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Gebt dem Sport eine Chance und zieht euch zurück

Von wegen "dabei sein ist alles": Österreich braucht ein neues olympisches Motto.

Gebt dem Sport eine Chance und zieht euch zurück

Eine Medaille macht noch lange keine guten Sommerspiele. Österreichs Olympia-Teilnehmer sind nach der Nullnummer in London auch in Rio auf dem harten Boden der Realität aufgeschlagen. Österreich bleibt ein geschätztes Kultur- und Tourismus-Land und ist von einer Sport-Nation so weit entfernt wie Brasilien von Wien.

Fakt ist weiter, dass lediglich funktionierende Einzelzellen (Anna Veith, Marcel Hirscher, Dominic Thiem) im heimischen Sport zur Weltspitze vordringen. Ein lobenswert gut aufgestellter Verband wie jener der Segler kann mit enormer finanzieller Unterstützung auf Augenhöhe zu den dominierenden Ländern kommen und damit seriös um Medaillen kämpfen. Dass in Rio am Ende nur eines der vier Top-Boote eine Medaille geholt hat, ist bitter, aber viel besser als mit leeren Händen dazustehen wie andere Fachverbände, die nicht annähernd eine Top-10-Platzierung erreichen konnten.

Die Verantwortlichen des ÖOC und der Gottvater der heimischen Funktionäre, Peter Schröcksnadel, haben sich drei bis fünf Mal Edelmetall erwartet. "Schröcksi", dem im Sommersport "Athleten mit Killerinstinkt fehlen", hat seine Mission für beendet erklärt. Vier Jahre zu spät. Der "Winter-Wunderwuzzi" sitzt vor dem Scherbenhaufen seiner vierjährigen Amtszeit im Sommersport und kapituliert.

Karl Stoss und Peter Mennel, die Granden des Österreichischen Olympischen Komitees, wiederum wollen nach der Rückkehr nach Österreich "die Ergebnisse im Detail evaluieren und neue Olympia-Projekte initiieren". Zudem wollen die Herren in den nächsten Wochen eine klare Zielsetzung für die kommenden vier bis acht Jahre erarbeiten.

Von der guten Idee, alles auf Null zu stellen und den Sport und dessen aberwitziges Fördersystem von Grund auf neu aufzubauen, ist mit Erlöschen der Olympischen Flamme in Rio plötzlich nicht mehr die Rede. Es ist zu befürchten, dass all jene "sportlichen Köpfe" des Landes, die in den letzten vier bis 50 Jahren den Ton angegeben haben, in der selben Suppe weiterschwimmen. Aus Projekt Rio mach Projekt Tokio, wir geben dem System ein neues Mascherl und schauen, dass wir in vier Jahren in Japan dann zwei Medaillen zusammenbringen.

Das kann es nicht sein. Die meisten Konzepte sind Mogelpackungen und dienen einzig der Machterhaltung der Fachverbände und deren Funktionäre. Sie bringen den Sport in Österreich nicht weiter. Hoffentlich nutzt Sportminister Hans Peter Doskozil die ihm verbleibende Zeit neben seinen Aufgaben als Verteidigungsminister, um seinen starken Worten in Rio Taten folgen zu lassen. Der Minister hat Wochen benötigt, um alle Querverbindungen, Seilschaften, Fördersysteme, Fachverbände und Sportprojekte zu verstehen und zu durchschauen. Er wünscht sich, dass zukünftig alles aus einem Guss erledigt wird, die Politik aus dem Sport verschwindet und eine einzige Förderstelle für den Spitzensport geschaffen wird.

Sein Wort in Gottes Ohr. Es ist dem heimischen Sport zu wünschen, dass sich schleunigst eine Handvoll Sport-Experten zusammenfinden, die unabhängig agieren sowie einfach, transparent und erfolgsorientiert ein System installieren, das so genannte Mitschwimmer von den Fördertöpfen abhält und leistungsbereite Athleten in den Vordergrund stellt.

Das Olympische Motto - dabei sein ist alles – muss in Österreich ein für allemal der Vergangenheit angehören. Der Slogan der Zukunft sollte lauten: Wer dabei ist, der muss auch liefern! Das gilt für die Sportlerinnen und Sportler sowie deren Betreuer, aber ganz besonders für die viel zu große Schar der altgedienten Funktionäre.

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