news

Ein weiterer Beweis pro Videobeweis

Europa-League-Spiele waren Beweis, dass es Zeit für den Videobeweis im Fußball ist:

Ein weiterer Beweis pro Videobeweis

Was war da denn bitte beim Europa-League-Spiel zwischen Athletic Bilbao und Rapid Wien los? Kurz vor der Pause entscheidet der Schiedsrichter zunächst auf Tor. Nach Rücksprache mit seinem Assistenten ändert er seine Meinung und gibt Elfmeter für die Spanier sowie Gelb für Rapid-Goalie Richard Strebinger. Nach einem abermaligen Gespräch mit dem Linienrichter lautet die Entscheidung schließlich Abseits – Freistoß für Rapid.

Eine äußert kuriose Szene. Wichtig für alle Beteiligten ist, dass die Entscheidung letztlich richtig war, Bilbao-Stürmer Inaki Williams stand klar im Abseits. Ende gut, alles gut – mag man meinen. Für mich war dies vielmehr ein weiterer Beweis pro Videobeweis. Denn auch in den Spielen der anderen beiden österreichischen Europacup-Starter gab es strittige Entscheidungen. Der Austria wurde ein reguläres Tor von Larry Kayode zu Unrecht wegen Abseits aberkannt, ein Kopfball von Schalkes Naldo gegen RB Salzburg war hinter der Tor-Linie, das Spiel lief aber weiter (Höwedes traf anschließend ohnehin, deshalb gab es keine Diskussionen).

Der Fußball hat sich in den letzten Jahren enorm weiterentwickelt. Das Umfeld wurde professioneller, die Kicker athletischer und das Spiel an sich um ein Vielfaches schneller. Die Regeln und Rahmenbedingungen haben sich hingegen kaum verändert.

Die Aufgabe wurde für die Schiedsrichter immer härter. Nach wie vor muss ein einziger Mann Szenen auf dem ganzen Spielfeld sehen, blitzschnell beurteilen und entscheiden. Hilfe erhält er nur von seinen zwei Assistenten, die sich jedoch starr an der Seitenlinie befinden und sich auf Abseits und Vergehen in ihrer unmittelbaren Umgebung konzentrieren. Und international von zwei Torrichtern (schlechteste Erfindung überhaupt).

Keine "Challenges" für Teams

Es ist Zeit, diese veralteten Strukturen zu brechen. Als Flaschenöffner könnte die Einführung des Videobeweises dienen. Gestern hätte man sich minutenlange Diskussionen ersparen können, wenn einer der Schiedsrichter schnell die TV-Bilder zu Gesicht bekommen, dabei Williams‘ Abseitsposition gesehen und gleich auf Abseits entschieden hätte. Dies hätte nicht länger als die Unterbrechung, die es so für die Absprache des Schiedsrichterteams gab, gedauert. Damit ist das Argument mit dem unterbrochenen Spielfluss, das in der Videobeweis-Thematik immer wieder in den Raum geworfen wird, auch hinfällig.


Klar, man müsste genau festlegen, welche Entscheidungen überprüft werden. Niemand will, dass Fußball wie American Football andauernd unterbrochen wird. Nicht jedes Foul sollte kontrolliert werden – aber knappe Abseitspositionen würden sich wie heikle Elfmeter-Pfiffe oder „Phantom-Tore“, bei denen der Ball auf der Linie tanzt, durchaus einen näheren Blick verdienen. Die Torlinien-Technik könnte man dann gleich in ein Paket mit dem Videobeweis packen.

Dann müsste zunächst weitergespielt werden, wenn sich der Assistent nicht sicher ist, schaut man sich die Szene noch einmal an – und trifft die Letztentscheidung. Ich will keine „Challenges“ pro Team, das Schiedsrichterteam sollte entscheiden, welche Situation überprüft wird.

Einmal ehrlich – wie oft kommt es in einem Fußballspiel zu solchen wirklich strittigen Situationen? Einmal? Zweimal? Okay, vielleicht sogar hin und wieder dreimal. Öfter aber nicht. Diese drei Unterbrechungen würden nicht den Spielfluss stören. Die TV-Bilder sind heutzutage blitzschnell überall zu sehen, ein vierter Mann vor dem Bildschirm, der die Entscheidung via Funk an den Schiedsrichter weitergibt und die richtige Entscheidung wäre in 20 Sekunden gefällt.

Diskussionen würde es trotzdem geben

„Aber der Fußball lebt von strittigen Szenen und den folgenden Diskussionen“, werden Traditionalisten jetzt sagen. Nein, das tut der nicht. Fußball lebt von schönen Einlagen, herrlichen Toren, Überraschungssiegern, polarisierenden Spielern und Emotionen. Durch die Einführung des Videobeweises würde davon nichts verloren gehen. Es gäbe auch weiterhin immer noch genug Situationen wie kleinere Fouls, Karten, und andere Szenen über die man sich beschweren und in Folge diskutieren kann.

Übrig bleiben würden nur Gewinner. Spieler, Trainer sowie Fans müssten sich nicht mehr über ausschlaggebende (Fehl-)Entscheidungen ärgern und die Schiedsrichter würden aus dem Schussfeld geraten.

Erste Versuche werden bereits gestartet, in den Niederlanden kam es zuletzt erstmals zu einem Videobeweis bei einem Pflichtspiel. In den USA laufen ebenfalls in einigen Ligen Tests in Richtung Video-Kontrolle.

Das ist der richtige Weg. Auch wenn die Umsetzung nicht leicht ist, zunächst braucht es die Überzeugung und den Willen, dass der Videobeweis dem Fußball nicht schadet. Diese Einsicht sollte sich langsam aber sicher breit machen – immerhin leben wir im 21. Jahrhundert und nicht im Jahr 1960.

Kommentare