillt, dem 41-Jährigen noch einen mehrjährigen Vertrag anzubieten und so Vertrauen auszusprechen.

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Ressourcen sind da, die nächsten Schritte zu machen

Die Verantwortlichen wollen Erfolg und sind bereit, zu investieren.

Schon das Vorgänger-Team Force India bzw. Racing Point zeigte sein Potenzial, die "Großen" ärgern zu können, und fuhr Ende 2020 - unmittelbar vor der Umstellung auf Aston Martin - sogar zu einem Rennsieg.

Lawrence Stroll und sein Konsortium brachten nicht nur die ruhmreiche Marke zurück in die Formel 1, sondern auch jede Menge Ressourcen mit. Damit lässt sich ein siegfähiges Umfeld schaffen, etwa in Form einer neuen Fabrik - aber das braucht eben Zeit.

Und so kam Aston Martin mit einem Fünfjahresplan in die "Königsklasse", an dessen Ende ein WM-Titel stehen soll. In diesem Plan scheint das Team jetzt wieder auf Kurs zu sein.

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